JournalistenAkademie

Workshops

Die Auslandsreportage mit Arnim Stauth

"Es gibt einfach keine Sicherheit"

Seit fast 25 Jahren arbeitet Arnim Stauth inzwischen für den WDR. Darunter zahlreiche Reportagen aus Krisen- und Kriegsgebieten, u.a. aus Afghanistan und dem Irak, die mehrfach ausgezeichnet wurden.

Von Nicolas Schweers

Afghanistan, Ende 2001. Die Taliban haben sich den US-Streitkräften ergeben. Eine Gruppe von rund 400 Kämpfern will sich der Nordallianz stellen. Als dann plötzlich eine Granate explodiert und die Wachen zu Gejagten werden, ist der Journalist Arnim Stauth mittendrin. Und muss um sein Leben rennen. Dabei arbeitete Stauth zunächst als klassischer Auslandskorrespondent für die ARD. Als er im Dezember 1994 im Studio Moskau anfing, brach der Tschetschenien-Krieg aus. Stauth musste zum ersten Mal an die Front. "Dabei hatte ich damals keine Ahnung."

Auslandsreporter – ein Traumjob denken viele. Für Stauth auch ein anstrengender Beruf. In Monte Carlo wurde er für seine Reportage aus Afghanistan ausgezeichnet. "Als ich dann im Smoking auf dieser dekadenten Gala stand, kam mir alles so absurd vor: der Schweiß, der Dreck und die schlaflosen Nächte", erzählt Stauth. Ein typischer Arbeitstag verlangt dem Journalisten einiges ab. Der Tag beginnt mit einer Schalte für das Morgenmagazin. Dann geht es raus zur Recherche. "Tagsüber will ich an keiner Schüssel rumstehen, sonst habe ich am Abend keine Story." Um 17 Uhr, spätestens aber um 20 Uhr beliefert Stauth die Tagesschau, dazwischen muss er Agenturmaterial sichten und schneiden. "Dann kommen die Tagesthemen mit einem Live-Interview und eventuell noch das Nachtmagazin. Gegen drei Uhr findet Stauth dann Schlaf. "Zwei Monate Kuwait und Irak gehen da schon an die Substanz."

Für viele Zuschauer sind seine Bilder von Toten und Verletzten unerträglich. Genau deshalb zeigt sie Stauth – neben Hintergrund und Fakten. "Tot und Verstümmelung sind in Deutschland zu weit weg. Wir müssen schockieren, wenigstens ein bisschen." Journalisten sollten den Krieg in allen Facetten zeigen, gerade die Folgen für die Opfer müssten klar werden. Das schreiende Mädchen aus Vietnam zeigte mit aller Deutlichkeit, wie wichtig solche Bilder sind. "Kriege können an der Medienfront gewonnen oder verloren werden", sagt Stauth. Ein Umstand, den alle Gruppen eines Krieges gerne für sich nutzen möchten.

Während seiner Zeit in der brennenden Festung der Nordallianz teilte sich Stauth ein Zelt mit den Kämpfern. "Da menschelt es schon, aber man muss beide Seiten eines Konfliktes zeigen, egal für wen man mehr Sympathie hegt." Die politische Berichterstattung dürfe nicht leiden.

Ob nun Rebellen oder Koalitionstruppen – alle versuchen die öffentliche Meinung zu beeinflussen und zu manipulieren. "Das US-Militär plant die Medienstrategie inzwischen so genau, wie den Feldzug selbst", sagt der erfahrene Reporter. Als Stauth 2003 aus dem Irak berichtet, dürfen die Medien nur aus dem benachbarten Kuwait zuschauen. "Ab und an gab es eine organisierte Butterfahrt ins Kriegsgebiet. An einem Tag wurde uns gezeigt, wie die britische Marine 200 Tonnen Hilfsgüter anliefert – Dass vor dem Krieg jeden Tag rund 8000 Tonnen Nahrungsmittel in dem Hafen ankamen, wurde uns verschwiegen." Misstrauen und Sachkenntnis seien gerade in der Krisenberichterstattung unerlässlich.

