Die Mitglieder sind also das finanzielle Rückgrat der Genossenschaft?
Richtig – und heute mehr denn je, weil ja die Bankkredite teurer geworden sind. Früher hätten wir gesagt: Gut, wir nehmen einen Teil als Bürgerdarlehen und den Rest von der Bank. Heute ist es günstiger, das meiste oder am besten alles aus Bürgerdarlehen zu finanzieren. Man kann also sagen, die Genossenschaft ist der wirtschaftliche Arm des Solarvereins zur Umsetzung der Energiewende in Bürgerhand mit Bürgerunterstützung – mit einem unmittelbaren Nutzen für das Gemeinwohl, weil wir ja hier vor Ort die Energiewende umsetzen.
Sie haben ja bereits angedeutet, dass Ihre Windkraftprojekte auch Gegner auf den Plan rufen. Wie gehen Sie damit um?
Wir haben mit der Planung für den Bürgerwindpark im Jahr 2016 begonnen, da galt in Bayern schon die 10H-Regel. Deswegen mussten wir als Kommune als erstes einen Bebauungsplan erstellen. Das ist vorgeschrieben, um in der Höhe, die wir brauchen, ein Windrad bauen zu können – also über 200 Meter. Ein Bebauungsplan ist nicht nur kompliziert, sondern macht überdies ein Projekt bis zu 300.000 Euro teurer. Und das war auch die Absicht hinter 10H: ein Gesetz zu entwickeln, das den Windkraftausbau verlangsamt und verteuert und damit vergrämt. Wir haben aber gesagt: Wir lassen uns nicht vergrämen und gehen das als Gemeinde gemeinsam mit der Genossenschaft an. Wenn Sie aber einen Bebauungsplan brauchen, den eine Kommune verabschieden muss, dann kann jeder Bürger diesen Bebauungsplan in Form eines Bürgerbegehrens angreifen
Und genau das ist passiert?
Dem sind wir zuvorgekommen, mit einem Bürgerentscheid, initiiert durch ein Ratsbegehren. Denn wir wussten ja schon, dass die Diskussion über den Windpark kommt. Ein Effekt von 10H war ja auch, dass man vielerorts den Stress mit den Bürgerbegehren nicht wollte und dann lieber auf den Anlagenbau verzichtet hat. Wir hingegen sind die Sache ganz aktiv und offensiv angegangen und haben am Ende auch gewonnen. Das war im Oktober 2016.
Und warum laufen die Windräder jetzt immer noch nicht?
Jetzt kommt der Artenschutz ins Spiel und das ist ein ganz komplexes Thema, weil es zum Teil auf EU-Ebene anhänglich ist. Bei den Windrädern ist es so, dass jedes einzelne Tier bewertet wird, anstatt eine Populationsbetrachtung durchzuführen. Ein einzelner Vogel wie zum Beispiel ein Wespenbussard kann das Projekt zum Erliegen bringen, obwohl seine Population nicht gefährdet ist. Auch trotz 30.000 Windrädern in Deutschland ist die Population vieler Vögel, die im Winderlass als schlaggefährdet geführt sind, gestiegen. Dieses Thema hat dazu beigetragen, dass die Windräder noch nicht laufen. Aber der Bürgerwindpark wird gebaut, wir haben damit angefangen. Die Fundamente sind fertig. Bis Ende des Jahres werden Türme bereits über den Baumwipfeln zu sehen sein.
Wie wirkt sich die Energiekrise auf den Ausbau der erneuerbaren Energien in Pfaffenhofen aus?
In der Praxis gar nicht so sehr, weil wir die Beschlüsse zur Umsetzung der Klimaneutralität 2035 schon vorher gefasst haben. Für uns sind die Konsequenzen aus der Energiekrise eher eine Bestätigung für das, was wir schon lange tun. Worüber wir uns zurzeit unterhalten, ist in Pfaffenhofen nichts Neues.
Ist der Zulauf zur Genossenschaft denn grösser geworden?
Vor allem im weiteren Umfeld, also in Ortschaften, in denen die Energiewende bislang kein Thema war, gibt es viele Nachfragen sowohl beim Solarverein als auch bei der Bürgerenergiegenossenschaft oder auf kommunalpolitischer Ebene. Die Workshops, die wir geben, haben sich vervielfacht, die Nachfrage ist extrem gestiegen. Man muss aber auch sagen, dass mit der neuen Bundesregierung die Rahmenbedingungen besser geworden sind für Menschen, die sich eine Solaranlage aufs Dach bauen wollen und die Nachfrage sicher auch deswegen höher geworden ist.
Sie sind auch Vorstandsvorsitzender der Landesvereinigung Bürgerenergie Bayern. Welche Vorteile bringt ein solcher Dachverband?
2011, nach Fukushima, entstanden in Bayern viele Genossenschaften. Dann kamen die Anfänge von 10H und genau zu diesem Zeitpunkt haben wir die Landesvereinigung gegründet, damit wir uns gegenüber der Landesregierung und Parteien ausreichend positionieren und aufstellen können. Solche Netzwerke sind in ganz Deutschland entstanden, genauso wie das Bündnis Bürgerenergie Deutschland. Wir sind sozusagen die Stimme der Bürgerenergieaktiven und in Bayern eher als politische Lobby unterwegs. Wir sind zum Beispiel ständiges Mitglied im Energiebeirat der bayerischen Staatsregierung. Als einzelne Genossenschaft käme man da nicht rein. Wir haben außerdem gemeinsam mit Naturstrom einen eigenen Stromtarif entwickelt, der nennt sich Bavariastrom und fördert unsere Genossenschaften.