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Auf der Walz, 1895 (Bild: AdsD)
Präsident des Deutschen Reichstags a.D. Paul Löbe, 1946 (Bild: AdsD)
Chefredakteur des "Telegraf" Arno Scholz und Lizenzträger "Telegraf" Paul Löbe, 1953 (Bild: AdsD)
Als Präsident des Kuratoriums "Unteilbares Deutschland", 1954 (Bild: AdsD)
Paul Löbe, Präsident des Kuratoriums "Unteilbares Deutschland" und Arno Scholz, Herausgeber und Chefredakteur des "Telegraf" (Bild: AdsD)
Paul und Clara Löbe, ca. 1958 (Bild: AdsD)
Der Regierende Bürgermeister von Berlin, Willy Brandt, bei Paul Löbes 85. Geburtstag, 1960 (Bild: AdsD)
In einem Arbeiterhaushalt in Niederschlesien 1875 geboren, eine Lehre als Schriftsetzer und Einzelhaft wegen "Aufreizung zum Klassenhass" – Paul Löbe engagiert sich für demokratische Prinzipien im Kaiserreich. Im Jahr 1920 wird er zum ersten Parlamentspräsidenten der jungen Weimarer Republik gewählt und ist einer der sozialdemokratischen Geburtshelfer der deutschen Demokratie.
Paul Löbe, Sohn eines Tischlers und einer Schneiderin, wuchs in Liegnitz (heute Legnica) in einem politisch geprägten Elternhaus auf. Nach Abschluss der Volksschule ließ sich der junge Löbe in einer Druckerei zum Schriftsetzer ausbilden und verfasste bereits als 16-jähriger unter einem Pseudonym kleinere Artikel für die sozialdemokratische Breslauer Zeitung "Volkswacht". Im Anschluss an seine Lehre ging Paul Löbe auf Wanderschaft, die ihn bis nach Ungarn und Italien führte, und gründete im thüringischen Ilmenau einen Ortsverein der SPD, der er 1893 beigetreten war. Mit 23 Jahren zog es Löbe zurück nach Niederschlesien, wo er sich endgültig entschloss, Journalist zu werden. Zwischen 1903 und 1919 war Löbe in der Geburtsstadt Ferdinand Lassalles Chefredakteur der "Volkswacht".
Journalismus und Politik waren für Paul Löbe wichtige Instrumente, um in der konstitutionellen Monarchie für die Demokratie zu streiten. Sein Engagement brachte ihm mehrere Haft- und Geldstrafen ein, z.B. 12 Monate Einzelhaft, weil Löbe das damalige Dreiklassenwahlrecht öffentlich kritisiert hatte. Ab 1904 widmete sich Löbe zunehmend der aktiven Politik – in den frühen Jahren noch in Breslau, später im Provinziallandtag von Schlesien und 1919 als Vertreter einer der ersten Großstädte des Deutschen Reichs in der Weimarer Nationalversammlung. Hier wurde er im September zum Vizepräsidenten der verfassungsgebenden Versammlung berufen. Nach den Reichstagswahlen von 1920 schlug die SPD aus der Mitte ihrer Parlamentarier Paul Löbe zum ersten Präsidenten des Reichstags der Weimarer Republik vor.
Löbe wurde am 25. Juni parteiübergreifend mit 397 von 420 Stimmen gewählt. Bemerkenswert dabei war, dass die SPD 1920 zwar die stärkste Fraktion im Parlament bildete, aber aufgrund herber Stimmverluste auf eine Teilnahme an der Regierung verzichtet hatte und auch nicht über eine Mehrheit im Reichstag verfügte. Aus diesen Anfangsjahren deutscher Demokratie entstand die bis heute erhaltene politische Tradition, dass der Parlamentspräsident immer von der stärksten Fraktion gestellt wird.
Paul Löbe war neben Friedrich Ebert ein Garant für die Kontinuität der jungen Republik, die durch häufige Regierungswechsel und Angriffe aus den extremen Lagern fortdauernd erschüttert wurde. Sein Amt übte Löbe, mit einer nur kurzzeitigen Unterbrechung 1924/25, beinahe über die gesamte Dauer der Weimarer Republik aus. Akzente konnte Löbe durch sein Eintreten für eine Aussöhnung mit Polen setzen. Die Erosion der Weimarer Republik und das Erstarken der Nationalsozialisten führten jedoch dazu, dass er von Hermann Göring (NSDAP) 1932 aus dem Amt verdrängt wurde.
Im Juni 1933 verhafteten die Nationalsozialisten Paul Löbe, der zu den wenigen Mitgliedern des SPD-Parteivorstands gehörte, die noch nicht emigriert waren. Nach seiner Entlassung zum Ende des Jahres konnte Löbe eine Anstellung als Korrektor bei dem Wissenschaftsverlag de Gruyter finden. Im Geheimen nahm er an Treffen Berliner Sozialdemokraten teil, zudem stand er in Verbindung mit Widerstandsgruppen um Carl Friedrich Goerdeler und Wilhelm Leuschner. Nach dem gescheiterten Attentat vom 20. Juli 1944 wurde Löbe im Zuge der "Aktion Gitter" erneut verhaftet. Seine "Schutzhaft" verbrachte er bis zum Frühjahr 1945 unter anderem im KZ Groß-Rosen.
In der Zeit von 1945 bis 1949 setzte sich Paul Löbe für den Wiederaufbau der Sozialdemokratie in Berlin ein und wirkte im Parlamentarischen Rat nach 30 Jahren erneut an der Erarbeitung einer demokratischen Grundordnung mit, die als "Grundgesetz" anfangs noch als Provisorium galt. Als Löbe 1949 in den ersten Deutschen Bundestag entsandt wurde, war er 73 Jahre alt – drei Wochen älter als Adenauer. So kam ihm die Ehre zu, den Bundestag am 7. September 1949 als Alterspräsident zu eröffnen. Zum Abschluss seiner Eröffnungsrede mahnte Paul Löbe Regierung und Opposition, die "niederreißende Polemik" des Wahlkampfs nun durch ein konstruktives Miteinander zu ersetzen, "damit wir uns auch die Achtung für unser deutsches Volk in der Welt draußen zurückgewinnen."
Paul Löbe starb am 3. August 1967 in Bonn.
Der Nachlass von Paul Löbe mit einem Schwerpunkt ab 1945 befindet sich im Archiv der sozialen Demokratie. Eine Vielzahl an Dokumenten aus früherer Zeit wurde zum Ende des Zweiten Weltkriegs während eines Bombenangriffs, der auch Löbes Berliner Wohnung traf, zerstört. Ein Teilnachlass mit Schriftstücken vor 1933 wird im Bundesarchiv überliefert.