Ebenso sei Vorsicht unentbehrlich. "Im Krieg macht es keinen Unterschied, auch westliche Journalisten werden getötet", sagt Stauth. Für seinen ARD-Beitrag aus der umkämpfen Festung der Nordallianz verwendete er auch Bilder eines jungen französischen Journalisten. "Der hat sein Material unter Lebensgefahr gedreht", sagt Stauth. Für ihn kommt diese Art der Frontberichterstattung nicht mehr in Frage. "Zu viele Kollegen, darunter auch Freunde, zahlen ihren Einsatz mit dem Leben. Ich habe Familie, eine Tochter."

Stauths drastische Beträge sorgten auch für ein Umdenken in der ARD. Bevor es in Krisengebiete geht, absolvieren die Reporter jetzt Trainings. Gemeinsam mit der Bundeswehr werden Gefahrensituationen am Checkpoint oder auch das richtige Verhalten bei Geiselnahmen durchgespielt. Keine noch so gute Vorbereitung ersetze jedoch den gesunden Menschenverstand. "Die größte Gefahr lauert oft dort, wo man sie gerade nicht vermutet", sagt Stauth. Konzentriertes Arbeiten helfe zwar mit der Angst umzugehen, sie bleibe aber ständiger Begleiter. "Ich habe inzwischen mehr Angst als zu Beginn meiner Arbeit. Es gibt einfach keine Sicherheit."

Story-telling und Textgestaltung mit Roman Heflik

Szenen beschreiben, statt Adjektive aufschreiben

Workshop: Storytelling und Textgestaltung

Von Christina Quast

Eine misslungene Reportage über die Hamburger Theaterszene hat Roman Heflik mitgebracht, um Tipps fürs Texten zu geben. Eifrig beginnen die Teilnehmer des Workshops "Storytelling und Textgestaltung" den Text zu kritisieren, zu diskutieren und umzustellen, so dass der Politikreporter des Hamburger Abendblatt beinahe bremsen muss: "Kurze oder lange, geschwungene Sätze - das ist Geschmackssache." Heflik hat Reportagen für die Online-Ausgaben von Spiegel, Zeit und Stern geschrieben. Auch der mitgebrachte Text ist zu retten, wenn typische Fehler ausgebügelt werden.

Um die richtigen Bilder im Kopf des Leser entstehen zu lassen, muss der Autor passende Szenen beschreiben. "Durch die Geschichte sollte deutlich werden, welche Aussage ich treffen will", findet Roman Heflik. Beim Aufbau lässt die Reportage sonst viele Wege offen: chronologisch oder geographisch, mit Rückblenden oder als Gegenschnitt. Doch eine gut strukturierte Reportage sollte auch gelesen werden, deshalb kritisiert der Journalist die nichtssagenden Zwischenzeilen im Theater-Artikel: "Das sind Hilfsmittel, um einen Text aufzulockern, also müssen sie reinzischen." Vor allem die Überschrift sollte nicht abgenudelt oder übertrieben formuliert sein, deshalb rät der Journalist: "Der erste Gedanke ist nicht immer der beste. Man sollte noch nach anderen Ausdrücken suchen - erst wenn das krampfig wird, ist die erste Variante wohl besser."

"Ein Zeichen von Faulheit" nennt es Roman Heflik, wenn in einer Reportage viele Adjektive verwendet werden, denn wer richtig beschreibt kann auf diese Wörter meist verzichten. "Wenn Verben der Muskel des Satzes sind, dann sind Adjektive der Zucker, der schnell Karies verursacht." Mit dieser Aussage landet der Journalist unfreiwillig beim nächsten Fehler: den schiefen Bildern. Nachdem Roman Heflik seine Liste der gröbsten Fehler durch gegangen ist, zeigt er an "Ich will nur fröhliche Musik" www.zeit.de/2005/50/Sterbehilfe (Zeit online), "Der Milchkrieg" www.stern.de/wirtschaft/news/maerkte/preisverfall-der-milchkrieg-1503422.html (stern.de) und "Hoffmanns Blick auf die Welt" www.zeit.de/2006/48/Hoffmanns_Blick_auf_die_Welt (Zeit online), wie sich Geschichten gut und spannend erzählen lassen.

