Engagement-Blog

Mehr Agilität für Non-Profit-Organisationen

Von Petra Keller, Sarah Morcos und Christian Suchta

Agile Denk- und Arbeitsweisen lassen sich überall dort in NPOs und Zivilgesellschaft anwenden, wo Produkte und Projekte entwickelt werden: von der Kampagne oder digitalen Produkten über Strategieentwicklung bis zu Mitgliedergewinnung. Damit Agilität bessere Ergebnisse und Arbeitsbedingungen ermöglicht, sind die richtigen Rahmenbedingungen und Reflexion notwendig.

In diesem Engagement-Blog widmen wir uns daher folgenden Fragen: Was ist mit agilem Arbeiten gemeint? Welche Chancen bietet Agilität für das zivilgesellschaftliche Engagement? Welche Werte und Prinzipien sind handlungsleitend? Was ist Scrum und wie können NPOs Scrum oder Methoden wie Kanban nutzen?


Warum agile Arbeitsweisen in NPOs anwenden?

Gerade NPOs haben es oft mit komplexen und unüberschaubaren Vorhaben zu tun. Gleichzeitig sind die Rahmenbedingungen von NPOs oft durch geringe zeitliche und finanzielle Ressourcen geprägt. Gerade wenn die Rahmenbedingungen, klare Planungen nicht zulassen, sind agile Methoden gut geeignet. Darüber hinaus stellen agile Arbeitsweisen Menschen und Zusammenarbeit stärker in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit, was Chancen für Engagierte, Mitarbeitende und die ganze Organisation bringt:

  • Partizipation ermöglichen und einen Beitrag zu Demokratisierung von Strukturen leisten: Produkte und Projekte werden mit Menschen statt für sie entwickelt
  • Selbstwirksamkeit erlebbar machen mit Vision statt Plan: aktualisierte und priorisierte Aufgabenlisten statt starrer Projektpläne
  • Vielfalt produktiv nutzen: inter- und multidisziplinäre Teams statt Abteilungsdenken
  • Entfaltungsmöglichkeiten für Engagierte schaffen: klarer Rahmen mit Freiraum für Kreativität und Lösungen statt kleinteiliger Arbeitsanweisungen
  • Kompetenzorientierte Beteiligung und Verantwortung: Geteilte und gemeinsame Verantwortung statt einer Verantwortungs- und Leitungsperson
  • Bessere Kommunikation und Austausch: strukturierte, zielorientierte und regelmäßige Kommunikation statt einseitiger Berichterstattung
  • Lernende Teams und Organisationen fördern: regelmäßige Feedback- und Auswertungsrunden statt einmaligen Evaluationen nach Projektende

 

Auf den Punkt: Agile Werte & Agilität im Handeln

Vier Prinzipien haben die Begründer des agilen Manifests (Manifest für Agile Softwareentwicklung) identifiziert, die für NPOs und Zivilgesellschaft folgendermaßen formuliert werden können:

  1. Individuen und Interaktionen sind wertvoller als Prozesse und Werkzeuge.
  2. Funktionierende Projekte sind wichtiger als umfassende Dokumentation.
  3. Zusammenarbeit mit der Zielgruppe ist wichtiger als abstrakte festgeschriebene Zielvorgaben
  4. Reagieren auf Veränderung ist wichtiger als das Befolgen eines Plans.

12 Prinzipien hinter dem Manifest und ihre Bedeutung für NPOs

Die Prinzipien, wie auch das "Agile Manifest" selbst, kommen aus der Softwareentwicklung und wurden bislang viel häufiger im gewinnorientierten Sektor angewendet. NPOs sollten die Prinzipien und Werte für sich prüfen und immer für die eigene Organisation übersetzen. Allgemein braucht agiles Handeln folgende Schritte:

  1. Standortbestimmung: Wir finden heraus, wo wir gerade stehen.
  2. Handeln: Wir gehen einen kleinen Schritt in Richtung Ziel.
  3. Verstehen: Wir schaffen ein gemeinsames Verständnis auf Basis des Gelernten.
  4. Wiederholung: Wir wiederholen die ersten drei Schritte.

