Heinz Kühn – eine Würdigung zum 25. Todestag

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Kurt Beck, Vorsitzender der FES

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Eröffnung des Landtagswahlkampfes in Oberhausen, 8.12.1974. (Foto: J.H. Darchinger/FES)

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Prof. Dr. Heinz Fischer, Bundespräsident der Republik Österreich a.D

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Porträt als Ministerpräsident Nordrhein-Westfalens, 1974. (Foto: J.H. Darchinger/FES)

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Michael Sommer, ehem. Vorsitzender des DGB und stv. Vorsitzender der FES

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Klaus Wowereit, Petra Köpping, Prof. Dr. Heinz Fischer, Delara Burkhardt, Tanja Samrotzki und Kurt Beck (v.l.n.r.)

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Klaus Wowereit, Prof. Dr. Heinz Fischer, Kurt Beck, Hannelore Kraft, Michael Sommer (v.l.n.r.)

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Prof. Dr. Heinz Fischer und Kurt Beck

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Bundesbetriebsrätekundgebung der Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen (AfA), Dortmund, 8.3.1975. (Foto: J.H. Darchinger/FES)

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Delara Burkhardt, stellvertretende Juso-Bundesvorsitzende

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Klaus Wowereit, Regierender Bürgermeister von Berlin a.D.

Vor 25 Jahren, am 12. März 1992, starb Heinz Kühn. Als Ministerpräsident Nordrhein-Westfalens prägte er zwölf Jahre die Geschicke des bevölkerungsreichsten Bundeslandes. In der Nachfolge von Alfred Nau leitete Heinz Kühn in den 1980er Jahren die Friedrich-Ebert-Stiftung als ihr Vorsitzender.

Frühe Jahre und Sozialisation
Heinz Kühn wurde vor 105 Jahren, am 18. Februar 1912, geboren und als Arbeitersohn früh im sozialdemokratischen Milieu sozialisiert. Sein Vater, schlesischer Herkunft und von Beruf Tischler, war Gewerkschafter und aktiver Sozialdemokrat; seine Mutter stellte den rheinisch-katholischen Gegenpol dar. Mit seinem 16. Lebensjahr schloss sich Heinz Kühn, aufgewachsen in einer "roten Siedlung" in Köln-Mülheim, den Jugendorganisationen der SPD an. Zwei Jahre später trat er in die SPD ein.

Nach dem Abitur begann Heinz Kühn sein Studium der Staatswissenschaften und Nationalökonomie an der Universität zu Köln. Mit marxistischer, kämpferischer Gesinnung lieferte er sich im Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold gegen Ende der Weimarer Republik Auseinandersetzungen mit den Schergen der SA und SS. Nach der Machtergreifung Hitlers versuchte Kühn noch, die SPD-Parteiarbeit auf illegale Weise aufrechtzuerhalten, doch sah er sich nach einer ersten Verhaftung durch die Gestapo gezwungen ins Exil zu gehen, zunächst in die Tschechoslowakische Republik und später nach Belgien, wo er als politischer Journalist und Redakteur bei der Wochenzeitung Freies Deutschland wirkte.

Politische Stationen in der Nachkriegszeit
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges sah es zunächst so aus, als würde Heinz Kühn dauerhaft als Journalist arbeiten wollen. Doch gelang ihm 1948 in Nordrhein-Westfalen der Einzug über die Reserveliste in den Düsseldorfer Landtag und 1953 die Wahl in den zweiten Deutschen Bundestag. Kühn begleitete der Ruf als brillanter Rhetoriker; als langjähriges Mitglied des Bundesvorstands und zeitweilig als stellvertretender Vorsitzender bestimmte er die Reformen und Geschicke der SPD in den 1960er und 1970er Jahren wesentlich mit.

1962 folgte Kühn dem Ruf der SPD in NRW, als Spitzenkandidat in der Landtagswahl anzutreten. Er verlor trotz starker Zugewinne, wurde Fraktionsführer der sozialdemokratischen Opposition und errang vier Jahre später einen Stimmenanteil knapp unterhalb der absoluten Mehrheit. Die dennoch zunächst gebildete schwarz-gelbe Koalition hielt nur wenige Monate, und mit den Stimmen der neu gebildeten sozialliberalen Koalition wurde Heinz Kühn im Dezember 1966 zum zweiten sozialdemokratischen Ministerpräsidenten des Landes gewählt, das er fortan für drei Legislaturperioden prägte.

Die sozialliberale Koalition unter Heinz Kühn
Es war nicht das erste sozialliberale Regierungsbündnis in der Bundesrepublik, dennoch wurde der Koalition unter Heinz Kühn als "Düsseldorfer Modell" eine besondere Bedeutung zugesprochen. Johannes Rau nannte sie einmal einen "Schrittmacher" für die Koalitionsgespräche nach dem Ausgang der Bundestagswahl 1969. Fortan regierte die SPD in Nordrhein-Westfalen mit nur einer kurzen Unterbrechung  bis heute.

Den Grundstein für diesen Erfolg legte Heinz Kühn. Als Landespolitiker erkannte er die dringende Notwendigkeit, der industriellen Krise mit einem tiefgreifenden Strukturwandel zu begegnen. Das "Entwicklungsprogramm Ruhr" (1968) und das "Nordrhein-Westfalen-Programm" (1975) läuteten eine umfassende Modernisierung des Landes ein, die unter anderem zu einem Ausbau des Verkehrswegenetzes und zu einer Erhöhung des Wohnwerts, etwa durch die Schaffung neuer Erholungsräume, führte. Die kommunale Gebietsreform, die Schulreform und der Ausbau des Hochschulwesens wurden unter Kühns Ägide umgesetzt und haben bis heute sichtbare Spuren hinterlassen.

Gesundheitliche Gründe legten ihm 1978 die Amtsübergabe an Johannes Rau nahe, doch Kühn kam nur wenig später gemeinsam mit Willy Brandt bei der ersten direkten Wahl ins Europaparlament und war dort bis 1984 Abgeordneter. Seine Tätigkeit als erster Ausländerbeauftragter der Bundesregierung und sein visionäres "Kühn-Memorandum", das Deutschland zum Einwanderungsland erklärte, fallen ebenso in diese Zeit wie sein Engagement in den Gremien des WDR und die Gründung der Heinz-Kühn-Stiftung anlässlich seines 70. Geburtstages – eine Stiftung des Landes Nordrhein-Westfalen zur Förderung junger Journalist_innen vor allem aus Entwicklungsländern.

Heinz Kühn und die Friedrich-Ebert-Stiftung
1983 übernahm Heinz Kühn für vier Jahre den Vorsitz der Friedrich-Ebert-Stiftung, die er bereits seit ihrer Gründung und ab 1970 als stellvertretender Vorsitzender, insbesondere in ihrer Auslandsarbeit intensiv begleitet hatte. Er war, wie er sich selbst einmal beschrieb, "stets auf dem Weg, niemals am Ziel." Nur wenige Wochen nach seinem achtzigsten Geburtstag verstarb Heinz Kühn am 12. März 1992 in seiner Heimatstadt Köln.

Über Heinz Kühn mehr erfahren

Veröffentlichungen über und von Heinz Kühn finden sich im Katalog der FES-Bibliothek. Wichtige Unterlagen werden in seinem Depositum im Archiv der sozialen Demokratie verwahrt.

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