FES-Workshop: Investigativer Journalismus

Von Christoph Koitka

Ingolf Gritschneder gibt gleich zu Beginn Entwarnung: "Sie werden hier nicht mit Power-Point traktiert. Es soll eine ganz lockere Runde sein." Ein Anachronismus. Verstohlene Blicke der Teilnehmer. Eine Präsentation ohne die beliebte Software? Die Nachwuchsjournalisten sind gespannt. Doch was Gritschneder zu erzählen hat, ist nicht angestaubt und von gestern, sondern topaktuell. Seine Geschichten sind fesselnd und spannend bis zum letzten Atemzug. Das ist kein Wunder: Ingolf Gritschneder ist der Mann für Geschichten.

Mit einem Klischee muss er allerdings aufräumen. Keine Dunkelmänner kontaktieren ihn per Telefon oder spielen ihm geheime Dokumente zu. "Das ist zumindest nicht die Regel", lacht er. Stattdessen muss Gritschneder seine Geschichten "ausgraben". Dabei gilt es, von Anfang an auf’s Ganze zu gehen. "Wenn ich das Gefühl habe, hinter einer Geschichte steckt mehr, muss ich aus dem ersten Gespräch soviel wie möglich herauskitzeln", weiß er. "Es kann nur das Kriterium sein: Kommt am Ende eine gute Geschichte heraus?" Von denen hat er im Laufe seiner Karriere so einige gesammelt. Das gehört für einen guten Investigativ-Journalisten unweigerlich dazu, mit der Erfahrung wächst auch das Renommee. Aber was heißt das eigentlich, investigativ? Außer einer diffusen Ahnung von verdeckten und schwierigen Recherchen können die Teilnehmer mit dem Begriff nicht viel anfangen. Drohanrufe werden vermutet, Grenzen vielleicht überschritten? Gritschneder klärt auf: "Investigativer Journalismus ist nichts anderes als strukturierte, tiefgehende und planvolle Recherche." Und damit eigentlich Bestandteil jeglicher Pressearbeit. Die Faszination liegt für den Profi in der Abwechslung: "Jede Geschichte ist anders." In keinem Bereich des Journalismus ist zudem eine derart große Menschenkenntnis Pflicht. "Es gibt tausenderlei Wege, Leute zu finden", diese Erfahrung hat Gritschneder gemacht. Ob sie bereit sind, ihr Wissen zu teilen, "ist letztlich eine Vertrauenssache." Vertrauen gewinnen, ausbauen und erhalten- das ist die große Kunst. "Die Informanten möchte man schließlich nicht nur einmal fragen können", erklärt der erfahrene Journalist. "Außerdem spricht sich herum, wer verschwiegen ist und wer nicht." Oft gleicht die Arbeit daher einem Drahtseilakt. Nerven dick wie Drahtseile muss Ingolf Gritschneders Ehefrau haben: "Firmen und Menschen, denen ich mit unbequemen Recherchen zu nahe gekommen bin, haben durchaus auch schon Drohanrufe bei mir getätigt", weiß der Recherche-Profi zu berichten. Auch Klagen flatterten schon ins Haus. "Davon darf man sich aber gar nicht entmutigen lassen", gibt er sich selbstbewusst. "Letztlich bin ich froh, dass ich recherchieren darf." Doch auch im Journalismus ist aller Anfang schwer: "Am Anfang der Wegstrecke muss man investieren und Geschichten machen, die sich vielleicht nicht in Mark und Pfennig rechnen." Daher noch einmal der Abschlusstipp vom Profi: "Man muss die Sachen ausgraben, die Quellen prüfen und seine Geschichte für das Ganze stehen lassen." Ein hartes Stück Arbeit, doch mit dem Workshop im Rücken wird die investigative Landschaft Deutschlands wohl bald einige Vertreter mehr haben…

