Bildung und Wissenschaft

Schulleitungen stärken und professionalisieren

Schulleiterinnen und Schulleiter haben eine Schlüsselrolle, wenn es um die Umsetzung von Qualität und Innovationen geht. Aber sie werden in Veränderungsprozesse oft zu wenig eingebunden. Der Think Tank „Schule leiten“ fordert jetzt die Kultusministerkonferenz auf, das zu ändern – und präsentiert sieben Thesen, wie Schulleitungen gestärkt werden könnten.

In den vergangenen zwei Jahrzehnten hat die KMK viele Anstrengungen unternommen, um die Schulqualität zu steigern und die Schulen zukunftsfähig aufzustellen. Aber ist es ihr gelungen? Der aktuelle IQB-Bildungstrend bescheinigt dem deutschen Bildungswesen wieder schwache Lernleistungen und Bildungsungerechtigkeit. Wissenschaftler:innen und Öffentlichkeit beklagen einen Innovationsstau. Einer der Gründe könnte darin liegen, dass die Menschen, die die Veränderungen in Leitungsverantwortung umsetzen sollen, zu wenig in den Blick genommen wurden. Es gibt länderübergreifende Standards für die erwarteten Schüler:innenleistungen und für die Lehrer:innenbildung in den Bildungswissenschaften sowie vielfältige Empfehlungen zum Beispiel für das Lehren und Lernen in der digitalen Welt. Aber für die Arbeit von Schulleitungen, für ihre Ausbildung, Auswahl und die Rahmenbedingungen ihrer Arbeit hat jedes Bundesland eigene Regeln aufgestellt. Dabei hängt es entscheidend von ihrer Arbeit ab, ob Schul- und Unterrichtsentwicklung an einer Schule erfolgreich sind.


Warum Schulleitungen wichtig sind

Schulleitungen besetzen eine Schlüsselrolle, wenn es darum geht, die Qualität der schulischen Bildung an Schulen zu gewährleisten. Denn die Anforderungen an schulisches Lernen ändern sich mit wachsender Geschwindigkeit, und die Schulleitungen müssen den Wandel der Institution nach innen und außen gestalten und managen. Sie sind im Idealfall gute Pädagog:innen und gute Führungskräfte zugleich; sie motivieren und schaffen Vertrauen, sorgen für klare Ziele und überprüfen, ob diese auch erreicht werden. Sie organisieren Entwicklungsprozesse, fördern die Kooperation im Kollegium und sorgen für die notwendige Transparenz in alle Richtungen. Ihre Arbeit ist geprägt von einer Vision guter Schule, bei der das Lernen und das Wohlergehen der Schülerinnen und Schüler im Mittelpunkt stehen. Von ihrer Kompetenz und Überzeugungskraft hängt es ab, ob es gelingt, den Innovationsrückstand an deutschen Schulen aufzuholen, allen Schülerinnen und Schüler angemessene Bildungschancen zu gewähren und eine zukunftsfähige, der neuen digitalen Welt angemessene Lernkultur zu etablieren.

Aus all diesen Gründen ist es aus Sicht des „Think Tanks“ unabdingbar, die Schulleitungen bei ihrer herausfordernden Arbeit umfassend zu unterstützen, sie zu stärken, zu professionalisieren und ihre Expertise in zukünftige Veränderungsprozesse einzubeziehen. Das Gremium aus Expertinnen und Experten aus der Praxis, der Wissenschaft und der Bildungsverwaltung hat sieben Thesen vorgelegt, wie Schulleitungen gestärkt werden können. Es fordert die KMK auf, eine länderübergreifende Strategie zur Professionalisierung von Schulleitungen zu erarbeiten.


Konkrete Vorschläge für die Stärkung von Schulleitungen

  • Die Aufgaben von Schulleitungsteams sollten sich am Leitbild einer guten Schule nach den Qualitätsbereichen des Deutschen Schulpreises orientieren. Wichtig ist unter anderem eine systematische Nachwuchsförderung. Dazu gehört auch, dass interessierte Lehrkräfte schon früh die Möglichkeit bekommen sollen, Führungsaufgaben zu übernehmen, auch in Teilzeit.
     
