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Die ICRICT-Kommission feiert ihr zehnjähriges Bestehen im Vatikan. Unsere Kollegin Sarah Ganter war dabei und beschreibt die Erfolgsgeschichte.
Es war ein besonderer Moment. In einer Zeit, in der milliardenschwere Oligarchen nach der Weltmacht greifen, kam in der Universität des Vatikans eine hochrangige Runde zusammen, um darüber zu beraten, wie sich eine steuerpolitische Gegenmacht organisieren lässt. Anlass der Veranstaltung war das zehnjährige Bestehen der ICRICT-Kommission. Mit dabei unter anderen Thabo Mbeki, der frühere Präsident Südafrikas, Aminata Touré, die ehemalige Premierministerin des Senegals, Winnie Byanyima, die Exekutivdirektorin von UNAIDS und der Nobelpreisträger Joseph Stiglitz. Unter der Überschrift „Steuergerechtigkeit und Solidarität“ hatten der Heilige Stuhl und die Unabhängige Kommission für die Reform der internationalen Unternehmensbesteuerung (ICRICT) zu einem Seminar eingeladen.
Gleich in seiner Eröffnungsbotschaft prangerte der brasilianische Präsident Lula da Silva an, dass Superreiche immer noch proportional weniger Steuern zahlen, als Arbeiter:innen. Auch der spanische Premier, Petro Sanchez brachte die Dringlichkeit der globalen Reformbemühungen mit den Worten „Entweder bestimmen wir über die globalen Steuerregeln oder wir lassen die Reichsten über uns bestimmen.“ auf den Punkt. Sister Helen, die Präsidentin der Päpstlichen Akademie der Sozialwissenschaften bezeichnete Steueroasen in ihrer Rede als „Globale Strukturen der Sünde“.
Die ICRICT-Kommission hat die öffentliche Debatte zur Reform der internationalen Steuerregeln in den letzten Jahren maßgeblich geprägt. Dabei begann es, wie Revolutionen beginnen: Eine kleine Gruppe von Aktivist:innen für Steuergerechtigkeit traf sich damals in einem Keller. Ziel war es, gemeinsame Strategien zu entwickeln, um ein öffentliches Momentum zur Reform der internationalen Konzernbesteuerung zu erzeugen. Die Regeln zur Besteuerung Multinationaler Unternehmen stammten noch aus der Zeit des Völkerbundes und waren nicht gut gealtert, denn Besteuerungsrechte sind nach wie vor an den Sitz des Mutterkonzerns geknüpft und schreiben somit koloniale Machtverhältnisse fort. Das Verrechnungspreis-System, mit dem Tochtergesellschaften untereinander Geschäfte abwickeln, ist missbrauchsanfällig und ermöglicht es, Gewinne an Niedrigsteuerstandorte zu verschieben.
Öffentlichen Kassen entgehen dadurch Milliarden an Steuereinnahmen, die z.B. dringend für Investitionen in nachhaltige Entwicklung benötigt werden. Doch internationale Steuerpolitik gilt als technisches Expert:innenthema, untauglich für breit angelegte politische Kampagnenarbeit.
Um das zu verändern entstand aus der Kellerrunde eine Koalition aus Gewerkschaften und Zivilgesellschaft*, die beschloss eine hochrangig besetzte Kommission ins Leben zu rufen. Deren prominente Mitglieder sollten den zentralen Forderungen der internationalen Steuergerechtigkeit entsprechend Reichweite verschaffen.
Steuergerechtigkeit ist ein ursozialdemokratisches Anliegen und deshalb kam der Friedrich-Ebert-Stiftung die Rolle der Geburtshelferin der ICRICT-Kommission zu. Im Frühjahr 2015 luden wir die ersten ICRICT-Kommissar:innen zu einem Kick-Off Treffen nach New York ein. Zu den herausragenden Ökonom:innen und politischen Führungspersönlichkeiten aus der ganzen Welt zählten damals unter anderem Eva Joly, Manuel Montes, Léonce Ndikumana, Edmund Valpy Fitzgerald, Magdalena Sepúlveda sowie der Nobelpreisträger Joseph Stiglitz. Später kamen mit Jayati Gosh, Thomas Piketty, Irene Ovonji-Odida, Ricardo Martner, Kim Jacinto-Henares, Martín Guzmán und Gabriel Zucman und dem ehemaligen australischen Finanzminister, Wayne Swan, weitere prominente Persönlichkeiten hinzu. Mit von der Partie war auch der damalige Untergeneralsekretär der Vereinten Nationen, José Antonio Ocampo, der für mehrere Jahre den Vorsitz der Kommission übernehmen sollte, bis er 2022 zum kolumbianischen Finanzminister gewählt wurde.
Bei diesem ersten Treffen wurden international renommierte Expert:innen wie Sol Piciotto, eine Koryphäe auf dem Gebiet der Unternehmensbesteuerung, angehört. Gemeinsam erarbeiteten sie Positionen für die Reform der internationalen Steuerregeln im Vorfeld der dritten UN-Konferenz für Entwicklungsfinanzierung in Addis Abeba.
Die Forderung nach mehr Transparenz und einer effektiveren internationalen Steuerkooperation wurde untermauert durch Empfehlungen, wie:
Der Empfehlungskatalog wurde in einer ersten offiziellen Erklärung der ICRICT-Kommission veröffentlicht und in einer gemeinsamen Veranstaltung mit der Friedrich-Ebert-Stiftung am Rande der Addis Abeba-Konferenz präsentiert.
Seitdem hat sich viel getan. In den letzten zehn Jahren haben die ICRICT-Mitglieder die steuerpolitischen Forderungen in die Welt getragen. Koordiniert von einem kleinen Sekretariat wurden gemeinsam mit der Friedrich-Ebert-Stiftung und anderen Partnern der zivilgesellschaftlichen Koalition zahlreiche Strategietreffen, Podiumsveranstaltungen, Side Events zu internationalen Gipfeltreffen und bilaterale Gespräche auf allen Kontinenten durchgeführt, begleitet von einer professionellen Pressearbeit. Das Bohren dicker Bretter zahlte sich aus. Kaum jemand hätte damals in Addis Abeba vermutet, dass zehn Jahre später bereits über 50 Länder dabei sein würden, eine globale Mindeststeuer zu implementieren; dass sich die G20 für eine Besteuerung von Superreichen aussprechen könnte und dass parallel zu den Vorbereitungen der vierten UN-Konferenz zur Entwicklungsfinanzierung in Sevilla im Juni dieses Jahres, die Erarbeitung einer UN-Steuerrahmenkonvention in vollem Gange sein würde.
Mit dem Rückzug der USA aus den steuerpolitischen Verhandlungen bei UN und OECD droht die Uhr wieder zurück gedreht zu werden. Jetzt geht es darum, Erreichtes zu verteidigen und in einer progressiven Allianz der Willigen Reformansätze weiter voran zu treiben. Gewerkschaften und sozialdemokratischen Parteien kommt dabei eine Schlüsselrolle zu.
#taxthepower
*u.a Global Alliance for Tax Justice (GATJ), dem Tax Justice Network (TJN), Public Services International (PSI), Oxfam, ActionAid, Alliance-Sud, Christian Aid, CCFD-Terre Solidaire, dem Globalen Gewerkschaftsrat und dem Weltkirchenrat
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