Die feministische Außenpolitik in Deutschland
Die Bundesregierung bekennt sich im Koalitionsvertrag zu einer „feminist foreign policy“. Darin werden, anknüpfend an die UN-Resolution „Frauen, Frieden, Sicherheit“ von 2000, die Stärkung von Repräsentanz, Rechten und Ressourcen (3R) für Frauen und Mädchen als Kernziele für eine feministische Außenpolitik genannt. Hinzu kommt ein „D“ für Diversität – so wird mittlerweile von einem „3R+D“-Modell gesprochen.
Die Bundesregierung will Diversität in ihrer feministischen Außenpolitik gesamtgesellschaftlich mitdenken und hat dies auch als Ziel der nationalen Sicherheitsstrategie etabliert. So heißt es in dem im Juni 2023 von der Bundesregierung veröffentlichten Dokument zur nationalen Sicherheitsstrategie: „Wir betreiben eine aktive Menschenrechtspolitik und fördern die Beseitigung diskriminierender Machtstrukturen sowie Teilhabe und Diversität. Wo Menschenrechte geschützt werden, sind Krisen und Kriege weniger wahrscheinlich.“ Das soll in allen gesellschaftlichen Bereichen zu mehr Geschlechtergerechtigkeit führen und eine gleichberechtigte gesellschaftliche Teilhabe und Partizipation begünstigen. Zudem sollen Frauen gezielter in Friedensverhandlungen und Konfliktlösungsbemühungen einbezogen werden.
Auch in der Entwicklungspolitik der Bundesrepublik stehen die Zeichen auf Feminismus: Entwicklungsministerin Svenja Schulze betont die Wichtigkeit einer feministischen Entwicklungspolitik. So soll die Rolle von Frauen und Mädchen in Entwicklungsländern allgemein gestärkt werden. Darüber hinaus setzt die Ministerin auf Einbezug von Frauen in Entwicklungsprojekte und die Förderung ihrer Erwerbstätigkeit. Dass man diese Themen in den betreffenden Ländern in erster Linie mit Männern verhandeln müssen, mache nichts, solange man die Entwicklung insgesamt in die richtige Richtung lenke.
Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) hat dazu im März 2023 eine neue Strategie vorgestellt, die einen transformativen Gedanken zur Überwindung diskriminierender Machtstrukturen mit folgenden Leitlinien und Handlungsfeldern verfolgt: „die Verwirklichung der Rechte von Frauen und marginalisierten Gruppen, die Sicherstellung ihres Zugangs zu Ressourcen und die Förderung ihrer Repräsentanz (Handlungsfeld 1), die Verankerung des feministischen Ansatzes über das BMZ-Portfolio hinweg (Handlungsfeld 2), die Stärkung feministischer Entwicklungspolitik in internationalen Allianzen (Handlungsfeld 3) sowie die Weiterentwicklung eigener Strukturen und Arbeitsweisen im Sinne einer feministischen Entwicklungspolitik (Handlungsfeld 4).“
Außenministerin Annalena Baerbock rückt feministische Außenpolitik immer wieder in den Fokus und betont, dass diese für Deutschland nicht nur eine moralische Notwendigkeit, sondern auch ein strategisches Gebot sei. Bemühungen in Richtung Empowerment von Frauen hätten schließlich gezeigt, dass die Gleichstellung der Geschlechter einen entscheidenden, positiven Einfluss auf Frieden, Sicherheit und soziale Entwicklung habe. Demnach könne durch eine feministische Außenpolitik auch das Wirtschaftswachstum indirekt mit angekurbelt werden. Die feministische Außenpolitik, so Außenministerin Annalena Baerbock, sei mehr als nur ein „Frauenthema“, käme jedem zugute und gehöre unbedingt zu einer Sicherheitspolitik des 21. Jahrhunderts.
Das Auswärtige Amt plant demnach, das Thema mehr denn je voranzutreiben: Es solle konkrete „Projekte zum Schutz vor geschlechtsbasierter Gewalt, für die Bildung von Mädchen und jungen Frauen und für die Förderung von Unternehmerinnen“ geben. All dies könne bei der Arbeit der Bundesregierung stets mitgedacht werden. Dazu wurden Anfang Februar 2023 Leitlinien für feministische Außenpolitik veröffentlicht. Gemeinsam mit internationalen Expert_innen sowie Ansprechpartner_innen aus der Zivilgesellschaft wurden darin die Eckpfeiler einer deutschen, feministischen Außenpolitik definiert. In insgesamt 10 Leitlinien erklärt das Auswärtige Amt, wie es zukünftig die Perspektive von Frauen und marginalisierten Gruppen in seine Arbeit einbeziehen will.