  • Eine passgenaue Auswahl von Leitungskräften ist ein wesentlicher Schlüssel für deren Erfolg, weil falsche Auswahlentscheidungen hohe Personalentwicklungskosten nach sich ziehen und zu vielfältigen Konflikten führen, die die Schul- und Unterrichtsentwicklung an einer Schule über lange Zeit behindern können. Um das zu vermeiden, bedarf es transparenter Kriterien und Verfahren, wobei die Leistung der Bewerber/innen wichtiger sein sollte als die bereits erreichte Gehaltsstufe.
     
  • Eine – möglichst berufsbegleitende – Ausbildung sollte für alle zukünftigen Führungskräfte verbindlich stattfinden, ebenso wie eine systematische Weiterbildung, gerade weil sich die Anforderungen an Leitungskräfte fortlaufend ändern. Darüber hinaus sollten Schulleitungen regelhaft die Möglichkeit haben, Supervision oder Coaching zu erhalten. Aus- und Fortbildung müssen regelmäßig evaluiert und weiterentwickelt werden. 
     
  • Nötig sind verlässliche Rahmenbedingungen für die Führung in einer Schule der Zukunft. Dazu gehört unter anderem genug Zeit für Leitungsaufgaben, sowie die Einbeziehung anderer Professionen für die Verwaltungsleitung und IT-Administration.
     
  • Mit der geforderten Eigenverantwortung der Schule muss auch das Zusammenspiel zwischen Schulleitung und Schulaufsicht neu und entlang klarer Standards und Verfahren definiert werden. Es bedarf einer neuen Balance in der Kooperation und klarer Vereinbarungen zu Zielen und Konzepten sowie gegenseitiges Feedback.



Breite Unterstützung der Thesen

Das im September veröffentliche Thesenpapier des „Think Tanks“ wird unterstützt von namhaften Wissenschaftler:innen, Schulleitungsmitgliedern von Preisträgerschulen des Deutschen Schulpreises sowie Vertreter:innen der Bildungsadministration. Darunter sind die Hochschullehrenden Manfred Prenzel, Eckhard Klieme, Klaus Hurrelmann und Anne Sliwka ebenso wie ehemals Verantwortliche für den Bildungsbereich wie Ministerin Sylvia Löhrmann, die Staatssekretäre Michael Voges, Mark Rackles und Burkhard Jungkamp sowie Leitungen von Landes- und Qualitätsinstituten. Vor allem aber unterstützen viele Schulleiterinnen und Schulleiter von Schulpreisschulen die Initiative. Sie wissen am besten, wie gute Schule gelingen kann, aber auch, welche Hindernisse es dafür in Deutschland immer noch gibt.


Was macht die KMK?

In vielen Bundesländern gibt es bereits vielversprechende Ansätze und gute Beispiele zu den im Thesenpapier genannten Themen und Vorschlägen. Aber bislang mangelt es an einer länderübergreifenden Strategie. Hier ist die KMK gefragt, die bereits viele länderübergreifende Standards für den Bildungsbereich entwickelt hat, zum Beispiel zur Digitalisierung oder für die Gestaltung des Ganztags. Die KMK ist nun aufgefordert, mit Unterstützung ihrer Ständigen Wissenschaftlichen Kommission zukunftsorientierte Qualitätsstandards und eine Professionalisierungsstrategie für die Arbeit von Schulleitungen zu entwickeln, deren Arbeit durch angemessene Rahmenbedingungen in den einzelnen Ländern systematisch zu unterstützen und die Expertise von Schulleitungen bei allen anstehenden Reformen partizipativ einzubeziehen.

 


 

Cornelia v. Ilsemann

war Leiterin des Schulausschusses der Kultusministerkonferenz. Außerdem hat die ehemalige Lehrerin die Bildungsabteilung bei der Senatorin für Bildung und Wissenschaft in Bremen geleitet.


Dr. Jochen Schnack

istRedaktionsleiter der Zeitschrift „Pädagogik“ und ehemaliger Schulleiter der Deutschen Internationalen Schule in Boston, USA.


Bildungs- und Hochschulpolitik
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