Landesbüro Nordrhein-Westfalen

Samstag, 03.02.24 09:00 bis Samstag, 03.02.24 15:30

Südwestfalen-Konferenz | Ungleiches Deutschland - Wie zukunftsfähig ist unsere Region?


Terminexport im ICS-Format
Ungleichheit

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Präsentation

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Diskussion

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„Ohne gute Sozialpolitik sind Zusammenhalt und Demokratie gefährdet“

Das Problem der Ungleichheit zieht sich sozial ebenso wie räumlich durch Deutschland. Zwischen den Strukturen in den einzelnen Regionen bestehen große Unterschiede. Diese Kontraste stellen bedeutsame Einflussfaktoren für fortlaufende Prozesse auf Ebenen der Wanderungsbewegungen, der Einkommensverhältnisse und der grundsätzlichen Lebens- und Chancenbedingungen der Menschen dar.

Die Friedrich-Ebert-Stiftung hat die voneinander abweichenden Verhältnisse durch die Herausgabe und Veröffentlichung der Studie „Ungleiches Deutschland - Sozioökonomischer Disparitätenbericht 2023“ deutlich sichtbar gemacht. Zu den Schwerpunktinhalten der Studie gehört die Untersuchung der Frage nach Verfestigungen oder Veränderungen von regionalen Unterschieden in den vergangenen Jahren.

Auf der diesjährigen Südwestfalenkonferenz gaben die Vorstellung der gemeinsam von Vera Gohla und Martin Hennicke erstellten Studie sowie die Ableitung von konkreten Ergebnissen für die Region mit ihren fünf Kreisen ebenso wertvolle Impulse für anschließende Fachforen. Die Abgabe von Handlungsempfehlungen für die Politik erweiterte die Grundlage für Diskussionen zusätzlich.

Zum übergeordneten Leitthema „Ungleiches Deutschland – Wie zukunftsfähig ist die Region?“ analysierten Bürger_innen und Vertreter_innen aus Wissenschaft, Verwaltung, Wirtschaft und Politik auf Schloss Herdringen in Arnsberg sachbezogen die Situation. Unter der Leitung von Bundes-, Landes- und Kommunalpolitiker_innen erarbeiteten die Teilnehmer_innen für die Themenbereiche „Kommunen stärken und Daseinsvorsorge sichern“ (Nicole Reschke/Bürgermeisterin Freudenberg), „Armut in strukturschwachen Regionen bekämpfen“ (Gordon Dudas  MdL und Luzia Licina-Bode, MdB), „Energiewende für Angleichung der Lebensverhältnisse nutzen“ (Jens Behrens/SPD-Unterbezirksvorsitzender Soest) und „Dem demographischen begegnen“ (Nezahat Baradari MdB) nach vielfältigen Meinungsaustauschen Lösungsansätze für Südwestfalen.

„Der vorgelegte Disparitätenbericht ist ein angemessener Anlass für die Suche nach Maßnahmen zur Überwindung von Ungleichheiten unterschiedlicher Art“, stimmte Sohel Ahmed vom gastgebenden Landesbüro NRW der Friedrich-Ebert-Stiftung schon in seinen Begrüßungsworten die zahlreichen Teilnehmer_innen auf die Zielsetzung für die Südwestfalenkonferenz ein.

Moderator Dirk Wiese knüpfte in seinem anschließenden Willkommensgruß vor der Präsentation der Studie mit dem Hinweis auf die schon mehrjährige Tradition der Konferenz als geeigneter Rahmen für Denkanstöße und Ideenwerkstatt hin: „Wir stehen nicht nur, aber eben auch in unserer Region vor großen Herausforderungen“, sagte der Stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, „aber wir haben in Südwestfalen auch eine Menge Chancen und Potenziale.“

Studienautor Martin Hennicke skizzierte zur Einführung ins Konferenzthema den Status quo von Südwestfalen im Deutschland-Vergleich als „solide Mitte mit durchschnittlicher Wirtschaftsstärke“. Der Wissenschaftler stellte danach Vor- und Nachteile der Region sowohl in der Gegenwart als für die Zukunft gegenüber.

