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Studie: Internationale Netzwerke der radikalen Rechten

Von Europa und den USA in die Welt: Transnationale rechte Netzwerke

Radikale rechte Akteure aus den verschiedensten Ländern vernetzen sich zunehmend international – mit Europa und den USA als ideologische und organisatorische Zentren, von denen aus rechte Ideologien in die Welt exportiert werden. Sie tauschen sich auf Konferenzen über Strategien aus und kooperieren im Europäischen Parlament, um liberale Entscheidungen zu blockieren.

Sie alle eint der Hass auf die „globalen liberalen Eliten“ und ihren Einsatz für Freihandel, Menschenrechte und Gleichheit. Besonders im Fokus stehen dabei die, aus ihrer Sicht von den „Eliten“ geförderte Minderheiten, vor allem Migrant_innen und LGBTQI*-Personen.

 

Ängste und Soziale Medien als Triebfedern

Die radikale Rechte wächst, weil sich viele Menschen durch die Globalisierung benachteiligt fühlen und kulturelle Veränderungen sowie mehr Rechte für Minderheiten ablehnen. Sie nutzt Ängste vor sozialem Abstieg, Einwanderung und Kulturverlust aus, um Unterstützung zu gewinnen.

Angetrieben wird diese Entwicklung insbesondere durch die sozialen Medien und Messenger-Dienste. Einerseits erleichtern sie die internationale Vernetzung und den Informationsaustausch rechter Akteure, andererseits bieten sie Möglichkeiten der direkten Ansprache um Verschwörungserzählungen, Fake News und Hassrede gezielt zu verbreiten. Emotionen wie Wut und Hass werden dabei strategisch eingesetzt, um Gesellschaften zu polarisieren und bestimmte Gruppen gegeneinander auszuspielen. Konservative, radikale und gewinnorientierte Medien haben die populistische Politik der Angst und Wut als äußerst profitables Geschäftsmodell erkannt und helfen der radikalen Rechten bereitwillig ihre Erzählungen auch außerhalb der sozialen Medien in den Köpfen der Menschen zu verankern.

 

Mit Allianzen die Demokratie verteidigen

Wie können liberale und progressive Kräfte dieser Entwicklung etwas entgegensetzen? Auch sie müssen sich stärker vernetzen und zusammenarbeiten, um den radikalen Rechten in einer starken Allianz demokratischer Kräfte die Stirn bieten zu können. Dazu gehört auch, dass Bildung und Kommunikation genutzt werden sollten, um die Vorteile von Vielfalt und Demokratie hervorzuheben; dass Inklusion und Integration in der Gesellschaft gefördert werden, um Ungleichheit und Unzufriedenheit zu verringern und dass Falschinformationen gezielt bekämpft werden und der Schutz vor Desinformation in den Medien ausgebaut wird.

 

Die wichtigsten Ergebnisse im Überblick

Auf einen Blick: Vier Zahlen und viele Köpfe

Im Zeitraum von 2000 bis 2024 haben die radikalen Rechten zahlreiche grenzüberschreitende Kontakte aufgebaut und sich weitflächig vernetzt:

3000 Redner_innen von 1800 verschiedenen Organisationen nahmen an 302 Konferenzen und anderen Veranstaltungen in 35 Ländern teil.

Akteure, die an der Organisation von zwei großen Konferenzreihen (CPAC und NatCon) beteiligt sind, sind zentrale Knotenpunkte eines „truly transnational movement” (GPAHE 2024).

Studie: Die radikale Rechte in Europa

Studie: Die globale radikale Rechte

Interview mit dem Autor der Studie


Internationale rechte Netzwerke: Es braucht eine gesellschaftliche Gegenbewegung

Ein Mann mit einem T-Shirt, das Viktor Orbán und Donald Trump zeigt, nimmt an einem „Friedensmarsch“ zur Unterstützung von Ministerpräsident Viktor Orbán und seiner Partei in Budapest teil.

Die radikale Rechte vernetzt sich zunehmend, um ihre Ideologien in die Welt zu exportieren – Thomas Greven analysiert deren Strategien und schlägt…


weitere Informationen

Zehn zentrale Erkenntnisse


Die radikale Rechte: ein Sammelbecken rechter Positionen

Die „radikale Rechte“ umfasst nicht nur klassische rechtsradikale und -extremistische Parteien, sondern auch Parteien des konservativen Mainstreams, die sich in Teilen schon radikalisiert haben und/oder zunehmend bereit sind, mit rechtsextremistischen Parteien zu kooperieren und dadurch deren Positionen normalisieren.

Verstrickung in Widersprüche

Rechte Akteure stellen die Interessen ihres eigenen Landes in den Vordergrund und bauen gleichzeitig internationale Netzwerke auf, um eine minderheitenfeindliche und autoritäre Weltordnung zu etablieren und sich gemeinsam gegen die Verteidiger der liberalen Demokratie zur Wehr zu setzen.

