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Der politische Film der FES 2014

Preisträger 2014 "Der politische Film der FES": Children 404

Die Friedrich-Ebert-Stiftung hat im Rahmen des Filmfests Hamburg zum zweiten Mal den Preis „Der politische Film der Friedrich-Ebert-Stiftung“ vergeben. Der Preis geht in diesem Jahr an den russischen Film Children 404 von Askold Kurov und Pavel Loparev.

Zwölf Filme stellten sich dem Urteil einer dreiköpfigen Jury, die mit einem Preisgeld von 5000 Euro politisch ambitioniertes Kino belohnt. Mit dem Preis werden Filmschaffende gefördert, die mit ihren Themen anregen, bewegen und neue Einsichten möglich machen; prämiert wird die beste Regiearbeit.

Die zwölf für den Preis „Der politische Film der Friedrich-Ebert-Stiftung“ im Jahr 2014 nominierten Filme umfassten sowohl Spiel- als auch Dokumentarfilme, darunter Arbeiten aus Dänemark, Deutschland, Griechenland, Iran, Kanada, Mexiko, Sri Lanka, Tschechische Republik und den USA. Die Mitglieder der Jury waren Stefan Gieren (Produzent und Filmemacher), Katja Karger (Vorsitzende DGB Hamburg) und Christoph Twickel (Journalist und Autor).

Zwischen dem 25. September und dem 4. Oktober wurden die zwölf Filme des Wettbewerbes während des Filmfestes Hamburg als Deutschlandpremieren gezeigt. Über 2700 Besucherinnen und Besucher waren alleine bei den Aufführungen der Wettbewerbsfilme zu begrüßen. An jede Premiere schlossen sich jeweils intensive Diskussionen mit Regisseuren und Expert/-innen über das soeben Gesehene an. Moderiert und veranstaltet wurden diese Filmdiskussionen von der Friedrich-Ebert-Stiftung.

Vor rund 1000 Zuschauerinnen und Zuschauern wurde der Preis „Der politische Film der Friedrich-Ebert-Stiftung“ am 4. Oktober 2014 auf der Abschlussveranstaltung des Filmfestes Hamburg verliehen – persönlich entgegengenommen von Regisseur Pavel Loparev.

Der Preisträger 2014

Children 404
Dokumentarfilm, Russland 2014
Regie: Askold Kurov und Pavel Loparev

2013 unterzeichnete Putin das Gesetz gegen „homosexuelle Propaganda“. Schwule und Lesben sind seither Einschüchterungen und Schikanen schutzlos ausgeliefert. Psychologen, Lehrer und sogar Eltern riskieren Strafen, wenn sie Partei ergreifen. In anonymen Interviews und Videotagebüchern berichten 45 junge russische Homosexuelle von ihren Diskriminierungserfahrungen und ihrem Kampf gegen die sexuelle Steinzeit in Russland. Das Material stammt von dem Webprojekt „Children 404“, das 2013 von der Journalistin Lena Klimova ins Leben gerufen wurde und sich nach den „error 404 – page not found“-Benachrichtigungen benannt hat. Die Teampremiere des Films in Moskau wurde von der Polizei aufgelöst.

Askold Kurov (*1974) studierte Film in Moskau. Sein Dokumentarfilm Winter, go away lief 2012 u. a. auf den Festivals in Locarno und Leipzig.

Pavel Loparev (*1980) arbeitete lange als Nachrichtenreporter für einen russischen Fernsehsender. Sein Kurzfilm Lenin.Live (2009) gewann in Russland mehrere Preise.

Trailer, Fotos und mehr zum Film Children 404

Die Begründung der Jury

Children 404 von Askold Kurov und Pavel Loparev ist ein aktivistischer Film im besten Sinne. Eine Dokumentation, die aus einer Dringlichkeit entstanden ist, ein spontaneistischer Film, ad hoc gedreht.

Children 404 ist ein emanzipatorischer Film. Er schildert die Kämpfe homosexueller russischer Teenager in einer Gesellschaft, die Homosexualität kriminalisiert und sozial ächtet. Doch er zeigt uns auch, wie selbstverständlich Solidarität und Toleranz in dieser Gesellschaft sein können.

