Der politische Film der FES 2015

"Every Face Has a Name" ist der Gewinner des Jahres 2015

Regisseur Magnus Gertten vor knapp 1000 Gästen ausgezeichnet

Die Friedrich-Ebert-Stiftung hat am 10. Oktober 2015 im Rahmen des Filmfests Hamburg zum dritten Mal den Preis „Der politische Film der Friedrich-Ebert-Stiftung“ vergeben. Der Preis geht in diesem Jahr an den schwedischen Film Every Face Has a Name von Magnus Gertten.

Zwölf Filme stellten sich dem Urteil einer dreiköpfigen Jury, die mit einem Preisgeld von 5000 Euro politisch ambitioniertes Kino belohnt. Mit dem Preis werden Filmschaffende gefördert, die mit ihren Themen anregen, bewegen und neue Einsichten möglich machen; prämiert wird die beste Regiearbeit.

Die zwölf für den Preis „Der politische Film der Friedrich-Ebert-Stiftung“ im Jahr 2015 nominierten Filme umfassten sowohl Spiel- als auch Dokumentarfilme, darunter Arbeiten aus Großbritannien, Indien, Kanada, Frankreich, Schweden, USA, Mexiko, China und Burkina Faso.

Zwischen dem 1. und dem 10. Oktober wurden die zwölf Filme des Wettbewerbes während des Filmfestes Hamburg als Deutschlandpremieren gezeigt. Knapp 2500 Besucherinnen und Besucher waren alleine bei den Aufführungen der Wettbewerbsfilme zu begrüßen. An jede Premiere schlossen sich jeweils intensive Diskussionen mit Regisseuren und Expert/-innen über das soeben Gesehene an. Moderiert und veranstaltet wurden diese Filmdiskussionen von der Friedrich-Ebert-Stiftung.

Vor rund 1000 Zuschauerinnen und Zuschauern wurde der Preis „Der politische Film der Friedrich-Ebert-Stiftung“ am 10. Oktober 2015 auf der Abschlussveranstaltung des Filmfestes Hamburg verliehen – persönlich entgegengenommen von Regisseur Magnus Gertten.

"Every Face Has a Name" beim Filmfest Hamburg 2015

Die Jury des Jahres 2015

Stephan Lamby
Journalist, Produzent und Filmemacher

Patricia Schlesinger, NDR
Programmbereichsleiterin Kultur und Dokumentation Fernsehen

Hansjörg Schmidt
Mitglied der Hamburgischen Bürgerschaft

Die Begründung der Jury

Wir haben großartige Filme gesehen aus Großbritannien, den USA, Kanada, Frankreich, Burkina Faso, Indien, China und Mexiko. Wir sind selbst überrascht, dass wir uns bei der Auswahl der hervorragenden Filme, die wir sehen durften, am Ende für einen Film zur NS-Geschichte entschieden haben. Wir haben uns, um es gleich zu sagen, überhaupt nicht schwergetan. Wir waren uns innerhalb weniger Minuten einig.

Alle drei Jurymitglieder waren wirklich erfreut, dass es einen Film zur NS-Geschichte gibt, der einen neuen erzählerischen Ansatz findet, der uns erstaunt und fasziniert.

Der Regisseur Magnus Gertten zeigt zunächst Archivmaterial aus dem April 1945. Zu sehen ist die Ankunft von Holocaust-Überlebenden aus Konzentrationslagern und Ghettos. Sie sind unterernährt, traumatisiert. Sie kommen mit dem Schiff im Hafen von Malmö an, das Gefühl der Befreiung kann man in ihren Gesichtern sehen, aber auch Ungläubigkeit - kann ich dieser Sicherheit jetzt hier trauen? Vorsichtig tasten sie sich in ein neues Leben. Die Protagonisten des Films leben heute in Polen, Israel, in den USA, Kanada oder Frankreich. Sie sehen die Filmaufnahmen - ihre Bilder! - zum ersten Mal, sich selbst, die Mutter, die Tochter, den Sohn, die Freunde.

Dieses ist ein Film über den Holocaust, aber auch über Flucht und Neuanfang.