Der ideologische Rahmen

Radikale Rechte aus den verschiedensten Ländern verbindet vor allem die negative Abgrenzung: Anti-Globalismus, Anti-Immigration, Anti-Islam, Anti-„Wokeismus“ (Anti-LGBTQ und Anti-Gender), Anti-Liberalismus, Anti-Establishment und manchmal auch: Antisemitismus. Zugleich formulieren sie auch affirmativ: Nation, Souveränität, Volk, Tradition, Familie und manchmal auch: weiße Überlegenheit (White Supremacy).

Zunehmende internationale Vernetzung

Immer häufiger organisieren radikal rechte Akteure und Polarisierungsunternehmer internationale Treffen und Konferenzen, bei denen sie sich von begeisterten Anhänger_innen wie Popstars feiern lassen. Bei der „Conservative Political Action Conference“ in Ungarn 2024 trafen sich 3000 Teilnehmer_innen von sechs Kontinenten und lauschten 80 Redner_innen aus aller Welt. Darunter waren mit Viktor Orbán und Irakli Kobakhidze zwei amtierende Premierminister sowie drei frühere Premierminister (Tony Abbott, Mateusz Moriawecki und Janez Janša). Gemeinsam wetterten sie gegen Einwanderung und „Gender-Ideologie“.

Soziale Medien beschleunigen den Aufstieg der radikalen Rechten

Rechte Akteure nutzen rechte Influencer_innen und Plattformen wie z.B. TikTok, X und Instagram, um rechtsextreme Narrative, Verschwörungstheorien, Fake News und Hassrede zu verbreiten. Hilfestellung erhält die radikale Rechte dabei von konservativen, radikalen und gewinnorientierten Medien, die die populistische Politik der Angst und Wut als äußerst profitables Geschäftsmodell erkannt haben.

Vorwurf: Demokratie hat ihre Versprechen nicht gehalten

Angesichts der zahlreichen Krisen, die unser Leben negativ beeinflussen (weltweite Fluchtbewegungen; Klimakrise; kriegerische Auseinandersetzungen; die drohende nächste Pandemie) haben viele Bürger_innen das Gefühl, dass die Demokratie ihre Versprechen nicht gehalten hat. Davon profitieren radikal rechte Parteien, indem sie „den Staat“ an den Pranger stellen und sich als Alternative präsentieren.

Abbau der Demokratie getarnt als „wahre Demokratie“

Radikale Rechte wie Ungarns Premierminister Viktor Orbán bezeichnen sich selbst häufig als „illiberale Demokratie“. Sie heften sich damit selbst das Demokratielabel an und bauen gleichzeitig Elemente der Demokratie wie Minderheitenrechte oder die Unabhängigkeit der Verfassungsgerichte ab.

Die radikale Rechte will die EU nicht länger abschaffen, sondern erobern!

Politiker_innen der radikalen Rechten in Europa verkaufen sich selbst als „Verteidiger Europas“ und seiner „wahren Werte“. Sie wollen Europa gegen „Feinde“ von außen und innen verteidigen: die globalen liberalen Eliten und die von ihnen angeblich bevorzugten Minderheiten wie Migrant_innen und LGBTQI*-Personen.

Die Rolle von Ungarns Regierungschef Viktor Orbán

Ungarn ist zu einem „Mekka der Rechtsextremen“ geworden – von dort aus soll das Modell der „illiberalen Demokratie“ in andere Länder exportiert werden. Orbán bezeichnet sein Land als ein Labor, das ein Gegengift gegen die „progressive Dominanz“ entwickelt hat und lädt andere Länder ein, diesem Beispiel zu folgen. Orbán-nahe Organisationen leisten grenzüberschreitend Wahlkampfhilfe und haben das Regierungsprogramm für die zweite Amtszeit Trumps inspiriert, so dass manche schon von der anstehenden „Orbánisierung der USA“ sprechen.

Trump als Führungsfigur internationaler Netzwerke der radikalen Rechten

Durch seine Wiederwahl wird Donald Trump erneut zu einer Führungsfigur der globalen Bewegung der radikalen Rechten stilisiert. Die grenzüberschreitenden Kontakte der radikalen Rechten und die gegenseitige Inspiration zwischen Europa und den USA wird sich, befeuert durch die sozialen Medien, weiter verstärken.

 

 


Über den Autor der Studie

Dr. Thomas Greven ist Privatdozent für Politikwissenschaft am John-F.-Kennedy-Institut für Nordamerikastudien der FU Berlin und selbstständiger Autor, Referent und Politikberater. Seit 2002 ist er Mitorganisator eines transatlantischen Netzwerks zur Bekämpfung der radikalen Rechten.

Verantwortlich

Nina Netzer
+49 30 26935-7713

Bestellungen

Christiane Heun
+49 30 26935-7407

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