Die Potenziale der Digitalisierung für den ländlichen Raum nutzen

Einsichten und Perspektiven der 5. Herrenhäuser-Tagung der FES MV (12.09.2019)

Intro

Immobilienleerstand, fehlender öffentlicher Nahverkehr, Abwanderung, mangelnde ärztliche Betreuung uvm. – in ländlichen Gebieten in Mecklenburg-Vorpommern (MV) sind solche Befunde an der Tagesordnung. Leider.

Doch das muss nicht so bleiben, denn die Digitalisierung kann helfen, strukturelle Defizite im ländlichen Raum zu beheben und das dortige Leben zu bereichern. Das reicht von vereinfachter Korrespondenz mit den Ämtern von zuhause aus über passgenaue Mobilitätslösungen bis zu digitalen Sprechstunden im medizinischen Bereich.
 

Die Idee dabei ist, die Lebensqualität der Einheimischen zu verbessern und gleichzeitig durch attraktive Rahmenbedingungen den Bedürfnissen von Touristen aus städtischen Milieus besser gerecht zu werden.


Klar ist, dass eine Lösung auf Knopfdruck nicht gelingt, sondern "Pioniergeist" im besten Sinne gefragt ist. Kreative Ideen und Lösungen sind zu erkunden, um umsetzbare Antworten unter anderem auf diese Fragen zu entwickeln:

  • Wie kann eine moderne "neue Ländlichkeit" entstehen, die die Vorzüge von Stadt und Land auf geeignete Weise vereint?
  • Kann die Digitalisierung zur Renaissance von Land und Dorf beitragen?
  • Und was kann die Politik tun? 


Darüber wurde bei der 5. Kulturerbe Herrenhäusertagung der Friedrich-Ebert-Stiftung MV debattiert.

Eine knappe inhaltliche Zusammenfassung über Strategien und Lösungsansätze präsentieren wir auf dieser Webseite.

 

Die Rolle des Internet für ländliche Räume:

Alte Gutshäuser - neue Mittelpunkte

Wie kann eine "neue Ländlichkeit" aussehen, die mithilft, die Abwanderung zu stoppen und (gleichzeitig) den Zuzug aus städtischen Milieus zu fördern?

Alte Gutshäuser haben das Potenzial, neue Zentren ländlichen Lebens zu werden. Denn die alten Mauern können landesweit zu attraktiven Wohn- und innovativen Arbeitsorten entwickelt werden. Die Gebäude erfreuen sich großer Beliebtheit und stehen hoch im Kurs. Sie können zur Grundlage neuen wirtschaftlichen und kulturellen Lebens auf dem Land sein.

Gutshäuser sind meist sehr geräumig. Und befinden sich oft in landschaftlich reizvoller Lage. Für Herrenhäuser wie auch Co-Working-Spaces (sh. unten) gilt:

Geschäftsmodell und Vision dabei ist, arbeitende Gäste anzulocken, die Erfüllung und Gefallen in einem inspirierenden Umfeld mit frischer Landluft, Waldspaziergang und Kaminfeuer zum Tagesausklang finden.


Herrenhäuser können Orte der Begegnung und des Austauschs werden. So können Foren entstehen, die das Meinungsspektrum von Stadt- und Landbevölkerung in der Bewertung aktueller gesellschaftlicher Entwicklungen abbilden, diskutieren und Verständigung ermöglichen.
 

Bedeutung von Mobilfunk und Internet

Erfolgversprechend können innovative Konzepte dieser Art aber nur sein, wenn flächendeckend leistungsfähige Mobilfunk- und Internetkapazitäten im ländlichen Raum vorhanden sind.

Ohne diese mittlerweile grundlegende Infrastruktur werden die Dörfer den Städten in der Regel keine Konkurrenz machen können. Gegenwärtig weithin vorhandene Engpässe sind nicht nur ärgerlich, sondern behindern massiv die ländliche Entwicklung.

Tourismus 2.0

Zeitgemäße Anbindung an Mobilfunk und Internet ist Trumpf, auch für touristische Angebote aller Art. Zu betonen, "Geniesse doch mal offline zu sein!", ist kontraproduktiv.

Kein Netz aufweisen zu können, bedeutet praktisch, stark verminderte Chancen zu haben, als Reiseziel gebucht oder angesteuert zu werden.


Die für MV relevante Tourismuswirtschaft hat das erkannt und verfolgt eine Digitalstrategie, um mit frischem Blick Digitalisierungspotenziale zu heben. Es gelte, das Zusammenspiel aller Unternehmensbereiche zu gewährleisten und anhand datenbasierten Marketings potenzielle Zielgruppen individuell "abzuholen".

Wichtig dabei ist, dass von Anfang an alle wichtige Akteure vor Ort bzw. in der Region (z.B. Hoteliers, Marketing, Vertrieb) miteinander vernetzt werden. "Kirchturmdenken funktioniert nicht mehr", davon ist der Landestourismusverband überzeugt.

Kostenfrei nutzbare WLAN-Hotspots an Schleusen, Schlössern und Stadtinformationen entlang der Rad- und Wasserwege sollen Infos und Orientierung bieten - bis 2021 sollen schrittweise rund 250 bedarfsgerechte Standorte errichtet werden. Das Budget (500.00 Euro) dafür stellt die "Digitale Agenda für Mecklenburg-Vorpommern" bereit.

Als wichtige Standorte sind auch zahlreiche Gutshäuser vorgesehen.

Landesweite Co-Working-Areale

Konkret plant das Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt MV in Zusammenarbeit mit der Akademie für nachhaltige Entwicklung MV „eine Perlenkette an Co-Working-Spaces“ im ländlichen Raum zu etablieren.

Ortstypische Gebäude wie Gutshäuser, der ehemalige "Konsum" (Dorfladen) oder die ausgediente Schule sollen mit Hilfe des Landes in innovative Zentren umgewandelt werden. Die Vision: Urlaub und Arbeit kombinieren. Eine Woche Urlaub in MV und danach noch eine Woche, um hier zu arbeiten. Oder Firmen schicken Abteilungen oder Teams für vier Wochen in die "Pampa", um dort abseits der Großstädte kreativ zu arbeiten.

Auch die Entwicklung von Gemeinschaften (Communities) zum Wohnen oder Arbeiten (auf Zeit oder dauerhaft) ist ein Aspekt, der sich in solchen Arealen umsetzen lässt mit dem Ziel, Austausch untereinander zu fördern und sich gegenseitig zu bereichern. Die Grundzüge der IT-Branche (Wohlwollen, Aufgeschlossenheit und Hilfsbereitschaft) können helfen, neue Wege für mehr Lebensqualität zu erschließen.

Co-Working-Konzepte rentabel zu gestalten, wird - realistisch - betrachtet nicht leicht sein. Daher sind ergänzende Nutzungsideen gefragt: etwa nachhaltige Bildungsangebote für Schüler_innen aus der näheren Umgebung, ähnlich einem Jugendclub.
 

Demnächst: Smartdörp-Infoangebot

Um Angebote dieser Art auffindbar zu machen, Vernetzung zu fördern und eine Übersicht bereits umgesetzter Projekte zusammenzutragen, ist eine Web-Adresse namens „Smartdörp“ in Planung, die künftig über innovative Digitalisierungsmodelle im Land informieren soll.

Stadt und Land zusammenbringen - das Programm "Stadt-Land-Gut"


tp/fes-mv unter Mitwirkung von Annika Kiehn
(zuletzt: 24.03.2020)

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