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Menschenrechtsverletzungen drohen, denn sichere Migration hat politisch derzeit keine Priorität. Doch warum stockt der Globale Migrationspakt?
Der Globale Pakt für eine sichere, geordnete und reguläre Migration (GCM) der Vereinten Nationen ist im Dezember 2024 gerade sechs Jahre alt geworden, steht aber immer noch auf mehr als wackeligen Beinen. Die Erfüllung der 23 Zielsetzungen, die von Datensammlung und Abschieberegelungen bis hin zu Engagement der Diaspora und Rücküberweisungen die verschiedensten Themen abdecken, schreitet nur schleppend voran.
Dies bestätigt auch der dritte Bericht des UN-Generalsekretärs zum aktuellen Stand der Umsetzung vom 5. Dezember 2024. Zwar wurde zum Beispiel positiv hervorgehoben, dass die ASEAN-Staaten im Mai 2023 eine Declaration on the Protection of Migrant Workers and Family Members in Crisis Situations verabschiedeten oder dass insgesamt 49 Länder im Juni 2023 die Rabat Declaration zur Verbesserung der Gesundheit von Geflüchteten und Migrant_innen annahmen, doch zählten diese zu einigen wenigen Lichtblicken.
Tatsächlich sind in den vergangenen Jahren vor allem durch politische Entwicklungen in den Zielländern in der Umsetzung des GCM wenig Fortschritte zu verzeichnen. So hält der Bericht fest, dass selbst reguläre Migrationswege teilweise lediglich eine vorübergehende Aufenthaltserlaubnis mit beschränktem Zugang zum Arbeitsmarkt oder zu Basisdiensten bieten. Außerdem werde bei vielen Zielländern die Tendenz beobachtet, dass das Migrationsmanagement externalisiert und Grenzkontrollen intensiviert werden. In Verbindung mit zunehmender Versicherheitlichung und Abschreckungsmaßnahmen steige somit das Risiko für Menschenrechtsverletzungen, Zurückweisungen, willkürliche Festnahmen sowie Diskriminierung von Migrant_innen markant.
Dies lässt sich derzeit gut in den USA beobachten, wo der GCM keinerlei Beachtung durch die aktuelle Regierung findet. Bereits am Tag seiner Amtseinführung, am 20. Januar 2025, unterzeichnete Donald Trump zehn Durchführungsverordnungen mit Blick auf Migration und Einbürgerung, wodurch er 27 Politikinstrumente seiner ersten Amtszeit wiederbelebte und sieben neue einführte. Als eine der direkten Folgen drohen nun etwas mehr als 500.000 Migrant_innen aus Kuba, Haiti und Nicaragua, die seit 2022 durch eine von Biden ins Leben gerufene Initiative in die USA gekommen sind, der Verlust ihrer Aufenthaltsgenehmigung und womöglich ihre Abschiebung. Außerdem wurden bereits 261 Venezolaner größtenteils mit Berufung auf ein Gesetz von 1798 in ein Gefängnis in El Salvador zwangsweise abgeschoben.
Auf globaler Ebene sorgte die unmittelbare Aussetzung aller USAID-Programme ab dem 20. Januar 2025 für zunächst 90 Tage für Schlagzeilen. Schritt für Schritt wurde dann deutlich, dass 83% der USAID-Programme gestrichen werden sollen und die Behörde auf lediglich 15 rechtlich erforderliche Stellen reduziert werde. Die wenigen verbleibenden Projekte werden künftig vom US-Außenministerium verwaltet. Während weiterhin diskutiert wird, ob Trump diese Entscheidung im Alleingang treffen darf, gibt es bereits erste Berichte darüber, dass die Kürzungen zu vermeidbaren Todesfällen führen, wie zum Beispiel durch die daraus resultierende Schließung örtlicher Gesundheitseinrichtungen im Südsudan.
Auch hierzulande ist der GCM nicht unangefochten. Während sich die AfD (und auch das BSW) immer wieder sehr deutlich von dem Pakt distanzieren, ist dies zwar nicht explizit Teil der Rhetorik der CDU/CSU-Fraktion, doch deren Anträge sprechen mit Blick auf sichere und reguläre Migration eine klare Sprache. So forderte ein nicht-bindender Entschließungsantrag der Union, der am 29. Januar mit Stimmen der AfD angenommen wurde „sofortige, umfassende Maßnahmen zur Beendigung der illegalen Migration“, während das am 31. Januar abgelehnte Zustrombegrenzungsgesetz, die Begrenzung als Ziel des Aufenthaltsgesetzes wiedereinführen und die Befugnisse der Bundespolizei erweitern wollte.
Trotz dessen Ablehnung findet sich der Wortlaut erschreckend ähnlich im neuen Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD wieder. Dort heißt es nämlich unter anderem, dass „das Ziel der Begrenzung der Migration“ aufgenommen, der Familiennachzug ausgesetzt, eine Rückführungsoffensive gestartet und die Anreize zur Einwanderung reduziert werden sollen. Dies lässt vermuten, dass legale Migrationswege in den kommenden Jahren stärker beschränkt werden. Es überrascht somit wenig, dass der Migrationspakt und dessen Zielsetzungen im Koalitionsvertrag nicht erwähnt werden.
Bereits in den vergangenen Jahren hatte Deutschland im Umgang mit dem GCM einen internationalen Fokus gewählt und das finanzielle und entwicklungspolitische Engagement stärker betont, etwa durch Gelder für den Migration Multi-Partner-Trust-Fund oder anhand von Projekten des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Diese Linie zeichnet sich auch im neuen Koalitionsvertrag ab, worin Entwicklungszusammenarbeit als „zentraler Hebel in der Migrationssteuerung“ bezeichnet wird. Inwiefern die kommende Regierung die bereits freiwillig eingegangenen Verpflichtungen in der Umsetzung des GCM weiterhin verfolgen wird, bleibt abzuwarten.
Für künftige Berichte stehen nun für jedes der 23 Ziele klare Indikatoren zur Verfügung, anhand derer der (ausbleibende) Erfolg gemessen werden kann. Diese wurden als Antwort auf eine der zentralen Forderungen des vergangenen International Migration Review Forum (IMRF) im Jahr 2022 entwickelt und mit dem neusten Bericht des UN-Generalsekretärs präsentiert. Letztlich bleiben sowohl die Verwendung der Indikatoren als auch die Umsetzung der Ziele des GCM jedoch rechtlich nicht-bindend, weshalb sich bisherige Trends durchaus fortsetzen könnten. Dazu wird es spätestens beim nächsten IMRF Mitte 2026 weitere Neuigkeiten geben.
Joscha Wendland ist Politikwissenschaftler und derzeit am WZB in der Forschungsgruppe „Globalisierung, Arbeit und Produktion“ tätig. Er recherchiert und schreibt aus Berlin zu politischen und gesellschaftlichen Themen, vorrangig mit Blick auf Arbeitsmarktthemen und Migration. Für die Friedrich-Ebert-Stiftung hat er bereits diverse Recherchen angefertigt und die SPD-Migrationskonferenz begleitet. Sein Herzensthema, auch untermauert durch sein ehrenamtliches Engagement, ist eine menschenwürdige Zukunft der Arbeit.
Die im Artikel zum Ausdruck gebrachten Meinungen und Äußerungen der Gastautor_innen spiegeln nicht notwendigerweise die Haltung der Friedrich-Ebert-Stiftung wider.
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