Marktmacht, Finanzialisierung, Ungleichheit

Wie wirken sich Marktkonzentration und Finanzmarktorientierung auf die Verteilung von Einkommen und insbesondere Vermögen aus?

Vermögen sind in Deutschland sehr ungleich verteilt. Insbesondere Finanzvermögen und Aktienbesitz sind am oberen Rand der Verteilung konzentriert. Mit der Digitalisierung, vornehmlich durch die wachsende Bedeutung von Technologieunternehmen in der deutschen Wirtschaft und deren vergleichsweise starker Finanzmarktorientierung, verschärft sich diese Ungleichheit weiter. Der Grund ist, dass die höheren Ausschüttungen und Bewertungsgewinne auf den Finanzmärkten durch ihren Aktienbesitz hauptsächlich den reichsten zehn oder fünf Prozent der Haushalte zufließen.

Finanzvermögen und Aktienbesitz konzentrieren sich am oberen Rand

Deutschland gehört zu jenen Ländern Europas, in denen die Vermögen sehr ungleich verteilt sind (Rehm/Schnetzer 2015). Während sich das Bild der Mittelschichtsgesellschaft zumindest weitgehend in der Einkommensverteilung widerspiegelt, trifft es auf die Verteilung der Vermögen absolut nicht zu. Die Vermögen konzentrieren sich sehr stark am oberen Rand unserer Gesellschaft (vgl. Abbildung).

Noch ungleicher ist der Aktienbesitz verteilt. In Deutschland halten nur elf Prozent aller Haushalte direkt Aktien; unter den vermögendsten zehn Prozent liegt dieser Anteil jedoch bei 36 Prozent (Deutsche Bundesbank 2019). Ein ähnliches Bild zeigt sich auch in der EU: Während nur vier Prozent der unteren Hälfte aller Haushalte in der Eurozone überhaupt Aktien besitzen, sind es bei den reichsten fünf Prozent der Haushalte etwa 35 Prozent (Rehm/Schnetzer 2015).

Finanzmarktorientierung verschärft Vermögensungleichheit

Wenn also im Zuge der Digitalisierung – wie unsere Ergebnisse zeigen – die Bedeutung von technologieorientierten Unternehmen in der deutschen Wirtschaft wächst, diese Unternehmen an der Börse höher bewertet werden und mehr Dividenden ausschütten als traditionelle Unternehmen, dann profitieren hiervon vor allem bereits sehr wohlhabende Haushalte. Weitere Phänomene der Finanzmarktorientierung von Unternehmen, die wir in unserer Studie nicht analysieren konnten, wie z. B. die strategische Kurspflege durch Aktien-Rückkaufprogramme und damit verbunden die steigende Bewertung der Unternehmen, können die Ungleichverteilung weiter befeuern. Sollten sich die Trends der Marktkonzentration und Finanzmarktorientierung fortsetzen, dann bedeutet das, dass die (Vermögens-)Gewinne, die aus der Digitalisierung der deutschen Wirtschaft resultieren, fast ausschließlich den reichsten zehn bis fünf Prozent der Haushalte zufließen, denn nur sie besitzen nennenswerte Aktienvermögen.

Literaturverzeichnis

Deutsche Bundesbank 2019: Vermögen und Finanzen privater Haushalte in Deutschland: Ergebnisse der Vermögensbefragung 2017, Monatsbericht April 2019, S. 13–44.
Rehm, Miriam; Schnetzer, Matthias 2015: Property and Power: Lessons from Piketty and New Insights from the HFCS, European Journal of Economics and Economic Policies: Intervention 12 (2), S. 204–219, doi.org/10.4337/ejeep.2015.02.06 (9.10.2019).

Autor_innen:

Benjamin Ferschli, Miriam Rehm, Matthias Schnetzer, Stella Zilian


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