JournalistenAkademie

Stimmungsbilder mit Worten

Bleib erschütterbar und widersteh!

Die dritte MedienSommerAkademie der Friedrich Ebert Stiftung
beschäftigt sich mit Politischem Journalismus

Von Jennifer Küppers

Wofür stehst du? Journalisten sollten eigentlich für eine kompetente Recherche und einen fairen Umgang mit Sachverhalten und Personen stehen, leider stehen gerade Nachwuchsjournalisten häufig eher auf Abruf zur Verfügung und unterstehen den Anweisungen ihrer Redaktionen und Sender, welche allzu kritische Artikel lieber nicht drucken. Wie sollen sie da zu Kontrolleuren der Macht werden? Dieser Leitfrage wollen Nachwuchsjournalisten, die noch nicht auf dem Höhepunkt ihrer Karriere, aber immerhin an der Schwelle zu ihr stehen, auf der dritten MedienSommerAkademie der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) nachgehen.

Zunächst stehen sie jedoch lediglich an Stehtischen und lernen einander bei belegten Baguettes und Kaffee kennen: "Worauf stehst du so und wo hast du schon überall gestanden?", sind die ersten der Kontaktaufnahme dienenden Fragen.

Mit der Haltung eines Journalisten steht und fällt das Vertrauen in den Beruf allgemein. "Journalisten liegen laut einer Umfrage nach den vertrauensvollsten Berufen nur auf Platz 16", erklärt Reinhard Weil, Abteilungsleiter Politische Akademie der FES. "Dieses Vertrauen ist aber in einer Demokratie notwendig, damit die verschiedenen Teile einer Gesellschaft trotz vielfältiger eigener Interessen und jeweils subjektiver Realitätssicht miteinander kommunizieren können."

"Politischer Journalismus dient der Kontrolle des politischen Apparates und soll die Bürger in die Lage versetzen, politische Probleme zu lösen", erklärt Kurt Imhoff, Professor an der Universität Zürich, Forschungsbereich Öffentlichkeit und Gesellschaft.

Unabdingbar dafür ist eine genaue und gute Recherche, die über Hintergründe aufklärt. "Die Recherche wird im normalen Honorierungsrahmen bestraft", behauptet jedoch Tom Schimmeck, Publizist, denn bezahlt wird nur das Ergebnis – nicht die Recherche. Dass man dennoch als Journalist sehr sorgfältig mit der Quellenlage umgehen muss, zeigt das aktuelle Beispiel des Spiegel-Redakteurs René Pfister, dem der Henri Nannen Preis aberkannt wurde, nachdem er die Modell-Eisenbahn von Horst Seehofer beschrieb, ohne sie je gesehen zu haben.

Laut Hans Leyendecker, Leitender Redakteur Süddeutsche Zeitung, ist das Wettrennen, welches durch die verschiedenen Redaktionen entsteht, ein weiteres Dilemma für Journalisten. "Das ist doch Kokolores" schimpft er. Auch die Talkshows sind seiner Meinung nach für Journalisten verderblich, da es mittlerweile zu viele Journalisten gäbe, die ständig guckten, ob sie auch erkannt würden. "Es geht um das Auffallen durch irgendeinen Quatsch – Politik und Journalisten haben beide keine Haltung", so Leyendecker.

Wenn also auch vieles dem Journalisten im Wege steht, er vielen unter- und manchmal allein auf weiter Flur steht, ist es wichtig, dass er sich am Ende eingesteht, dass über allem die gute Recherche steht, damit er kein Gerücht entsteht, er das Wesentliche versteht und am Ende übersteht.

 

MSA 2011 - Politischer Journalismus: Wofür stehst Du?
Von Malte Peters

Bereits der Titel der diesjährigen MedienSommerAkademie "Politischer Journalismus: Wofür stehst Du?" macht deutlich, dass es hier um die politisch-ethische Haltung von Journalisten bzw. deren Berufs-Nachwuchs gehen sollte, die für einen unabhängigen und Qualität vollen Journalismus in einer demokratischen Gesellschaft unerlässlich sein sollte.

Dies zu betonen, wurden die geladenen Referenten nicht müde. Den anwesenden Nachwuchs-Journalisten wurde jedoch nicht nur die Notwendigkeit einer solchen Haltung und der ihr vorausgehenden Klärung dessen, wofür man journalistisch steht, auf vielfältige Weise erläutert und begründet; es wurden auch die Schwierigkeiten nicht verschwiegen, die heute mit dem Einnehmen und Durchhalten einer begründeten politisch- ethischen Haltung im politischen Journalismus verbunden sind.

Legen die Situation und Struktur der Medien sowie des journalistischen Arbeitsmarktes vielen im eigenen beruflichen Interesse anscheinend eher Opportunismus als eine eigenständige Haltung nahe, so wurde doch in den meisten Beiträgen und engagiert geführten Diskussionen deutlich, dass dies, nicht zuletzt auch im Interesse einer funktionierenden Demokratie, für einen Qualität vollen Journalismus keine berufliche Option sein kann und darf. Denn trotz aller unbestreitbar damit verbundenen Probleme - darin stimmten letztlich viele Teilnehmenden der MedienSommerAkademie überein - können gerade politische Journalisten nicht die Anstrengung vermeiden, sich immer wieder der eigenen politischen Positionen und Überzeugungen zu vergewissern, diese zu reflektieren und notfalls auch unter Inkaufnahme von Schwierigkeiten durchzuhalten. Immerhin lässt sich auch nur so ein eigenes journalistisches Profil gewinnen und auf Dauer beibehalten, was viele auch als tröstlich werteten.

Insgesamt erzeugten die Darlegungen und Einschätzungen der geladenen ExpertInnen sowie die lebhaften Diskussionen zum Titel-Thema der MedienSommerAkademie eine sehr lebendige, kritische, zuversichtliche, positive, gelegentlich sogar kämpferische Stimmung und eine spürbare Entschlossenheit, sich trotz aller entgegenstehenden Probleme und Tendenzen um Qualität vollen, politisch und ethisch reflektierten politischen Journalismus im Interesse einer aktiven Demokratie zu bemühen, in dem eine eigene Haltung als wünschenswerte journalistische Kompetenz und nicht als Beschäftigungshindernis gilt.

Eröffnungsrede

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Programm & Lebensläufe

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Keynotes

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O-Töne

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Berichterstatter-Interviews

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Workshop-Reportagen

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Film MSA 2011 von Frank Schnelle

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Fotostrecken von Katrin Heyer

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Auswertung

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Literaturangaben zum Theater

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