Wege in den Nachrichtenjournalismus mit Heike Keuthen

Dem Olymp ein Schritt näher: Ein Nachmittag mit Heike Keuthen

Von Christoph Henrichs

Heike Keuthen, Nachrichtenredakteurin bei ARD Aktuell, hat schon viel erlebt. Die zweifellos aufreibendste und intensivste Zeit verbrachte sie zwei Jahre lang im Irak, von wo aus sie Nachrichtensender wie N24 und N-TV mit Neuigkeiten belieferte. Da hat man kein Privatleben, ist "24/7" auf Abruf. Seit einiger Zeit genießt sie nun geregelte Arbeitszeiten und einen eigenen Schreibtisch in einem bequemen Büro mit festen Kollegen. Und sitzt auf einer Traumposition, an der Quelle für seriösen Nachrichtenjournalismus.

Ihre Aufgabe liegt unter anderem darin, "die 20 Uhr" vorzubereiten. So nennt man offenbar liebevoll die berühmteste und beliebteste Nachrichtensendung des deutschen Fernsehens: Die Tagesschau.

Für viele der anwesenden Nachwuchsjournalisten in Keuthens Workshop und dem anschließenden Erzählcafé ist ihre Stelle das Nonplusultra, der Zenith, der Olymp – traumhaft und unerreichbar. Doch dass genau das Gegenteil von Letzterem der Fall ist, beweist Keuthen auf sehr angenehme Art und Weise: Sie erzählt von ihrem eher untypischen Werdegang (studierte Meeresbiologin jobbt als "VJ" und landet in Nachrichtenredaktionen), plaudert über Gewohnheiten und Arbeitsweisen in der Tagesschau-Redaktion und lässt ihre Workshop-Gäste praktisch mitwirken. Mithilfe der gründlich vorbereiteten Präsentation sollen die Teilnehmer eine Meldung erkennen, selbst zusammensetzen und auch verschiedene Nachrichten aus dem In- und Ausland nach Relevanz und Unterhaltungsfaktor gewichten.

Heike Keuthen ist fröhlich, freundlich und interessiert. Sie redet schnell, verständlich und viel, fast zu ausschweifend – die Zeit mit ihr fliegt nur so vorüber. Denn man lernt viel, gewinnt einen tiefen Einblick in ihre Arbeit und ihre Arbeitsphilosophie. Sie lässt die Teilnehmer diskutieren, hat sich im Vorfeld extra nach aktuellen Ausbildungs- und Karrieremöglichkeiten in ihrer Branche informiert und macht den jungen Journalisten Mut für die Zukunft. Sie geht keiner Frage aus dem Weg und antwortet offensichtlich gerne und ehrlich. Ein Workshop, ein Gespräch, eine Diskussion mit ihr ist locker und dynamisch.

So liefert ein Nachmittag mit Frau Keuthen einem eine geballte Ladung Menschlichkeit und unkomplizierte Normalität – und bringt einen dem Traumjob als Nachrichtenredakteur irgendwie ein Stück näher.

Das politische Interview mit Adrian-Basil Mueller

Der Grillmeister – Adrian Basil-Müller über politische Interviews

Von Christoph Henrichs

"Zeit meines Lebens habe ich die Schule gehasst", sagt Herr Basil-Müller und animiert die gut fünfzehn Teilnehmer, rasch die hufeisenförmige Anordnung von Tischen und Stühlen aufzulösen. Das guckt sich Herr Basil-Müller schon zufriedener an und befiehlt sofort, er sei zu duzen – "sonst fühl ich mich, als würde jeden Moment der Deckel über mir zuklappen!"

Kompromisslos, locker und forsch, so präsentiert sich der Mitarbeiter des ARD-Politmagazins Fakt seinen jungen Gästen. Sie pilgerten zu ihm, um andächtig seinen Hinweisen für politische Interviews zu lauschen.

Achtung, die Politiker sind perfekt vorbereitet", warnt Adrian, "das Wichtigste ist, dass ihr genau zuhört", "weniger Zettel, mehr Ohr" und "am Anfang werden immer die Machtverhältnisse geklärt". Eine Vielzahl solcher Tipps und Weisheiten schmeißt er einem um die Ohren, stets pointiert und lebhaft, auch gerne mit Beispielen untermauert. So räumt er innerhalb der zwei Stunden dreimal ein: "Interviewen ist nicht immer ein sauberes Geschäft" und beweist es auch anhand eines Filmschnipsels, der zeigt, wie er Klaus Wowereit absichtlich den Aufzug wegfahren lässt, um ihn vor der Aufzugtür in der Falle zu haben und einige Augenblicke festnageln zu können.