Anfangs fast beiläufig, dann immer kraftvoller entwickelt der Film schließlich eine Parallelmontage. Zu sehen sind plötzlich auch Aufnahmen aus der Gegenwart, aufgenommen in einem Hafen in Sizilien. Dort stranden Flüchtlinge vor allem aus Afrika. Auch sie sind oft verletzt und traumatisiert. Auch ihnen gibt der Regisseur ein Gesicht – und einen Namen.

"Every Face Has a Name" ist ein mutiger Film. Mit der Parallelmontage der Bilder von 1945 und heute hätte er scheitern können. Der Regisseur Magnus Gertten hat sich der Herausforderung gestellt – dezent, ohne Text. So ist der Film weit mehr als ein Geschichtsfilm. Er hat eine gedankliche und emotionale Tiefe, die über die Zeit hinausragt.

Was uns außerdem überzeugt, ist die filmische Qualität von "Every Face Has a Name". Magnus Gertten kommt ohne große Effekte aus. Er vertraut Recherche, Kameraarbeit und Montage. Und gewinnt so an Kraft und Glaubwürdigkeit.

Ein bewegender Film.

Synopse "Every Face Has a Name"

Am 28. April 1945 legten mehrere Fähren mit Tausenden von KZ-Überlebenden im Hafen von Malmö an. Kamerateams filmten die ersten Schritte der unterernährten und misshandelten Menschen in Freiheit. 70 Jahre später sehen einige der Ankömmlinge von damals das Material zum ersten Mal. Unter ihnen Bernhard Kempler, der neun Jahre alt war, als er in Schweden landete und den Holocaust nur überlebt hatte, weil er sich als Mädchen verkleidet hatte. Oder Elsie Ragusin, die in Italien als vermeintliche Spionin verhaftet und nach Auschwitz deportiert wurde. In fast magischen Augenblicken erkennen manche der Überlebenden sich oder Angehörige auf den Aufnahmen wieder. Aus namenlosen Gesichtern werden Menschen mit einer Geschichte.

Magnus Gertten (*1953) studierte Journalismus und ist Mitinhaber der schwedischen Produktionsfirma Auto Images. Every Face Has a Name ist sein achter Dokumentarfilm und wurde beim Filmfestival in Göteborg ausgezeichnet.

Dokumentarfilm, Schweden 2015, Englisch, Schwedisch, Polnisch mit englischem Untertitel

Der Flyer zum Filmpreis

Den Flyer zum Wettbewerb, mit Informationen zu allen nominierten Filmen, zu den Aufführungsorten und -zeiten sowie zur Jury, finden Sie hier:

Der politische Film der Friedrich-Ebert-Stiftung 2015 (PDF-Datei).

Magnus Gertten beim Filmfest Hamburg 2015

2017: The Wait

Beim Filmfest Hamburg 2017 wurde Emil Langballe für seinen Dokumentarfilm "The Wait" als "Politischer Film der Friedrich-Ebert-Stiftung" ausgezeichnet. Mehr dazu hier.

2016: Tadmor

Beim Filmfest Hamburg 2016 wurden Monika Borgmann und Lokam Slim für ihren Dokumentarfilm "Tadmor" als "Politischer Film der Friedrich-Ebert-Stiftung" ausgezeichnet. Mehr dazu hier.

2015: Every Face Has a Name

Beim Filmfest Hamburg 2015 wurde Magnus Gerttens Film "Every Face Has A Name" als "Politischer Film der Friedrich-Ebert-Stiftung" ausgezeichnet. Mehr dazu hier.

2014: Children 404

Beim Filmfest Hamburg 2014 wurden Askold Kurov und Pavel Loparev für ihren Dokumentarfilm "Children 404" mit dem Preis "Politischer Film der Friedrich-Ebert-Stiftung" ausgezeichnet. Mehr dazu hier.

2013: Fire in the Blood / Manuscripts don't burn

Beim Filmfest Hamburg 2013 wurde der Preis "Der politische Film der Friedrich-Ebert-Stiftung" zum ersten Mal verliehen - und gleich geteilt. Ausgezeichnet wurden Dylan Mohan Gray für seinen Dokumentarfilm "Fire in the Blood" und Mohammad Rasoulof für sein Drama "Manuscripts don't burn". Mehr dazu hier.

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Trailer zu Every Face Has a Name

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