VORWORT DER VORSITZENDEN
Wenn ich auf die Arbeit der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) im Jahr 2006 zurückblicke, gehen meine ersten Gedanken an unseren Ehrenvorsitzenden, den Ministerpräsidenten a.D. Holger Börner, der am 2. August in seiner Heimatstadt Kassel starb. Er war von 1987 bis 2003 Vorsitzender der Friedrich-Ebert-Stiftung. Kondolenzschreiben aus aller Welt machten deutlich: Sein Beitrag zur Durchsetzung der Ideale der Stiftung von Freiheit, sozialer Demokratie und internationaler Zusammenarbeit bleibt unvergessen. Die Friedrich-Ebert-Stiftung ist stolz darauf, dass Holger Börner ihr Vorsitzender und Ehrenvorsitzender war und bleibt ihm in Dankbarkeit verbunden.
Auch im Jahr 2006 haben die Angebote und Veranstaltungen der FES großes Interesse bei den Bürgerinnen und Bürgern geweckt und wurden sehr gut angenommen. Allein in Deutschland führte die Stiftung rund 3.000 Veranstaltungen durch, auf denen etwa 150.000 Menschen zusammen kamen, um sich informieren zu lassen, sich eine Meinung zu bilden und sich Grundlagen für ihr gesellschaftspolitisches Engagement zu holen. Diese Maßnahmen fanden überwiegend statt im Rahmen unserer politischen Bildungsarbeit. Informationen und Kenntnisse wurden vermittelt, Kompetenzen entwickelt, um eine engagierte und sachverständige Teilhabe am gesellschaftlichen Diskussions- und Entscheidungsprozess zu ermöglichen.
Unter unserem Dach trafen sich auch regelmäßige Expertenrunden etwa zu Fragen der Energie- und Verkehrspolitik, des Wohnungsbaus oder der Medienpolitik. Wir organisierten den Austausch zwischen Wissenschaft, Wirtschaft, Medien, Verwaltung und Politik zu weiteren zahlreichen Themenfeldern. Nicht zu vergessen sind dabei die Veranstaltungen, auf denen internationale Partner und Gäste der Friedrich-Ebert-Stiftung die Möglichkeit nutzten, ihre Positionen dem deutschen Publikum vorzustellen; unter ihnen der bulgarische Staatspräsident Parvanov, der Präsident der Republik Moldau Voronin oder die chilenische Staatspräsidentin Bachelet.
Ein Beleg für den Erfolg unserer Arbeit sind die Ergebnisse von Umfragen. Über 60% der Befragten kennen die Friedrich-Ebert-Stiftung und wissen, dass sie sich mit politischer Bildungsarbeit beschäftigt. Unter den sogenannten Think-Tanks gehört die FES zu den bekanntesten Einrichtungen und unter den Forschungseinrichtungen, deren Informationsangebote tatsächlich genutzt werden, liegt sie ebenfalls auf einem Spitzenplatz.
Im Jahr 2006 ist die Friedrich-Ebert-Stiftung so häufig wie noch nie in den Medien zitiert worden. Das hatte vorwiegend mit zwei Untersuchungen der Stiftung zu tun, deren Themen ganz vorn auf unserer Agenda stehen, da sie zwei große Herausforderungen unserer Demokratie und unserer Gesellschaft bezeichnen, auf die wir uns seit langem in der politischen Bildungsarbeit, in Studien und Diskussionsforen konzentrieren.
BERICHT DES GESCHÄFTSFÜHRER
Als „Ideenwerkstatt der Sozialen Demokratie“ hat die Friedrich-Ebert-Stiftung auch im Jahr 2006 ihre Programme, Arbeitsmethoden und Strukturen kontinuierlich den Veränderungen in der Gesellschaft und den neuen globalen Herausforderungen angepasst. Werteorientiert und pragmatisch wollen wir Reformprozesse mit anstoßen und begleiten. In Hunderten von Projekten und Einzelmaßnahmen haben wir diese Ziele in Deutschland und weltweit konkretisiert. Gerade im vergangenen Jahr haben wir beweisen können, dass wir Entwicklungen in Gesellschaft, Wirtschaft, Kultur und Politik kompetent zu analysieren verstehen und versuchen, die Veränderungen dieser Rahmenbedingungen aktiv mitzugestalten.
In der globalisierten Welt verlangt soziale Demokratie mehr denn je Solidarität und faire Zusammenarbeit. Die Weltgesellschaft und die Weltmärkte bedürfen der Einbettung in politische Verantwortung sowie soziale und ökologische Regulation. In diesem Verständnis leisten wir Beiträge zur sozialen Demokratie durch politische Bildung, die ihre Grundwerte stärkt, die Förderung junger Wissenschaftler, die ihr verpflichtet sind, öffentliche Dialoge, Entwicklungszusammenarbeit, die globaler Gerechtigkeit dient, Forschung und Politikberatung, die ihre auch geschichtlichen Grundlagen erforschen und vermitteln, sowie durch Brücken internationaler Kooperation, die zum Aufbau weltweiter Demokratie beitragen.
Wie in den Jahren zuvor haben wir auch für 2006 auf dieser Grundlage zentrale Themenfelder definiert, denen für unsere Arbeit besondere Bedeutung zukommt. Damit sind Leitbegriffe für Praxisbereiche beschrieben, die unserer weltweiten Arbeit Orientierung geben.
Das wichtige Themenfeld der FES-Arbeit „Gerechte Gesellschaft und Sozialer Zusammenhalt“ ist eine fundamentale Zielvorstellung der sozialen Demokratie. Die Auswirkungen der Reformpolitik der letzten Jahre berühren in besonderem Maße die Frage nach sozialer Gerechtigkeit, etwa in der Erwerbsarbeit der Gesellschaft oder dem Gesichtspunkt der Generationengerechtigkeit. Eine gerechte Gesellschaft bleibt dabei das Leitbild, für das die Bürgerinnen und Bürger sich einzusetzen bereit sind und das sie von der Politik einfordern. Die von der Regierung Gerhard Schröder eingeleiteten Strukturreformen waren und sind für uns Schwerpunktthemen: In vielen Dutzend Veranstaltungen wurden die Reformen mit Experten, mit Politikern und Vertretern aller betroffenen Bevölkerungsgruppen erläutert, analysiert und diskutiert.
Das Schwerpunktthema „Demokratische Kultur, Gesellschaft und moderner Staat“ benennt fundamentale Felder für die Zukunft unseres Gemeinwesens. Hierbei geht es auch um die Grundwerte der sozialen Demokratie. Von unseren Foren und Debatten – genannt sei hier das „Grundwerteforum 21“ oder das „Forum soziale Demokratie“, aber auch unsere Zeitschrift „Neue Gesellschaft/Frankfurter Hefte“ – gehen entscheidende Impulse aus. Ein wichtiges Element dieser Grundwertedebatte betrifft dabei auch die Stärkung der Bürgergesellschaft. Die Spielregeln der Bürgergesellschaft – Selbstorganisation, Freiwilligkeit, Eigenverantwortung, Vertrauen und solidarische Unterstützung – sind Wegmarken für jede Reformpolitik. Wir bieten auch hier eine Fülle von Programmen, die die Bürgerinnen und Bürger befähigen, sich aktiv für das Gemeinwohl zu engagieren und Politik kompetent mitzugestalten.