Als momentane Vorteile der Region nannte Hennicke Indikatoren wie durchschnittliche Bruttogehälter, leicht unterdurchschnittliche Armut, eine zufriedenstellende Wahlbeteiligung, eine durchschnittliche Lebenserwartung sowie eine Versorgung mit Breitbandanschlüssen und Allgemeinmediziner_innen im Bundesmittel. Nachteilig seien hingegen derzeit schon eine deutlich zu geringe Quote an hochqualifizierten Beschäftigten, ein hoher Grad an Abwanderungen und eine kommunale Verschuldung oberhalb des bundesweiten Durchschnitts.

Für die Aufstellung von wirksamen Zukunftsstrategien können laut Hennicke der bereits vorhandene Branchenmix in der Region trotz seiner momentanen Energieintensität, die Innovationsfähigkeit und Gründungsintensität in Wirtschaft und Industrie sowie ein gesundes Verhältnis der Altersgruppen als wichtige und tragfähige Säulen erweisen. Im Gegensatz dazu drohen nach Einschätzung des Forschers Probleme etwa durch wenige Beschäftigte in Wissensberufen, mangelnde Attraktivität für ausländische Fachkräfte, ein für benötigte Fachkräfte unzureichendes Kinderbetreuungsangebot, zu wenige kommunale Zukunftsinvestitionen und Nachbesserungsbedarfe in den Bereichen Mobilität (Schienenerreichbarkeit) und Versorgung mit Erneuerbare Energien. Der Ministerialdirigent a.D. betonte ausdrücklich die Bedeutung sämtlicher Faktoren für die Zukunftsfähigkeit der Region.

Hennickes Co-Autorin Vera Gohla arbeite anschließend mehrere Handlungsempfehlungen heraus. Aus Sicht der Politikwissenschaftlerin sind zuvorderst zur Auflösung vieler Probleme nordrhein-westfälischer Kommunen Programme für den Abbau von Altschulden nach Vorbild anderer Bundesländer sowie eine Bündelung der unübersichtlich vielen Fördermaßnahmen notwendig. Zudem müsse zum effektiven Abbau von Ungleichheit und zur Erfüllung des grundgesetzlichen Anspruchs von gleichwertigen Lebensverhältnissen im ganzen Bundesgebiet abgesehen vom Länderfinanzausgleich zusätzlich wirksame Instrumente benutzt werden.

In weiteren Kategorien riet Gohla zu gerechterer Sozialpolitik inklusive Investitionen in Bildung und Kinderbetreuung. Die Energiewende könnte ihrer Meinung nach in einer Region, die viel natürlichen Raum für Windkraft bietet, durch finanzielle Anreize für die Bevölkerung eine höhere Akzeptanz erfahren. Um wirksam auf Wanderungsbewegungen reagieren zu können, schlug die FES-Referentin die Stärkung regionaler Hochschulstandorte und die Auflegung von Programmen von Rückanwerbeprogrammen für in der Region aufgewachsene oder ausgebildete Menschen vor.

Auf Grundlage von Hennickes und Gohlas Erläuterungen näherten sich die im Vorfeld definierten Fachforen der Fragestellung im Tagungsthema aus verschiedenen Perspektiven. Im Abschlusspanel stellten die Forenleiter die Erkenntnisse, Ideen und auch Wünsche vor.

Das Forum „Kommunen stärken und Daseinsvorsorge sichern“ arbeitete mehrere Ansätze für die unterschiedlichen Problemstellungen heraus. Nicole Reschke nahm dabei den Staat für seine Rolle in der Daseinsvorsorge in die Pflicht. Zur Konsolidierung kommunaler Finanzen standen die Forderungen nach einer Erhöhung des Verbundsatzes über 25 Prozent auf seinen ehemaligen Wert von 28,5 Prozent sowie nach einem wirksamen Entschuldungsprogramm.

