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Beim Globalen Forum für Migration und Entwicklung steht Kolumbiens Vorreiterrolle in der internationalen Migrationspolitik auf dem Prüfstand. Der Weg ist lang. Wortwörtlich.
Das Global Forum on Migration and Development (GFMD) 2025 sollte ein wegweisendes Ereignis werden. Doch bereits die Vorverlegung des Forums auf Juni und die Verlegung des Veranstaltungsortes von Bogotá 1000 km weiter nördlich nach Barranquilla sorgten bereits für Kritik. Mit der Entscheidung vom 10. April, das Treffen noch einmal um rund 300 km nach Nordosten in das von Armut geprägte Riohacha in La Guajira - zugleich das Zentrum des kolumbianischen Kohleabbaus - zu verlegen und den Termin erneut von Juni auf September zu verschieben, wächst die Frustration unter den Teilnehmer_innen im In- und Ausland. Hinter dieser Entscheidung stehen offenbar vor allem innenpolitische Beweggründe.
Kolumbien, weltweit als Vorreiter in der Migrationspolitik anerkannt, insbesondere aufgrund seines Status als Transitland und der erfolgreichen Aufnahme von Millionen venezolanischen Geflüchteten, scheint eine Chance zu vergeben, sich international stärker zu positionieren. Seit dem 1. Januar 2025 ist das Land erstmals Mitglied des UN-Menschenrechtsrats und präsentiert sich auf multilateraler Ebene als Verfechter der Menschenrechte. Ein erfolgreich organisiertes GFMD böte Kolumbien die Gelegenheit, nicht nur seine Führungsrolle in der globalen Migrationspolitik, sondern auch in der Menschenrechtspolitik zu stärken.
Nach der nun zweiten kurzfristigen Verlegung kommt Kritik an dieser Entscheidung der Nationalregierung vor allem aus Barranquilla, wo die Stadtverwaltung sowohl Einnahmeverluste als auch mangelnden Respekt für ihre bisherigen Bemühungen anprangert. Dass die bereits von lokalen Partnern geplanten Netzwerke und Projekte rund um das Forum ebenfalls vor neuen Herausforderungen stehen, findet jedoch aufgrund der zurückhaltenden Kommunikation der Organisator_innen kaum Beachtung. Die zivilgesellschaftliche Reaktion bleibt erstaunlich zurückhaltend.
Bereits die erste Verlegung nach Barranquilla hatte eine klare innenpolitische Komponente. Die Stadt, als Symbol für Migration und mit ihrem bedeutenden Hafen als Tor zur Welt, schien im Februar 2025 dennoch eine politisch nachvollziehbare Wahl. Die Ankündigung der Verlegung nach Riohacha wirft jedoch neue Fragen auf und dürfte weiterhin innenpolitisch motiviert sein.
Wie das Event, das nun in der ersten Septemberwoche beginnen wird und mehr als 2.000 Teilnehmer_innen aus über 130 Ländern erwartet, dort organisiert werden soll, bleibt im Hinblick auf logistische Herausforderungen unklar.
In virtuellen Diskussionen mit der Zivilgesellschaft wurde deutlich, dass viele besorgt sind. Die geänderten Termine und der abgelegene Veranstaltungsort erschweren die Planung erheblich. Viele haben nicht die finanziellen Mittel für die Reise und sind mangels Direktflügen gezwungen, über die USA zu reisen. Angesichts der als bedrohlich empfundenen politischen Lage bestehen Bedenken, dass Transitgenehmigungen abgelehnt werden oder es zu Problemen auf US-amerikanischem Boden kommen könnte. In Riohacha stellt sich zudem die Frage, ob Flugverbindungen und Unterkunftskapazitäten (1.500 verfügbare Betten) ausreichen werden. Zudem könnten lokale Initiativen schwer eingebunden werden, und Delegationen, die ihre Reise nach Barranquilla geplant hatten, stehen nun vor zusätzlichen Kosten und Planänderungen.
Die Regierung rechtfertigt die Verlegung mit der Bedeutung von Riohacha als Grenzstadt zu Venezuela, die besonders von der Migrationskrise betroffen ist. Ziel sei es, die Problematik sichtbarer zu machen und mehr Aufmerksamkeit auf die Grenzregion zu lenken. Vizeaußenminister Mauricio Jaramillo betonte zudem die Notwendigkeit der Diversifizierung und Dezentralisierung der Veranstaltungsorte, räumte aber gleichzeitig die Herausforderungen ein.
