Die Zeitung „Der Märker“ wird herausgegeben
Neben dem Wiederaufbau der Partei forcierten die Sozialdemokrat:innen Anstrengungen zur Herausgabe einer SPD-Zeitung für die Mark Brandenburg. Mit parteieigenen Printmedien sollten offizielle Verlautbarungen der SPD-Führung und des Bezirksverbandes veröffentlicht, Kreisverbände und Ortsgruppen angeleitet und informiert sowie neue Mitglieder gewonnen werden. Die Parteiführung beabsichtigte zudem, mit Hilfe einer SPD-eigenen Presse das programmatische Profil der Sozialdemokratie in der Öffentlichkeit bekannt zu machen und sich damit deutlich von anderen Parteien, insbesondere von der KPD, abzugrenzen. Die Besatzungsmacht genehmigte jedoch die Herausgabe von SPD-Zeitungen erst, als die KPD bereits in vier von fünf Ländern und Provinzen der SBZ eigene Zeitungen publizierte.
Trotz gewisser Erfolge war die sozialdemokratische Pressearbeit nicht einfach. Partiell waren die Schwierigkeiten „hausgemacht“. Es gab Probleme bei der Berichterstattung und dem Transport sowie bei der Verteilung der Zeitung. Andererseits musste die brandenburgische Parteiführung eine geringe Auflagenhöhe akzeptieren, die von der SMA vorgegeben worden war. Schwer wogen auch Eingriffe sowjetischer Presseoffiziere in die journalistische Arbeit der Zeitungsredaktion.
Der Aktionsausschuss wird ins Leben gerufen
Mit Blick auf die am 19. Juni 1945 zwischen Ulbricht und seinen KPD-Genoss:innen und dem Zentralausschuss der SPD in Berlin vereinbarte Aktionseinheit beider Arbeiterparteien in der sowjetischen Besatzungszone loteten Sozialdemokrat:innen und Kommunist:innen auch in der Mark Brandenburg eine Zusammenarbeit aus. Da es auf beiden Seiten, trotz formulierten Willens zur Einigung, grundlegend an Vertrauen fehlte, konnten sich die Verantwortlichen auf zentraler Provinzebene erst am 1. September auf ein gemeinsames Arbeitsgremium verständigen.
Auch wenn lediglich ein „Arbeitsausschuss“gegründet worden war, versuchte die KPD in der öffentlichen Berichterstattung den Eindruck zu erwecken, als hätten sich die Arbeiterparteien zu diesem frühen Zeitpunkt auf die Bildung eines „Einheitsausschusses“verständigt. Im Zuge der Besprechungen zur Bildung des Arbeitsausschusses formulierten die Kommunist:innen den Zusammenschluss als Fernziel und setzten sich schlussendlich bei den Sozialdemokrat:innen durch. Denn bereits in dieser Phase forcierten die kommunistische Führungsspitze und die sowjetwische Militäradministration die Kampagne zur Einheit der beiden Arbeiterparteien in der SBZ. Ein wesentlicher Grund für den Sinneswandel waren die sich ab Spätsommer 1945 immer stärker abzeichnenden Vorbehalte der Sozialdemokrat:innen gegen den Zusammenschluss. Obzwar die organisatorische Verschmelzung als Ziel schriftlich fixiert wurde, gelang Ebert und Spiegel dennoch ein Teilerfolg: Der Aufruf schrieb die organisatorische Eigenständigkeit von KPD und SPD fest.
Auf der Suche nach einer Zusammenarbeit
Grundsätzlich standen viele Sozialdemokrat:innen in den Ortsvereinen dem Einheitsbestreben positiv gegenüber. In den Regionen und Kommunen, wo sich die Mitglieder von SPD und KPD aus der Zeit der Kämpfe in der Weimarer Republik kannten und weiterhin grundsätzliche Ressentiments pflegten, entzündeten sich die Konflikte jedoch daran, dass Kommunist:innen vielerorts nicht willens waren, ihre Hegemonie aufzugeben. Sozialdemokrat:innen beklagten die fehlende Zusammenarbeit unter gleichberechtigten Partnern. Auch die Besetzung wichtiger Positionen in den Verwaltungsstellen ausschließlich durch KPD-Mitglieder wurde moniert. Häufig stellten die örtlichen Verantwortlichen der KPD – mit Billigung der sowjetischen Militärkommandanturen – das vereinbarte Prinzip in Frage, maßgebliche Stellen in öffentlichen Verwaltungen paritätisch mit Mitgliedern beider Parteien zu besetzen und den enteigneten Grund und Boden in diesem Sinne zu verteilen.