Reschke plädierte darüber hinaus für Landesinvestitionen in regionale Kinderbetreuungsangebote, den Abbau von Hindernissen für interkommunale Zusammenarbeit und besonders nachdrücklich für eine Änderung des Grundgesetzes zur verstärkten autonomen Finanzausstattung von Kommunen: „Die Kommunen sind Garanten der Demokratie und wissen auch am besten, wo bereit gestellte Gelder sinnvoll vor Ort eingesetzt werden können.“

Zu einem eindringlichen Appell gestaltete Luiza Licina-Bode den Bericht des Forums „Armut in strukturschwachen Regionen bekämpfen“ um. In Vertretung ihres zu einem kurzfristigen Termin abgereisten SPD-Parteigenossen Gordan Dudas MdL stellte die Fachpolitikerin die Zusammenfassung der Gruppenarbeit als vielvielfältigen Katalog von Vorschlägen und Forderungen dar: „Armut ist nicht nur ein regionales, sondern ein gesamtgesellschaftliches Problem. Im Bereich der Teilhabe herrscht in Deutschland ein krasses Ungleichgewicht.“

Ihr Diskussionskreis regte zum Abbau von Handlungsschwierigkeiten der Kommunen auch bei Investitionen in Bildung junger Menschen eine Zentralisierung von Förderprogrammen an. Außerdem müssen laut Licina-Bode Wissensmängel in armutsgefährdeten Familien über Unterstützungsmaßnahmen beseitigt und vorhandene Mittel zur Armutsbekämpfung zielgerichteter statt nach dem Gießkannen-Prinzip eingesetzt werden. Weitere Handlungsansätze machte das Forum für die Bereiche Mobilität, bezahlbarer Wohnräume und nicht zuletzt im Kampf gegen die Stigmatisierung von Armut. „Wir brauchen eine neue politische Ausrichtung, damit Armut weniger und nicht mehr. Das muss ein prioritäres Thema sein“, resümierte Licina-Bode.

Hohen Stellenwert besitzt die Energiewende nach Einschätzung des Fachforums für die Angleichung der Lebensverhältnisse. Jens Behrens beschrieb die Ansicht der Diskussionsteilnehmer_innen, dass Maßnahmen im Zusammenhang mit der Energiewende regional und dezentral erfolgen sollten, um für die Bürger einerseits die Auswirkungen erlebbar und andererseits monetäre Anreize einfacher gestalten zu können. Gerade Angebote zu entsprechenden Bürgerbeteiligungen müssten jedermann und nicht nur reicheren Schichten zugänglich sein.

Für den Umgang mit dem demografischen Wandel fasste Nezahat Baradari grundsätzliche Thesen zusammen. In einer anzustrebenden „Symbiose aus Erfahrung und Dynamik“ sollten junge Generationen gefördert, aber zugleich auch für praktische Ausbildungsberufe statt Akademikerlaufbahnen gewonnen werden. Auch in diesem Themenbereich kristallisierten sich zentrale Forderungen nach Entbürokratisierung und verstärkten Bemühungen um die Integration von Zuwanderern heraus.

Baradari betonte außerdem vehement die Bedeutung von Sozialpolitik: „Ohne gute Sozialpolitik sind Zusammenhalt und Demokratie gefährdet. Es ist ein Alarmsignal, wenn es heißt, dass der Staat nicht funktioniert.“

Wiese wertete in seinem Abschlussfazit die neuerliche Südwestfalenkonferenz als „Ansporn: Wir dürfen uns in unserer Region nicht auf der soliden Mitte ausruhen, aber es muss auch das Geld dafür kommen, dass es für die Bürgerinnen und Bürger einfacher wird.“

Dietmar Kramer, Journalist


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