Das Festnageln gehört zu einer seiner Leidenschaften, Adrian liebt kontroverse Interviews und provokante Fragen. Das nennt man in der Branche "Crashen" oder auch "Grillen". Und Adrian Basil-Müller ist der Grillmeister.

Er hat sich durchgebissen, hat ausprobiert, Fehler gemacht, sich den Schädel eingeschlagen, blaue Flecken bekommen. Stolz blickt er auf diese Zeit zurück, und er empfiehlt, dass die ihm an den Lippen hängenden Nachwuchsjournalisten den gleichen Weg gehen sollten. Denn sein Credo lautet: Nicht zu viel Theorie, durch Theorie lernt man nicht.

Er antwortet ehrlich und offen auf alle Fragen und bietet spannende Einblicke in seine Arbeit. Doch er eckt auch an: Als er erklärt, Gräfin Pilati habe nach Pool-Fotos mit Rudolf Scharping ihre Persönlichkeitsrechte verwirkt, regt sich bei einigen jungen Leuten Unmut. Doch Adrian geht keiner Kontroverse aus dem Weg: Wie man sich ihn als Grillmeister vorzustellen hat, erkennt man kurz, als eine Teilnehmerin nachhakt. Adrian hatte gesagt, dass er mit einem Politiker, der sich etwas hat zu schaden kommen lassen, "gerne eine Sau durchs Dorf" treibt. "Ist das nicht unseriöser Journalismus?", kräht die junge Dame. Aufmerksamer, stechender Blick, er feuert eine Frage hervor: "Wieso?" Zweimal, dreimal fragt Adrian das, er steht und wankt nicht – die Teilnehmerin gibt klein bei. Doch er erklärt versöhnlich: "Die Gefahr, boulevardesk zu werden, ist groß, aber man muss das Bedürfnis des Zuschauers bedienen und Sachverhalte gründlich beleuchten." Und dafür muss man immer dran bleiben, immer kämpfen, manchmal tagelang.

Dass er früher bei Pro7 einen Bonus von 100€ bekommen hat, wenn er seinen Interviewpartner zum Weinen gebracht hat, daran denkt Adrian mit Schaudern zurück. Denn nun macht er seriösen Journalismus für eine seriöse Institution und befragt seriöse Politiker. Und das macht er gut, den Eindruck gewinnt man, wohl zurecht, ziemlich schnell. Schon über 4000 Interviews hat Adrian geführt – und seinen Zenith offenbar noch längst nicht überschritten. Nach zwei Stunden ist der interessante Workshop mit dem faszinierenden Mann viel zu früh vorbei.

Zwischen Journalismus und PR mit Felix Winnands

Workshop: Zwischen Journalismus und PR

Von Violetta Gringersch

Am zweiten Tag der Mediensommerakademie haben sich etwa zwölf Teilnehmer auf die Suche nach dem Weg zwischen Journalismus und PR begeben. Seine Erfahrungen hat Felix Winnands, freischaffender Journalist und Texter, mit den Jungjournalisten geteilt.

Zu Beginn des Workshops steht ein Satz an die Tafel geschrieben: "Journalisten machen keine PR". Diese Meinung vertritt zumindest Netzwerk Recherche e.V, der deutsche Interessenverband investigativ arbeitender Journalisten. Schnell werden sich alle einig, dass dies den Idealfall darstellt. In der Wirklichkeit ist es schwerer an diesem Grundsatz festzuhalten. Dies gelingt häufig nur denen, die einen festen Arbeitsplatz gefunden haben. Die Mehrheit der ausgebildeten Journalisten schlagen sich als freie Redakteure durch. Es ist kein Geheimnis, dass die PR-Arbeit häufig lukrativer ist und da Journalisten in erster Linie Menschen sind, lassen sich viele darauf ein. Aber ist es wirklich so verwerflich? Ist man kein Journalist mehr, wenn man nebenbei für andere Unternehmen Texte verfasst? Die jungen Teilnehmer wollen es wissen.

