Liebe Leserin, lieber Leser,
es liegt ein schwieriges Jahr hinter der Sozialdemokratie. Umso mehr gibt es zu tun, um unsere Werte hochzuhalten. Freiheit, Frieden, soziale Gerechtigkeit, internationale Solidarität: Der sozialdemokratische Kompass bleibt unverändert, auch wenn der Gegenwind rauer weht. Denn Nationalismus und Abschottung, Rechtspopulismus und Fremdenfeindlichkeit nehmen zu. Dagegen ist die Stimme der Sozialen Demokratie gefragt und das bedeutet auch: die Stimme der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES).
Wir entwickeln Lösungsansätze für wichtige Zukunftsfragen und diskutieren diese mit einflussreichen Akteur_innen aus Politik, Gewerkschaften, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft. Gleichzeitig bieten wir Menschen die Möglichkeit, sich über Themen zu informieren, die ihnen unter den Nägeln brennen, sich mitzuteilen und auszutauschen – nicht nur mit Gleichgesinnten.
Wir versuchen, auch diejenigen zu erreichen, die sich enttäuscht von der Politik abgewendet haben. Politische Bildung und Politikberatung sind in der FES eng miteinander verzahnt. So können wir politische Entscheidungsträger_innen auf Basis der Alltagserfahrungen der Menschen beraten, Impulse geben und ein Forum für Streitgespräche über den richtigen Weg bieten. Hierzu haben wir das neue stiftungsweite Projekt »Für ein besseres Morgen« aufgelegt. Unsere Arbeit gibt ermutigende Hinweise darauf, dass sozialdemokratische Werte breite gesellschaftliche Zustimmung finden, etwa wenn es um die Solidarität in Europa geht. Anfang Dezember veröffentlichte die Stiftung die Ergebnisse einer Europa-Umfrage – das erste Resultat des neuen Projekts »Für ein besseres Morgen«. Vier von fünf Deutschen stimmten darin der Aussage zu: »Wenn es den anderen EU-Ländern wirtschaftlich schlecht geht, dann ist das langfristig auch schlecht für Deutschland.« In der Europäischen Union nehmen die Befragten ein deutliches Gerechtigkeitsdefizit wahr und wünschen sich, dass europaweit mehr für gleichwertige Lebensverhältnisse getan wird. Rund drei Viertel der Befragten befürworten etwa einen EU-weiten Mindestlohn, gemeinsame soziale Mindeststandards und eine einheitliche Besteuerung von internationalen Unternehmen. Die hierin zum Ausdruck kommenden Wünsche und Veränderungen sind klassische Aufgabenfelder der Sozialdemokratie, mit denen sie die Menschen erreichen und ihr Leben konkret verbessern kann.
Wie kaum ein anderer Trend durchzieht die Digitalisierung alle Bereiche der Gesellschaft, der Wirtschaft und der Arbeit – und somit auch alle Arbeitseinheiten der Stiftung. Im November veranstaltete die FES mit zahlreichen Partnerorganisationen in Berlin erneut den Kongress »Digitaler Kapitalismus« mit mehr als 60 deutschen und internationalen Referent_innen sowie rund 800 Teilnehmer_innen. Im Mittelpunkt stand die Frage: Wie kann man den Monopolisierungstendenzen der großen Digitalkonzerne entgegenwirken? Ziel der zwei Kongresstage war, die immer schnelleren Entwicklungen in der digitalen Welt greifbarer zu machen und Zukunftstrends zu beleuchten. Dabei wurde klar: Bürger_innen, Politiker_innen und Unternehmer_innen müssen den digitalen Wandel gemeinsam gestalten.
Wie fundamental sich Wirtschaft und Gesellschaft durch die Digitalisierung verändern, hat der Physiker Timo Daum in seinem Buch »Das Kapital sind wir. Zur Kritik der digitalen Ökonomie« dargelegt. Dafür wurde er in diesem Jahr mit dem Preis »Das politische Buch der Friedrich-Ebert-Stiftung« ausgezeichnet. Die Jury würdigte das Werk als herausragende Analyse und eindrucksvollen Appell an die Politik, den demokratischen Gestaltungsanspruch zu verteidigen.
Ein nicht minder bedeutsames Anliegen, für das die FES sich seit Langem einsetzt, ist die nachhaltige Entwicklung der Weltwirtschaft. Diese Arbeit fand 2018 durch die Europäische Kommission eine besondere Anerkennung: Sie berief die FES als zivilgesellschaftliche Organisation in zwei Beratungsgruppen, die die Einhaltung von Nachhaltigkeitsstandards in den Handelsabkommen mit Korea sowie mit Kolumbien, Peru und Ecuador überwachen.
Unterdessen wird das Recht auf menschenwürdige Arbeit in immer mehr Ländern untergraben, wie der jüngste Globale Rechtsindex des Internationalen Gewerkschaftsbunds belegt. Umso dringlicher ist es, Gewerkschaften zu stärken und demokratische Rechte am Arbeitsplatz zu verteidigen und zu erweitern. Wie dies möglich ist, zeigt das Projekt »Trade Unions in Transformation« mit 26 Erfolgsbeispielen aus der ganzen Welt. Die Ergebnisse präsentierte die FES beim Weltkongress des Internationalen Gewerkschaftsbundes im Dezember in Kopenhagen, an dem über 750 Delegierte teilnahmen.