Children 404 hat seinen Titel von einer queeren Website mit diesem Namen –„Children 404“ – auf der junge Menschen anonym ihre Geschichte erzählen können: Teenager, die an ihrem ignoranten und gewalttätigen Umfeld verzweifeln, die über das virtuelle Netzwerk entdecken, dass sie weder allein noch pervers sind, die allen Widrigkeiten trotzen und auf ihren eigenen Lebensentwurf bestehen. Sie kämpfen mit Trotz und Humor, aber auch mit Zweifeln und Ängsten um ihr Recht zu Lieben.

Children 404 ist ein Film, der protestiert – gegen das Gesetz gegen „homosexuelle Propaganda“, das seit 2013 in Russland in Kraft ist – und das Lena Klimova, der Betreiberin der Website „Children 404“ und eine der Protagonistinnen des Films, eine Anklage eingebracht hat. Er konfrontiert uns mit den Fragen nach gesellschaftlicher Norm und nach der Konstruktion so genannter „Randgruppen“. Aber der Film bleibt nicht bei der Dokumentation der Verhältnisse, sondern er zeigt die Möglichkeiten, sich zu befreien, widerständig zu bleiben.

Children 404 ist ein Film, der sich an die Seite seiner Protagonistinnen und Protagonisten stellt, der den Mut hat, mitzumischen und Risiken einzugehen – und der genau daraus seine ästhetische Kraft bezieht. Es ist ein Film über die mediale Kraft der Vielen, die sich im virtuellen Raum versammeln und zu einer Art verstreutem Kollektiv werden, einem Kollektiv der Einzelnen, die mit ihren Handys und Webcams Botschaften aufnehmen und mit allen teilen und so rebellieren gegen die ihnen aufgezwungene Ordnung. Den Filmemachern Askold Kurov und Pavel Loparev ist so eine Dokumentation gelungen, die nicht nur zeigt, wie Engagement und Selbstermächtigung in einer von Internet bestimmten Welt funktionieren können, sondern auch, wie man von dieser Welt filmisch erzählen kann.

Es ist zuguterletzt ein nichtkommerzieller Film. Die Filmemacher haben ihn am Tag seiner Premiere ohne Zugangsbeschränkung online gestellt, damit er seine Wirkung entfalten kann, damit er möglichst vielen Mut machen kann. Wir hoffen, dass der Preis „Der politische Film der Friedrich-Ebert-Stiftung“ beim Filmfest Hamburg den Filmemachern und ihren Protagonisten zusätzlichen Rückenwind geben kann.

Die Mitglieder der Jury:
Stefan Gieren (Produzent und Filmemacher)
Katja Karger (Vorsitzende DGB Hamburg)
Christoph Twickel (Journalist und Autor).

Den Flyer zum Wettbewerb, mit Informationen zu allen nominierten Filmen, zu den Aufführungsorten und -zeiten sowie zur Jury, finden Sie hier:

Der politische Film der Friedrich-Ebert-Stiftung 2014 (PDF-Datei).

Fotos von der Preisverleihung am 4. Oktober 2014

2017: The Wait

Beim Filmfest Hamburg 2017 wurde Emil Langballe für seinen Dokumentarfilm "The Wait" als "Politischer Film der Friedrich-Ebert-Stiftung" ausgezeichnet. Mehr dazu hier.

2016: Tadmor

Beim Filmfest Hamburg 2016 wurden Monika Borgmann und Lokam Slim für ihren Dokumentarfilm "Tadmor" als "Politischer Film der Friedrich-Ebert-Stiftung" ausgezeichnet. Mehr dazu hier.

2015: Every Face Has a Name

Beim Filmfest Hamburg 2015 wurde Magnus Gerttens Film "Every Face Has A Name" als "Politischer Film der Friedrich-Ebert-Stiftung" ausgezeichnet. Mehr dazu hier.

2014: Children 404

Beim Filmfest Hamburg 2014 wurden Askold Kurov und Pavel Loparev für ihren Dokumentarfilm "Children 404" mit dem Preis "Politischer Film der Friedrich-Ebert-Stiftung" ausgezeichnet. Mehr dazu hier.

2013: Fire in the Blood / Manuscripts don't burn

Beim Filmfest Hamburg 2013 wurde der Preis "Der politische Film der Friedrich-Ebert-Stiftung" zum ersten Mal verliehen - und gleich geteilt. Ausgezeichnet wurden Dylan Mohan Gray für seinen Dokumentarfilm "Fire in the Blood" und Mohammad Rasoulof für sein Drama "Manuscripts don't burn". Mehr dazu hier.

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Trailer zu Children 404

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