Kulturelle Diversität in Deutschland
Die Deutsche UNESCO-Kommission versteht kulturelle Diversität als die vielfältigen Ausdrucksformen der Kultur von Gruppen und Gesellschaften, die diese bereichern und in ihnen weitergegeben werden. (22) Nach der Allgemeinen Erklärung zur kulturellen Vielfalt der UNESCO-Generalkonferenz vom November 2001 spiegelt sich kulturelle Diversität in der Einzigartigkeit und Vielfalt von Identitäten innerhalb von Gruppen und Gesellschaften wider. Diese Vielfalt sei „eine Quelle des Austauschs, der Erneuerung und der Kreativität“. (23)
Zu immer neuen Ausdrucksformen von Kultur innerhalb einer Gesellschaft tragen zum Beispiel Menschen unterschiedlicher Herkunft, Sprache und Traditionen bei. In Deutschland gibt es eine große kulturelle Vielfalt. So besteht ein dichtes Netz öffentlich geförderter Kultureinrichtungen sowie zahlreiche, auch internationale Kulturangebote in Städten und auf dem Land. (24) Die Vielfalt von Identitäten und kulturellen Ausdrucksformen kommt in Deutschland auch dadurch zustande, dass mehr als ein Viertel der Bevölkerung nach dem Mikrozensus des Statistischen Bundesamt einen sogenannten Migrationshintergrund hat. Im Jahr 2022 waren dies 28,7 % der Gesamtbevölkerung. Das heißt in absoluten Zahlen: Von 83,1 Millionen Einwohner_innen handelt es sich bei 23,8 Millionen um Eingewanderte oder ihre Nachkommen. An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass der im Mikrozensus und vielen Studien verwendete Begriff Migrationshintergrund mittlerweile kritisch zu betrachten ist, da er nichts über die Lebensrealitäten der Menschen aussagt, mit Vorurteilen behaftet ist und als stigmatisierend empfunden werden kann. (25) Dies steht dem Konzept der Diversität und dem Feiern von Heterogenität von Individuen als Bereicherung entgegen.
Trotz der Tatsache, dass mehr als ein Viertel der deutschen Bevölkerung einen kulturell diversen Hintergrund besitzt, erfährt diese Gruppe heutzutage in vielen Bereichen Benachteiligungen. So haben Studien unter anderem Benachteiligungen mit Blick auf die Vergabe von Ausbildungsplätzen und Beschäftigungsverhältnissen festgestellt. (26) Im Rahmen des Projekts „Für ein besseres Morgen“ der Friedrich-Ebert-Stiftung wurde von 2018 bis 2020 die öffentliche Verwaltung hinsichtlich ihrer Zusammensetzung analysiert. Die Ergebnisse zeigen, dass nur ein sehr geringer Anteil der dort beschäftigten Menschen einen kulturell diversen Hintergrund hat und die Verwaltung somit nicht die reale Bevölkerung widerspiegelt. (27)
Viele Organisationen und Initiativen setzen sich in Deutschland für Diversität und einen diversitätssensiblen Umgang mit Menschen unterschiedlicher Herkunft, Religion, Weltanschauung, Hautfarbe, unterschiedlichen Geschlechts und körperlichen Voraussetzungen und Behinderungen ein. Beispiele hierfür sind die Charta der Vielfalt sowie der Deutsche Diversity-Tag.
Die Charta der Vielfalt und der Deutsche Diversity-Tag
Bei der Charta der Vielfalt handelt es sich um eine 2006 von vier Unternehmen gegründete Arbeitgebendeninitiative zur Förderung von Vielfalt in Unternehmen und Institutionen. Das Ziel der Initiative ist es, angesichts der oben bereits erwähnten Vorteile von Diversity Management in Unternehmen, die Wertschätzung und Einbeziehung von Vielfalt im Arbeitskontext zu fördern und Arbeitsplätze zu schaffen, die frei von Vorurteilen sind. Unabhängig von Geschlecht, ethnischer Herkunft und Nationalität, Alter, Religion, Weltanschauung, Hautfarbe, sexueller Orientierung, Behinderung und sozialer Herkunft sollen alle Arbeitnehmer_innen Anerkennung und Teilhabe erfahren. (28)
Wer die Charta der Vielfalt unterzeichnet, verpflichtet sich selbst zur Förderung von Diversität in der Arbeitswelt. Bislang haben dies mehr als 4.900 Unternehmen und Institutionen mit insgesamt 15 Millionen Angestellten getan. (29)
Der Verein Charta der Vielfalt e. V. hat zudem den Deutschen Diversity-Tag ins Leben gerufen, der einmal jährlich stattfindet und die Vielfalt und offene Gesellschaft feiert. Bundesweit können Institutionen und Unternehmen teilnehmen und für ihre Belegschaft und/oder die Öffentlichkeit Aktionen zum Thema Vielfalt organisieren. (30)