Gewerkschaften sind die zentrale Interessenvertretung der Arbeitnehmer_innen und wichtige Kooperationspartner_innen der Friedrich-Ebert-Stiftung. Ihre Geschichte und die Geschichte der Arbeitswelt bilden Schwerpunkte in der historischen Arbeit der Stiftung.
Die Gewerkschaften nehmen seit ihrer Gründung in Deutschland im 19. Jahrhundert als Interessenvertretung von Arbeiterinnen und Arbeitern entscheidenden Einfluss auf Politik, Gesellschaft und Ökonomie.
Die Gewerkschaften waren neben Parteien, Genossenschaften und kulturellen Organisationen ein Standbein der Arbeiterbewegung des 19. und 20. Jahrhunderts. Wichtige Errungenschaften moderner Gesellschaften wie der 8-Stunden-Tag oder die Mitbestimmung auf betrieblicher und Unternehmensebene sind ohne die Gewerkschaften nicht denkbar. Die Zähmung des Kapitalismus und die Demokratisierung der Gesellschaft waren und sind zentrale Anliegen von Gewerkschaften.
Beratung und Kooperation
In diesem breiten Kontext der Arbeiterbewegung stellt die Friedrich-Ebert-Stiftung ihre Arbeit zur Geschichte und Gegenwart der Gewerkschaften. Die Tätigkeit der FES besteht aus den drei Säulen geschichtswissenschaftlicher Forschung, der Geschichtsvermittlung in eine breite Öffentlichkeit sowie der Beratung und Zusammenarbeit mit Gewerkschaften selbst. Im Archiv der sozialen Demokratie befinden sich die Überlieferungen des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) sowie der Mehrzahl der Mitgliedsgewerkschaften des DGB. Diese knapp 20 Kilometer Akten bilden die Grundlage einer Vielzahl von Veranstaltungen und Publikationen der FES.
Die FES kooperiert im Feld der Gewerkschaftsgeschichte mit der Hans-Böckler-Stiftung (HBS). Ziele dieser Zusammenarbeit sind, Forschungen zu gewerkschaftlichen Themen und zur Geschichte der Arbeitswelt(en) anzuregen und zu begleiten, methodisch und mit Themen aus der Arbeitswelt in die Geschichtswissenschaft hineinzuwirken, den Austausch von (gewerkschaftshistorischer) Wissenschaft und aktiver Gewerkschaftspolitik zu fördern sowie die Gewerkschaften in ihrer Geschichtsarbeit zu unterstützen.
Tagungen und Publikationen
Ergebnisse dieser gemeinsamen Anstrengungen sind unter anderem die Organisation der seit 2009 stattfindenden Tagungsreihe „Neue Perspektiven auf die Gewerkschaftsgeschichte“ und das seit 2014 in Kooperation mit den Universitäten Bochum, Bielefeld, Augsburg und Leipzig sowie der Forschungsstelle für Zeitgeschichte in Hamburg ausgerichtete Kolloquium zur „Geschichte der Arbeitswelten und der Gewerkschaften“. Aus einigen dieser Tagungen sind breit rezipierte Sammelbände zum Strukturbruch in der Arbeitswelt und zur Repräsentation von Arbeit hervorgegangen. Daneben verantworten Mitarbeiter_innen der FES die Herausgabe der Quellenedition zur deutschen Gewerkschaftsgeschichte.
Oral History
Seit 2012 arbeitet die FES am Aufbau einer Oral-History-Sammlung, in der Interviews mit Gewerkschafterinnen und Gewerkschaftern für Forschung und politische Bildung zugänglich gemacht werden. Die FES hat mit Unterstützung der HBS hierfür selbst Quellensicherungsprojekte durchgeführt und sie bietet an, Interviews aus anderen Projekten archivisch zu sichern. Die FES ist zudem an der Koordinierung des Netzwerks Oral History beteiligt, einem Zusammenschluss von Oral Historians aus Forschung, Museen, Archiven und Gedenkeinrichtungen.
Die Beratung und Unterstützung der Gewerkschaften in ihrer geschichtspolitischen Arbeit und der Transfer von Wissenschaft in gewerkschaftspolitische Praxis spiegelt sich in gemeinsamen Arbeitskreisen, in der Koordination gewerkschaftlicher Geschichtsprojekte, in Publikationen oder Materialien für die gewerkschaftliche Bildungsarbeit wieder.
Humanisierung der Arbeit
Der Fokus im Feld Geschichte der Arbeitswelten und der Gewerkschaften liegt derzeit auf zwei Themen. Ausgehend von Gegenwartsdebatten um Gute Arbeit und Industrie 4.0 werden erstens historische Forschungen, Tagungen und Publikationen zum Aktions- und Forschungsprogramm „Humanisierung des Arbeitslebens“ der 1970er- und 1980er-Jahre angeregt und gefördert. Zweitens werden Forschungen zur Rolle der Gewerkschaften im Prozess der deutschen Einheit in den Blick genommen. Mit beiden Themen beteiligt sich die FES an der Diskussion um eine Geschichte der Gegenwart.