Die 12 agilen Prinzipien hinter dem Manifest geben Leitlinien für das Arbeiten und in diesem Überblick sind die Prinzipien und ihre Bedeutung für NPOs angepasst:

Immer nah an der Zielgruppe sein! Der Austausch und die kontinuierliche Beteiligung der Zielgruppe stehen im Mittelpunkt, um Projekte bedarfsorientiert und fortlaufend anzupassen.

Veränderungen willkommen heißen! Die Wünsche und Bedürfnisse der Menschen stehen im Fokus und an erster Stelle, auch wenn diese erst spät im Prozess sichtbar werden.

In kurzen Zeitintervallen arbeiten! Nutzbare und/oder konkrete Arbeitsergebnisse in kurzen Zeitintervallen (ca. 2-4 Wochen) liefern. Die Arbeit in kurzen, überschaubaren Zeitintervallen ist eine Säule agiler Arbeit.

Diversität und Vielfalt fördern! Projekte und Engagement sind auf Menschen mit unterschiedlichen Kompetenzen, Perspektiven und Stärken angewiesen, die eng zusammenarbeiten.

Vertrauen schafft Motivation! NPOs sollten eine Kultur etablieren, die darauf vertraut, dass Teams kreativ und selbstorganisiert arbeiten.

Persönliche Kommunikation ist durch nichts zu ersetzen! Auch in einer sich immer weiter digitalisierenden Welt, sind persönliche Beziehungen und Kontakte und gut funktionierender Kommunikationsfluss die Grundlage agiler Arbeit.

Ergebnisse bestimmen den Fortschritt! Fortschritt wird anhand konkreter und sichtbarer Ergebnisse bewertet. Auch Lernerfahrungen, also Erkenntnisse über falsche Annahmen oder Entscheidungen sind solche Ergebnisse, die helfen, Ressourcen und Energie besser zu fokussieren.

Auf ein nachhaltiges Arbeitstempo achten! Agilität braucht Kontinuität und Teams brauchen Zeit für Dialog, Ausprobieren und Anpassen, um ihre Arbeitsweisen zu finden.

Form folgt Funktion! Der Fokus liegt auf den Ergebnissen, die den Bedürfnissen der Zielgruppe entsprechen und erst dann folgt der äußere Rahmen und die Methoden zur Umsetzung.

Einfachheit anstreben! Dinge nicht komplizierter machen als sie sind und Qualität statt Quantität von Arbeit und Engagement im Auge behalten.

Selbstorganisation ist der Erfolgsfaktor! Vertrauen und Konfliktbereitschaft sind der Antrieb für agile Teams. Beste Ergebnisse werden dadurch erzielt, dass alle Perspektiven und Erfahrungen in ein Projekt einfließen und Teams sich selbst organisieren.

Feedback ermöglicht Entwicklung! In festen Abständen werden Reflexionen, sog. Retrospektiven, abgehalten, um dabei zu prüfen, wie die Zusammenarbeit und Kooperation verbessert werden kann.


Agilität für die eigene Organisation

Agilität steht für ein ganzheitliches Konzept und ist mit Werten und Ideen verbunden. Agilität sollte nicht isoliert als Sammlung von Methoden verstanden werden. Im Folgenden fokussieren wir auf die Bedeutung von Werten auf Organisations- und individueller Ebene, erklären Unterschiede zu "klassischen" Arbeitsweisen, zeigen welche Fallstricke Sie vermeiden können und bieten Reflexionsfragen für die Praxis an.

Auf die Werte kommt es an: Agile Haltung auf Organisationsebene entwickeln

Im Allgemeinen kann Agilität ein Instrument sein, um Führung und Zusammenarbeit zu verändern und Werte wie Vertrauen, Transparenz oder Beteiligung mit Leben zu füllen. Dies erfordert die Bereitschaft klassische Rollen zu überdenken, neu zu gestalten und Veränderungen umzusetzen, da Teams selbstorganisiert arbeiten und gemeinsam Verantwortung übernehmen. Veränderungen können sich so auch auf Organisationsebene, z.B. in Strukturen oder Organigrammen zeigen.