So ist es keine Überraschung, dass Sozialdemokrat:innen eine Förderung von Einheitsbestrebungen nicht als das Kernelement der vereinbarten Aktionseinheit ansahen, sondern die Zusammenarbeit von SPD und KPD auf der Basis von Gleichberechtigung und Vertrauen zu vertiefen suchten. Zugleich wurden innerhalb der Sozialdemokratischen Partei divergente Auffassungen zur Frage des Zusammenschlusses mit der KPD deutlich. Nicht nur der Zeitpunkt der Vereinigung war strittig, sondern in den Parteigliederungen wurde auch über eine fortwährende Eigenständigkeit der SPD debattiert.
Die Kommunist:innen dagegen störten sich zunehmend an den allzu selbstbewusst vorgetragenen Stellungnahmen von SPD-Funktionär:innen zum Sieg der Labour-Party bei den Unterhauswahlen im Juli 1945. Sie argwöhnten wohl nicht zu Unrecht, dass die Wahlergebnisse in Großbritannien für Sozialdemokrat:innen Anlass waren, nicht nur das Verhältnis ihrer Partei zur KPD neu zu justieren, sondern es zudem ablehnten, weitere Schritte in Richtung Einheit zu gehen. Der Ausgang der Wahlen in Ungarn und Österreich im Herbst stärkte das Selbstbewusstsein der Sozialdemokrat:innen. Unverblümt stellten sie mit Verweis auf zukünftige Wahlen, bei denen die SPD ihre Rolle als die führende Partei unter Beweis stellen würde, den kommunistischen Hegemonialanspruch in Frage. Und nicht ohne Stolz verwiesen sie auf die Tatsache, dass es der SPD in der sowjetischen Besatzungszone gelungen war, mehr Mitglieder zu gewinnen als die KPD.
„Rechtsabweichlertum“ und andere Vorwürfe
Kommunistische Funktionär:innen und SMA machten in dieser Situation nicht Halt vor Verleumdungen. Dabei stützten sie sich auf den Vorwurf der „Rechtsentwicklung“ und des „Rechtsabweichlertums“. Bereits in der Weimarer Republik bedienten sich die Kommunist:innen dieser These im Kampf gegen die „Sozialfaschisten“ von der SPD. Die Einordnung in rechts und links entsprach dem argumentativen Grundmuster der KPD, dass die SPD keine Lehren aus der Geschichte gezogen habe. Kriterium für die Einteilung war die Haltung zur Frage der organisatorischen Einheit beider Parteien. Skeptiker:innen wurden des Verrats an der Sache der Arbeiterklasse bezichtigt.
Im Zentrum der Angriffe der brandenburger KPD-Spitze stand Friedrich Ebert, der als ältester Sohn des ersten Reichspräsidenten der Weimarer Republik Ansehen unter der sozialdemokratischen Anhängerschaft in der Region besaß. Das Verhältnis der brandenburgischen KPD-Funktionär:innen zu Ebert änderte sich erst ab Februar 1946, zu einem Zeitpunkt, als dieser sich zur organisatorischen Verschmelzung von KPD und SPD in der sowjetischen Besatzungszone bekannte. Dennoch blieb ein Grundmisstrauen bei der kommunistischen Führung zurück, welches einige Jahre später vermutlich auch ein Motiv war – im Kampf gegen den sogenannten Sozialdemokratismus – parteiinterne Untersuchungen gegen Ebert einzuleiten.
René Schroeder
Wie der Vereinigungsprozess weiterging, lesen Sie im nächsten Teil des Blogbeitrags.
Quellen und Literatur:
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Gabert, Josef/Krusch, Hans-Joachim/Malycha, Andreas (Hg.): Einheitsdrang oder Zwangsvereinigung? Die Sechziger-Konferenzen von KPD und SPD 1945 und 1946, Berlin 1990.
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Ribbe, Wolfgang: Das Land Brandenburg in der SBZ/DDR (1945 bis 1952), in: Materna, Ingo/Ribbe, Wolfgang (Hg.): Brandenburgische Geschichte, Berlin 1995, S. 677–726.
Rosner, Fanny/Schiel, Ilse/Voßke, Heinz (Hg.): Vereint sind wir alles – Erinnerungen an die Gründung der SED, 2. Auflage, (Ost-)Berlin 1971.
Schroeder, René: Friedrich Ebert (1894-1979) – Ein Leben im Schatten des Vaters, Berlin 2021.
Strunk, Peter: Zensur und Zensoren – Medienkontrolle und Propagandapolitik unter sowjetischer Besatzungsherrschaft in Deutschland, Berlin 1996.