Der Gipfel wird unter dem Motto "Reguläre Migration, Arbeitsmobilität und Menschenrechte: Säulen der Entwicklung und des Wohlergehens von Gesellschaften" stattfinden, wobei Kolumbiens feministische Außenpolitik eine Schlüsselrolle spielen soll. Obwohl bei dem Treffen Geschlechterparität und regionale Vielfalt Priorität haben sollen, können weniger als 30% der zivilgesellschaftlichen Delegierten finanziell unterstützt werden.
Für Kolumbien bleibt das Forum eine besondere Gelegenheit, auch im Kontext seines Mandats im UN-Menschenrechtsrat zu zeigen, dass ein menschenrechtsbasierter Ansatz nicht nur eine rhetorische Floskel bleibt. Jedoch bleibt hierfür die substanzielle Einbindung der Zivilgesellschaft, die "meaningful participation", trotz offizieller Mechanismen abhängig von der Interpretation des Gastgeberstaates. Entgegen früherer Versprechen gibt es bisher keine Hinweise darauf, wie zivilgesellschaftliche Akteur_innen stärker in die Gipfelvorbereitungen eingebunden werden sollen. Wie sich unter diesen Bedingungen geschlechtergerechte Ansätze bei der Migration, die Stärkung von Frauenrechten und die Schaffung sicherer Migrationswege in den Forderungen widerspiegeln und diese Ziele konkret umgesetzt werden sollen, bleibt bisher unklar.
Trotz dieser Herausforderungen bietet das GFMD Kolumbien eine einzigartige Gelegenheit, sich als Vorreiter in der internationalen Migrationspolitik zu positionieren. Die Verbindung von Migration und Menschenrechten könnte dem Land helfen, seine Rolle als globaler Akteur zu stärken und seine Mitgliedschaft im UN-Menschenrechtsrat mit konkretem Handeln zu untermauern. Die erfolgreiche Aufnahme venezolanischer Geflüchteter bietet wertvolle Erfahrungen, die als Best-Practice-Beispiele in den internationalen Diskurs eingebracht und für die Entwicklung innovativer Ansätze für humanitäre Herausforderungen sowie eine inklusivere Migrationspolitik genutzt werden können.
Wird dieses Ziel jedoch verfehlt, könnte Riohacha nicht als Katalysator für Fortschritt, sondern als Symbol für verpasste Chancen in die Geschichte der internationalen Migrationspolitik eingehen.
Immer wieder tauchen Fragen zur Zusammenarbeit und den Unterschieden zwischen dem Globalen Pakt für sichere, geordnete und reguläre Migration (GCM) und dem Globalen Forum für Migration und Entwicklung (GFMD) auf.
Während der GCM formelle Umsetzungsmechanismen bietet, basiert das GFMD auf freiwilliger Zusammenarbeit. Beide ergänzen sich: Der GCM setzt verbindliche Zielvorgaben, während das GFMD Raum für offenen Dialog ohne Verhandlungsdruck schafft. Gemeinsam tragen sie der Komplexität der globalen Migrationssteuerung Rechnung und vereinen unterschiedliche Engagement Ebenen.
Das GFMD ist ein informeller, staatlich geführter und nicht bindender Prozess außerhalb des UN-Systems, der 2006 von Kofi Annan initiiert wurde. Es fördert Migration und Entwicklung durch Dialog, strukturiert internationale Prioritäten und ermöglicht den Austausch bewährter Praktiken. Zivilgesellschaftliche Organisationen werden aktiv eingebunden, koordiniert durch den Civil Society Mechanism (CSM).
Dieses zwischenstaatliche Abkommen der UN-Generalversammlung von 2018 ist ein Meilenstein der internationalen Migrationspolitik. Es definiert in 23 Zielen die Steuerung von Migration und umfasst einen formalen Überprüfungsmechanismus, der alle vier Jahre erfolgt. Ziel ist es, einen gemeinsamen Rahmen für alle Dimensionen der internationalen Migration zu schaffen.
Oliver Dalichau ist Direktor der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) in Kolumbien und des lateinamerikanischen Netzwerks für inklusive und nachhaltige Sicherheit. Seit 2003 arbeitet er in verschiedenen Bereichen für die FES unter anderem in der politischen Erwachsenenbildung oder als Büroleiter in Madagaskar, Angola und Ruanda.
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