Organisationsebene: Hierarchie vs. Heterarchie

Hierarchie ist fast allen Menschen als Konzept und Organisationsstruktur bekannt. Weniger bekannt dagegen ist ihr Gegenteil: Heterarchie. Heterarchien sind nicht durch Über- oder Unterordnung geprägt, sondern durch gleichberechtigtes Nebeneinander. Daher basieren agile Organisationen auf:

  • dezentralen Entscheidungen
  • Selbststeuerung
  • Selbstbestimmung
  • vertrauensvoller Zusammenarbeit

Dahinter steckt ein Menschenbild, das Menschen als kompetente, engagierte und vertrauenswürdige, individuelle Persönlichkeiten betrachtet. Klassische Rollen wie Projektleitung oder Projektmitarbeiter_innen sind nicht vorgesehen. Dies erfordert Auseinandersetzung und Reflexion über Werte und notwendige Bedingungen für Agilität.

Reflexionsfragen für die Organisationsebene:

  • Welche Rollen spielen Hierarchien in unserer Organisation?
  • Wo können Entscheidungen dezentralisiert werden?
  • Wie kann mehr Selbstbestimmung ermöglicht werden?
  • Welche Rolle spielt Vertrauen in unserer Organisation und Zusammenarbeit?
  • Warum wollen wir in unserer Organisation agil arbeiten?
  • Was ist unser Ziel und unsere Motivation, Strukturen und Prozesse umzustellen?

Hinweis für die Praxis: Wenn Entscheidungen nicht mehr nach (klassischen) Hierarchien gefällt werden, wie dann? Entscheidungen werden kompetenzbasiert gefällt: Je nach Themenfeld können sich immer wieder neue kompetenzorientierte Hierarchien ergeben. Dies erfordert transparente Kommunikation und eine vertrauensvolle, kooperative Zusammenarbeit.

    Auf die Werte kommt es an: Agile Haltung auf individueller Ebene reflektieren

    Wird Agilität als ganzheitliches Konzept begriffen, stehen Menschen als ganze Person im Mittelpunkt. Daher betrifft agile Haltung auch verschiedene individuelle Reflexionsfelder, die Engagierte und Mitarbeitende für sich entdecken können.

    Individuelle Ebene

    Reflexion über die Haltung sich selbst gegenüber:

    • Bin ich neugierig und möchte stetig neues Lernen und entdecken?
    • Bin ich bereit Fehler bei mir selbst zu akzeptieren sowie Kritik als Chance zu begreifen?
    • Glaube ich an Veränderungen und die Möglichkeit zur Veränderung?
    • Bevorzuge ich Gewohnheiten oder kann ich mich auf Ungewohntes einlassen?
    • Was bietet mir Orientierung, wenn gewohnte Strukturen und Hierarchien wegfallen?

    Reflexion über die Haltung gegenüber Menschen:

    • Bin ich intrinsisch motiviert oder abhängig von Belohnungen?
    • Was brauche ich, um zu unterstützen, anstatt anzuweisen und zu kontrollieren?
    • Gehe ich verantwortungsvoll mit Menschen in meinem Umfeld um?
    • Glaube ich, dass Menschen kreativ sind und Freiräume verantwortungsvoll nutzen?

    Reflexion über die Haltung gegenüber Arbeit und Engagement

    • Wie kann ich die Zielgruppen in den Mittelpunkt meines Denkens setzen?
    • Bin ich auf der Suche nach Sinn und möchte gesellschaftliche Veränderung voranbringen oder strebe ich nach Prestige und Anerkennung?
    • Kann ich mich mit meiner Arbeit identifizieren und meine Kompetenzen einbringen oder muss ich mich anstrengen und die Arbeit aushalten?

    Den Unterschied wahrnehmen: agile vs. "klassische" Arbeitsweisen

    Klassisches Projektmanagement: „Wasserfall-Modell“

    Das Wasserfall-Modell erinnert an Wasser, welches Kaskaden hinabläuft und steht meist für eine etablierte Herangehensweise im klassischen Projektmanagement. Wichtige Elemente dieser Methode sind Planungsphasen, Meilensteine, schrittweises Arbeiten (Linearität) und klare Ablaufpläne.

