100 Jahre FES! Mehr erfahren

Incel

Was bedeutet Incel?

Das Wort ist eine Neuschöpfung aus Abkürzungen für die englischen Begriffe „involuntary“ und „celibate men“. Incel steht für Männer, die „unfreiwillig“ im Zölibat leben, die also keinen Sex haben. Sie organisieren sich im Internet, bestätigen sich gegenseitig ihre Weltsicht in ihren Foren, tauschen Videos und Gewaltfantasien miteinander aus. Dreh und Angelpunkt ist ihr Hass gegen Frauen.

 

Ursprünglich hatte eine kanadische Studentin eine Online-Selbsthilfegruppe für schüchterne Menschen aller sexuellen Orientierungen gegründet. Nach ihrem Ausstieg wandelte sich das Forum und wurde zum Startpunkt der Incel-Bewegung in den USA, als Subkultur heterosexueller Männer im Internet. Diese glauben, dass sie einem männlichen Idealbild nicht entsprechen, und Frauen sie aufgrund von Äußerlichkeiten — „zu unattraktiv, zu klein“ usw. — ablehnen. Sie stützen sich auf die „Black- Pill-Theorie“, angelehnt an die rote oder blaue Pille aus dem Film „Matrix“ von 1999, die besagt, dass der sogenannte „Lookismus“, also die Unterdrückung aufgrund von unattraktivem Aussehen, die einzige, derzeit vorherrschende Diskriminierungsform sei.

 

Zugleich meinen Incels, sie hätten aufgrund ihres Geschlechts einen Anspruch auf Frauen, auf eine Liebesbeziehung und vor allem auf Sexualität mit ihnen. Indem sie Frauen abwerten, werten sie sich selber auf. Die Incel-Bewegung steht im engen Zusammenhang mit toxischer Männlichkeit und Maskulismus. Häufig sehen Incels im Feminismus den Grund ihrer Ablehnung: Der Feminismus sei schuld daran, dass sie keinen Erfolg bei Frauen haben. Ihre frustrierte Gefühlslage wenden sie in Misogynie, also in Hass auf Frauen, die sich zu Gewaltphantasien und Verschwörungsglauben steigern kann.

 

Da die meisten Internetforen öffentlich zugänglich sind, ist die Incel-Bewegung unter Beobachtung sozialwissenschaftlicher Forschung. Eine Studie aus Deutschland, der Schweiz und den USA hat zwischen 2005 und 2019 zahlreiche Postings verschiedener Gruppen analysiert. Daraus ergab sich eine zunehmende Radikalisierung von Incels mit steigender Gewaltbereitschaft und Hass. 2018 bekannte sich der Amokfahrer von Toronto, der 10 Menschen tötete, zur Incel-Bewegung. Bei genauer Betrachtung fällt auf, dass bei Amoktaten insbesondere Frauen angegriffen und ermordet werden, wie 1989, als am polytechnischen Institut in Montréal 14 Studentinnen getötet wurden. Es gibt auch Hinweise darauf, dass die Attentäter von Halle und Hanau Verbindungen in die Incel-Szene hatten. Sie folgten nicht nur einer rechtsextremen, sondern auch einer antifeministischen Ideologie.

 


Quellen

  • Politische Männlichkeit: Wie Incels, Fundamentalisten und Autoritäre für das Patriarchat mobilmachen
    Susanne Kaiser, 2020.
  • Incels: Geschichte, Sprache und Ideologie eines Online-Kults
    Veronika Kracher, 2020.
  • Interview für jetzt – Veronika Kracher im Interview
    Florian Kölsch und Veronika Kracher, In: jetzt, 5.11.2020.
    https://www.jetzt.de/kultur/veronika-kracher-im-interview-ueber-incels


Weitere Beiträge zum Thema Gender und Geschlechtergerechtigkeit:

06.12.2021 Blog, Gender Weltweit, Klimawandel, Energie und Umwelt

Ökofeminismus: Der Ausweg aus dem patriarchalischen Kapitalismus

Illustration eines Hemdkragens mit einer rot-weiss gestreiften Krawatte, auf der eine Industrielandschaft mit Fabriken und Hochhäusern abgebildet ist. Die Krawatte ist mit sechs Panzern verbunden, die durch rote Fäden symbolisch miteinander vernetzt sind. Der Hintergrund zeigt ein traditionelles rot-schwarzes Stickmuster mit geometrischen Formen und floralen Motiven.
Der patriarchalische Kapitalismus beutet Frauen und die Umwelt aus.
weitere Informationen

01.11.2021 Gender Weltweit

Frauen und die COVID-19-Krise in Asien

Illustration von vier Personen auf blauem Hintergrund. Links trägt eine Frau eine gefüllte Schale auf dem Kopf, während sie mit einer Hand eine Tasche hält, aus der Papier fällt. Ein Kind greift ihre Kleidung. Rechts stehen zwei Frauen, eine davon schwanger, Rücken an Rücken.
Unsere Veröffentlichungsreihe untersucht genderspezifische Auswirkungen der COVID-19-Pandemie in Asien, die Antworten der Politik sowie die Handlungsfähigkeit der Frauen im Zusammenhang mit der Pandemie. Sie zeigt außerdem...
weitere Informationen

04.10.2021 Geschlechterpolitik - Was tun?

Demokratie ist weiblich. Frauen in der sächsischen Politik

Demokratie ist weiblich

Samstag, 13.11.21 10:00 bis 15:00 GE, Rückblick, Barcamp, Gender

Nachbericht | Barcamp Gender NRW 2021 - Vielfalt, Zusammenhalt, Offenheit


20.08.2021 Gender Weltweit

Bitte kein Genderwashing

Auf zwei Balkonen stehen Menschen und halten weiße Tücher in den Händen.
Die Care-Ökonomie ist kein „Frauenthema“. Sie muss im Kontext des globalen Finanzsystems betrachtet werden.
weitere Informationen

04.08.2021 Gender Weltweit

Patriarchat zerschlagen & Co.

Illustration von mehreren Personen, die mit verschiedenen Werkzeugen, wie einer Steinschleuder und einem Hammer, gegen einen großen, in der Luft schwebenden Spiegel kämpfen, der das Symbol für das weibliche Geschlecht darstellt. Eine Person sitzt oben auf dem Spiegel und hält ein Schild mit einem Hashtag. Im Hintergrund ist eine gepanzerte Figur mit Schild und Schlagstock. Der Spiegel ist  durch die Steinschleuder gesprungen.
Wie der Feminismus vom Kapitalismus vereinnahmt wird und wie arabische Feministinnen den Trend wieder umkehren. Ein Essay von Farah Daibes.
weitere Informationen

Fokus

Corona & Care

Corona & Care: Wer kümmert sich? Um wen wird sich gekümmert - und um wen nicht?
weitere Informationen

Freitag, 25.06.21 16:00 bis 18:00 +++ONLINE+++ KG, Rückblick, Online-Diskussion, Gender, Feminismus, Gleichberechtigung, Jugend (NICHT anklicken, Unterkategorie wählen), Gender

(F)Empowerment - Diskussion und Austausch


Grafik von zwei Frauen, die auf dem Boden sitzen und mit ihren Händen eine große Weltkugel berühren.
02.06.2021 Gender Weltweit Gender Weltweit

Eine feministische Syrienpolitik der EU

Wie eine holistische Perspektive die Grundlage der EU-Außenpolitik zu Syrien bilden kann, zeigen Nora-Elise Beck und Barbara Mittelhammer in einer neuen Analyse der FES. weitere Informationen

Montag, 21.06.21 17:30 bis 19:30 +++ ONLINE +++ KG, Gender, Feminismus, Gleichberechtigung, Jugend (NICHT anklicken, Unterkategorie wählen), Gender

Nicht vergessen - Menschen mit Demenz in unserer Gesellschaft


nach oben