PR- Arbeit macht einen Journalisten angreifbar

Am Beispiel des Fernsehjournalisten Steffen Seibert wird ein solcher Grenzfall diskutiert. Der Fernsehjournalist ist seit August Chef des Presse- und Informationsamts der Bundesregierung sowie Regierungssprecher. Seibert darf nach seiner Amtszeit zum ZDF zurückkehren. Es stellt sich die Frage wie objektiv und kritisch er, nach mehreren Jahren Arbeit für die Regierung, über das Gebiet Politik berichten kann. So macht PR- Arbeit einen Journalisten angreifbar und stellt seine Glaubwürdigkeit unter Verdacht. Funktionieren kann es nur dann, wenn das journalistische Fachgebiet wofür man PR macht, nichts damit zu tun hat.

Journalismus und PR ermöglichen sich gegenseitig

Auch wenn die Öffentlichkeitsarbeit sehr häufig angeprangert wird, besteht zwischen Journalismus und PR eine Wechselbeziehung. Der Referent erklärt dies am folgenden Beispiel: Die Presse erhält Informationen von der PR zugespielt und hat die Aufgabe diese kritisch zu beleuchten sowie diese zu berichten. Die PR-Abteilung muss wiederum auf die Presse reagieren, den Handlungsbedarf erkennen und die weitere Vorgehensweise planen. "Der Journalismus gibt dabei nach wie vor den Takt vor", so Winnands. Der Kreislauf wird durchbrochen sobald der Journalist aufhört kritisch zu sein und zum Beispiel Pressemitteilungen übernimmt. Dann hat das Ganze nichts mit dem unabhängigen Berichten zutun.

Definition der Berufsbilder

Was die beiden Gebiete eigentlich ausmacht haben die Teilnehmer zusammen mit Felix Winnands erarbeitet. Festgestellt wurde, dass es gar keine richtige Bezeichnung für einen "PR-Mitarbeiter" gibt und dass diese aus den Journalisten rekrutiert werden. Während Journalismus die "Gatekeeper " Position übernimmt, versucht PR mit Statements und Informationen zu überzeugen. Die Akzeptanz für das Unternehmen soll gesteigert werden und so wird Lobbyarbeit betrieben. Journalismus behält immer die Kontrollfunktion und bleibt im Gegensatz zur PR unabhängig.

Beispiel Mitarbeiterzeitschrift

Felix Winnands, bezeichnet sich selbst unter anderem als Texter. Er schreibt beispielsweise für das Mitarbeitermagazin des Pharmakonzerns Bayer. So hat er ein Interview mitgebracht, welches er geschrieben hat. Dieses und ein Artikel aus einem ähnlichen Magazin der Deutschen Post hat er mit den Teilnehmern auseinandergenommen und diskutiert. Diese Beispiele verdeutlichten, dass Redakteure dieser Zeitschriften durchaus das journalistische Handwerk anwenden. Allerdings unterliegen die Texte der Kontrolle des Unternehmens und dürfen wenig bis gar nicht kritisch sein. "Es war sehr interessant zu erfahren wie ein Pharmakonzern seine PR betreibt und wie penibel sie jeden Artikel kontrollieren und redigieren" sagt ein Teilnehmender im Anschluss.

Am Ende des Workshops, weiß jede und jeder, dass der Weg zwischen Journalismus und PR sehr schmal ist. Man sollte sich bewusst werden was man will - und klar das eine von dem anderen trennen können. Einen Rat gibt Felix Winnands den Medienmachern:

"Man sollte auf jeden Fall damit beginnen journalistisch zu arbeiten, dann kann man sich immer noch in der PR versuchen - andersherum ist es viel schwieriger".

Eröffnungsrede

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Programm & Lebensläufe

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Keynote

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Studie

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Interviews

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Film-Impressionen

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O-Töne

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Fotos

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Stimmungsbilder mit Worten

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Abschluss & Zitat

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