    Die Projektarbeit ist durch klare Hierarchien und Zuständigkeiten geprägt, was einerseits zu Übersichtlichkeit führt, gleichzeitig aber dazu führen kann, dass Partizipation und Berücksichtigung von Erfahrungswissen und Kompetenzen von allen Projektbeteiligten nicht im ausreichendem Maße stattfinden.

    Starre Vorgaben im klassischen Projektmanagement können folgende negative Auswirkungen haben:

    • Es wird kaum Anpassungsfähigkeit im Projektplan mitgedacht und festgehalten.
    • Zielvorgaben sind wenig flexibel, wenn sich Anforderungen oder Bedürfnisse verändern.
    • Fehlende Kommunikationsstrukturen erschweren die Zusammenarbeit zwischen Projektbeteiligten und führen zu weniger Transparenz über Fortschritte, aber auch  Herausforderungen.
    • Termin- und Budgetverschiebungen sind oft notwendig, da Zielvorgaben nicht an Veränderungen angepasst werden.

    Gerade für NPOs kann eine flexible Projektgestaltung helfen, auf Unvorhergesehenes und sich verändernde Rahmenbedingungen zu reagieren.

    Agiles Projektmanagement wird oft als Gegensatz zu klassischen Arbeitsweisen verstanden, dabei erfüllen sie unterschiedliche Funktionen. Jedoch können sich bestimmte Elemente beider Arbeitsweisen in einer Organisation ergänzen. Ziele des agilen Arbeitens sind:

    • Den Gesamtprozess flexibler zu gestalten
    • Kontinuierliche neue Umstände und Veränderungen in die Arbeit einzubauen
    • Näher an der Zielgruppe / den Nutzer_innen zu sein

    Dies wird ermöglicht durch:

    • Arbeit in kleinen Schritten
    • Flexible Zielformulierung, eher Zielwolken oder Zielräume
    • Genaue Zeit- und Budgetvorgaben geben einen klaren Rahmen vor
    • Kommunikationsstrukturen und regelmäßige Reflexion
    • Kompetenzen im Umgang mit Konflikten

     

    Fallstricke vermeiden: Typische Missverständnisse zu Agilität

    Agile Arbeitsweisen können kein Allheilmittel sein. Agilität ist nicht die Lösung für alle Probleme und auch nicht die Antwort auf alle Fragen.

    Vermeiden Sie daher typische Missverständnisse, die oft im Zusammenhang mit Agilität auftauchen:

    • Agiles Projektmanagement löst keine strukturellen Probleme oder Konflikte, kann sie aber besprechbar machen.
    • Agiles Arbeiten ersetzt keine Planungsprozesse, fehlende Ziele oder strategisches Denken.
    • Kritisch mit Begriffen sein: Agilität hat durch seine Popularität und Weiterentwicklung in vielen verschiedenen Bereichen einen Schlagwortcharakter bekommen und wird weniger mit der erforderlichen Kultur und Haltung gelebt.

    Sie wollen mehr Agilität in Ihre Organisation bringen? Dann achten Sie auf folgende Punkte:

    • Agilität braucht eine wertschätzende und offene Kultur.
    • Nicht über die Köpfe der Mitarbeitenden und Engagierten hinweg, agiles Arbeiten einführen.
    • Agile Projekte brauchen passende Rahmenbedingungen.
    • Veränderungs- und Entwicklungsbereitschaft muss auch an Führungs- und Organisationskultur ansetzen.
    • Nachhaltiges Arbeitstempo sichern und Überlastung vermeiden.
    • Transparenz muss alle Bereiche und Entscheidungsprozesse umfassen.
    • Kontrolle abgeben und Selbstbestimmung, Selbststeuerung und Vertrauen ermöglichen.
    • Regelmäßige und offene Kommunikation sind die treibende Kraft agiler Organisationen.

    Organisations-Check: Agilität für unsere Organisation?

    Schritt für Schritt zu mehr Agilität

    1. Ziel und Motivation klären: Warum wollen wir agil arbeiten?
    2. Beteiligung sichern: Sind alle beteiligt?
    3. Strukturen prüfen: Lassen unsere bisherigen Hierarchien und Rollenverständnisse Agilität zu?
    4. Vorteile prüfen: Wo können agile Arbeitsweisen sinnvoll genutzt werden?
    5. Herausforderungen analysieren: Worauf müssen wir achten, wenn wir Veränderungen hin zu mehr Agilität umsetzen?
    6. Umsetzung prüfen: Wie kann mehr Agilität eingeführt und umgesetzt werden?
    7. Begleitung und Qualifizierung sichern: Wie können wir Qualifizierung und Experimentierräume zur Verfügung stellen?
    8. Selbstorganisation ermöglichen: Haben alle Beteiligten die Kompetenzen und Ressourcen, um Selbststeuerung und Teamorganisation umsetzen zu können?
    9. Kommunikation fördern: Wie können bessere Kommunikationsräume und eine offene Kommunikationskultur entstehen?

    Tipp: Es kann zu Beginn hilfreich sein,einzelne Punkte zu wählen, an denen sich die Menschen in der Organisation in Experimentierräume ausprobieren können.


    Tipp: MuP-Publikationen zum Thema

    Im MuP-Thema im Fokus Organisationskultur und Engagement und der MuP-Broschüre Organisationskultur in Non-Profit-Organisationen. Erscheinungsformen, Analyse- und Veränderungsmöglichkeiten werden Bedeutung und Gestaltungsmöglichkeiten für Organisationskulturen praxisnah beleuchtet.

    Die MuP-Praxishilfe Stakeholderanalyse und -management zeigt Möglichkeiten auf, Zielgruppen und Bedürfnisse zu analysieren. Mehr zu Veränderungsmanagement erfahren Sie im MuP-Trainingsbuch "Change: Veränderung", das Sie über unser Bestellformular bestellen können.


    Für die Praxis: Agiles Arbeiten in Projekten und bei der Produktentwicklung: Scrum für NPOs

    Scrum ist ein Rahmenwerk für Projekt- und Produktmanagement. Ein Rahmenwerk beschreibt alles, was zur Planung, Durchführung und Steuerung von Arbeit notwendig ist und bildet also den Rahmen für die Projektarbeit. Das schlanke Rahmenwerk bei Scrum dient dazu, komplexe Projekte schrittweise und sich wiederholend  umzusetzen.

    Scrum zeichnet sich durch verschiedene Rollen, Begriffe und Arbeitsweisen aus. Den gültigen Leitfaden für Scrum in deutscher Fassung, den sog. Scrum Guide gibt es verfügbar als Creative Common-Lizenz.

    1. Rollen und Werte bei Scrum

    Scrum bietet einen Rahmen für einen agilen Projektansatz, indem drei Rollen vorgesehen sind:

    Leitmotto des_der Product Owner_in / Produktbesitzer_in: „Die richtigen Dinge machen.“

    • Die Rolle Product Owner_in / Produktbesitzer_in ist verantwortlich, dass die richtigen Funktionen umgesetzt werden und der Nutzen kontinuierlich steigt. Die Person formuliert eine Vision, vertritt die Perspektive der Nutzer_innen, definiert Anforderungen und hat die Verantwortung für das Budget. Der_die Produktbesitzer_in ist vor allem die inhaltliche Ansprechperson.

    Leitmotto des_der Scrum Master_in: „Die Dinge schnell machen.“

    • Die Rolle Scrum Master_in sorgt für die Einhaltung der Regeln im Scrum Pozess und hält externe Faktoren vom Entwicklungsteam fern. Das Team kann sich dann voll auf den Sprint konzentrieren. Die Person achtet auf gemeinsame Regeln, schützt das Team, fördert Selbstorganisation und begleitet Prozesse.

    Leitmotto des Entwicklungsteams: „Die Dinge richtig machen.“

    • Die Rolle Entwicklungsteam (Scrum-Team) besteht aus vier bis sechs Fachleuten / Menschen mit Expertise und Kompetenzen, die es braucht damit das Produkt entwickelt werden kann und arbeitet selbstorganisiert an der Umsetzung. Scrum Master_in und Product Owner_in gehören ebenfalls zum Team.

    Eine erfolgreiche Anwendung von Scrum wird durch das Leben der fünf Werte Commitment (oder Selbstverpflichtung/Engagement), Fokus, Offenheit, Respekt, Mut möglich:

    „Das Scrum Team committet sich, seine Ziele zu erreichen und sich gegenseitig zu unterstützen. Sein primärer Fokus liegt auf der Arbeit des Sprints, um den bestmöglichen Fortschritt in Richtung dieser Ziele zu bewirken. Das Scrum Team und dessen Stakeholder_innen sind offen in Bezug auf die Arbeit und die Herausforderungen. Die Mitglieder des Scrum Teams respektieren sich gegenseitig als fähige, unabhängige Personen und werden als solche auch von den Menschen, mit denen sie zusammenarbeiten, respektiert. Die Mitglieder des Scrum Teams haben den Mut, das Richtige zu tun: an schwierigen Problemen zu arbeiten.“ (Scrum Guide, S. 4. f.)

    Hinweis: Klassische Rollen wie Projektmanager_in oder Projektleitung, Auftraggeber_in oder Projektmitarbeiter_in entfallen und sollten nicht mit den Scrum-Rollen gleichgesetzt oder verwechselt werden. 

    Beispiel  Mitgliedergewinnung: Es soll eine Projekt zur Mitgliedergewinnung durchgeführt werden. "Produktbesitzerin" wäre die Vorständin, "Scrum-Master" wäre die Mitarbeiterin in der Geschäftsstelle und das "Entwicklungsteam" würde aus Engagierten und externen oder internen Expert_innen bestehen.  

    2. Grundlagen, Begriffe und Artefakte bei Scrum

    Scrum wird wird durch drei Säulen getragen: Transparenz, Überprüfung und Anpassung. Diese Säulen sind voneinander abhängig: Nur Transparenz ermöglicht Überprüfung. Überprüfung ist die Bedingung für Anpassung. Anpassung ist notwendig um Veränderung und bessere Ergebnisse zu bewirken.

    Hinweis: Die beteiligten Personen müssen bevollmächtigt sein, Anpassungen vorzunehmen und sich selbst managen zu können. Dies bedeutet: Das Team wählt, wer welche Arbeit wie macht.  

    Wichtige Begriffe und Standards (sog. Artefakte) gehören zu den Grundlagen bei Scrum.

    • Beim Product Backlog handelt es sich um eine dynamische Übersicht, die alle Anforderungen an Produkte und Ergebnisse festhält und kontinuierlich gepflegt wird. Das Backlog wird durch den_die Produktbesitzer_in priorisiert.

      Beispiele können sein: Qualitätsanforderungen, funktionale Anforderungen, User Stories, erwarteter Aufwand, Fehler, die behoben werden müssen oder Verbesserungen.

    • Sprint Backlog ist eine Art Plan mit „To-Do-Liste“ für die Aufgaben, die in einem Sprint anstehen. Der Sprint Backlog wurde vorab geplant und enthält Sprint-Ziele, die gemeinsam abgestimmt wurden.
    • User Story: User Stories stehen für Geschichten der Anwender_innen und Bedarfsanalysen. In wenigen Sätzen wird beschrieben was sich Menschen wünschen, was sie sich von dem Projekt oder Produkt erwarten oder was sie damit machen sollen. Je nach vorab erstellten Personas (Nutzer_innenmodelle), können sich verschiedene User Stories ergeben, die sich übersichtlich in einem sog. User Story Mapping zusammenfügen lassen. 

    Beispiel  Mitgliedergewinnung: Im Product-Backlog werden alle Aufgaben festgehalten (z.B.: Ist-Stand-Erhebung, Analyse der bisherigen Zielgruppen und Strategien der Mitgliedergewinnung, Kampagnen- und Kommunikationsplanung, Reflexion der Zielwerte, etc.). Im Sprint Backlog werden einzelne Arbeitspakete aus dieser Übersicht und Sammlung in kurzen Zeitintervallen und nacheinander be- und abgearbeitet. In der User Story werden verschiedene potenzielle neue Mitglieder als Personas entwickelt um zielgruppen- und bedürfnisorientiert zu arbeiten und z.B. Kampagnen- und Kommunikationsmaßnahmen anzupassen. 

    Tipp: Ein wichtiger Begriff im Scrum-Vokabular ist die sog. Definiton of Done (DoD): Hier wird ein gemeinsames Verständnis festgelegt, wann eine Aufgabe als erledigt gilt oder ein Produkt "fertig" ist. Dies erhöht die Transparenz über Ziele und sorgt dafür, dass auch wirklich alle am gleichen Ziel arbeiten. 

    Im Glossar von "Agile goes Nonprofit" findet sich eine Übersicht zu mehr Begriffen mit kurzen Erklärungen und Links. 

    3. Arbeitszyklus bei Scrum: Sprint

    Sprints sind die Basis, auf der weitergearbeitet werden kann und bilden den „Herzschlag“ für Scrum. Ein Sprint dauert max. einen Monat, kann aber auch kürzer sein. In kurzen Zyklen können so Anpassungen und Lernerfahrungen in die weitere Teamarbeit eingebaut werden.
    Jeder Sprint besteht aus:

    • Planung und Konzeption: Im sog. Sprint-Planning werden folgende Fragen beantwortet: Welches Sprint-Ziel verfolgen wir und warum ist dieses wichtig? Welche Aufgaben aus dem Backlog können wir abschließen und was heißt "abgeschlossen"? Wie wird die ausgewählte Arbeit erledigt? 
    • Umsetzung und Testing: Im sog. Daily Scrum sollen in max. 15 Minuten und im Idealfall täglich Ziele und Fortschritt überprüft und Kommunikation verbessert werden. Im Daily Scrum wird gefragt: Was habe ich gestern geschafft? Was möchte ich heute machen? Was hindert mich momentan? Im sog. Sprint-Review wird das (Arbeits-)Ergebnis überprüft, um Anpassungen zu planen und die Ergebnisse werden den wichtigsten Stakeholder_innen / Mitgliedern der Zielgruppe vorgestellt.
    • Dokumentation und Evaluation: Zum Ende des Sprints gehört insbesondere die sog. Retrospektive mit einem ausführlichen Analyse- und Feedback zur Zusammenarbeit. Hier überprüft das Team den letzten Sprint in Bezug auf Einzelpersonen, Zusammenarbeit, Arbeitsabläufe, Werkzeuge sowie die Definition of Done.

    4. Methoden-Tipp: Kanban

    Kanban (wörtl. aus dem Japanischen: Signalkarte) ist eine Methode, die sich gut mit dem Rahmen Scrum verbinden lässt und dabei unterstützt, Prozesse durch strukturierte Visualisierung transparent abzubilden und Aufgaben zu organisieren.

    An einem Kanban-Board (digital oder analog) werden alle Aufgaben festgehalten. Es können auch Limits vereinbart werden, wann zu viele Aufgaben in einer Spalte sind und die Weiterarbeit erschweren. Das Kanban-Board ermöglicht allen im Team zu sehen, wie weit Aufgaben schon bearbeitet wurden.

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    Quellen und Verweise

    Agiles Arbeiten mitgestalten. Strategien und Handlungsfelder der Mitbestimmung von Andreas Baukrowitz und Karl-Heinz Hageni (Institut für Mitbestimmung der Hans-Böckler-Stiftung)

    Manifest für Agile Softwareentwicklung (deutsche Übersetzung)

    Glossar von Agile goes Nonprofit

    Der Scrum Guide. Der gültige Leitfaden für Scrum: Die Spielregeln von Ken Schwaber & Jeff Sutherland (deutsche Übersetzung)

    Agile is Dead (Long Live Agility) von Dave Thomas

    Jenseits der Transformation: neue Arbeit braucht neue Bürowelten von Joana Breidenbach