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Karl Marx (1818-1883), Philosoph und Ökonom, entwickelte mit Friedrich Engels die Grundlagen des wissenschaftlichen Sozialismus. Geboren in Trier, studierte er später Jura und Philosophie und wurde dabei stark von Hegelschen Ideen beeinflusst. Nach dem Scheitern der Revolution von 1848 lebte er im Exil in London, wo er sein Hauptwerk "Das Kapital" verfasste. Marx entwickelte die Theorie des historischen Materialismus, sah Klassenkämpfe als Motor der Geschichte und prognostizierte den Untergang des Kapitalismus zugunsten einer klassenlosen Gesellschaft. Mit Engels verfasste er das "Manifest der Kommunistischen Partei". Marx' Ideen prägten die internationale Arbeiterbewegung und beeinflussen bis heute Debatten über Kapitalismus und soziale Gerechtigkeit.
Hören Sie den Eintrag zu Karl Marx auch als Hörbuch. (Hörzeit 11:38 Minuten)
Karl Marx (* 5.5.1818 · † 14.3.1883) wurde in Trier als Sohn eines Anwalts geboren, der zum christlichen Glauben konvertierte. Beide Eltern stammten aus gebildeten rabbinischen Familien. Nach Abschluss des Gymnasiums studierte Marx Jura in Bonn und später Philosophie in Berlin. Die dort gelehrte Philosophie Hegels beeinflusste ihn stark und spielte lebenslang eine große Rolle in seinem Denken. Er promovierte in Jena 1841.
In seiner Pariser Exilzeit seit 1843 wurde er im engen Kontakt mit herausragenden deutschen und französischen Sozialisten bald selbst zu einem der führenden Theoretiker des Sozialismus und Kommunismus. Das Scheitern der Revolution 1848 zwang Marx ins Exil, zunächst bis 1849 in Paris und danach bis zu seinem Tode in London. Von nun an stand er stets in intensivem Kontakt mit den Vertretern der revolutionären Arbeiterbewegung Europas und widmete sich der wissenschaftlichen Grundlegung des Sozialismus sowie der Mitarbeit in den entstehenden Organisationen der internationalen Arbeiterbewegung. In Paris begann auch seine lebenslange Freundschaft und äußerst intensive Zusammenarbeit mit Friedrich Engels (S. 105-111). Deren erstes, großes und bis heute stark beachtetes Produkt war das 1848 im Auftrag des Bundes der Kommunisten verfasste Manifest der Kommunistischen Partei mit seiner Skizze des historischen Materialismus, seinen Aufrufen zur Überwindung der kapitalistischen Gesellschaft, zur Erringung der Demokratie und zum Zusammenschluss der Arbeiter aller Länder.
Im Londoner Exil arbeitete Marx vor allem an seinem epochalen Werk Das Kapital (1867). 1864 war er federführend an der Gründung der Internationalen Arbeiter-Assoziation (I. Internationale) beteiligt, deren Statuten und Programme er entwarf und deren Leitung er bis 1872 innehatte. Er war zu Lebzeiten eine bedeutende, jederzeit zugängliche Autorität für die Repräsentanten der Arbeiterparteien Europas in allen programmatischen und praktischen Fragen.
Der überragende Beitrag von Marx zur Theorie der Sozialen Demokratie ist sein »Wissenschaftlicher« Sozialismus.
Marx war in seinen Anfängen als politischer Schriftsteller und Theoretiker von ethisch-normativ argumentierenden Sozialisten wie Moses Hess und den französischen Frühsozialisten geprägt. In seinem reifen Werk dagegen geht es ihm vor allem um die Überwindung der normativen zugunsten einer strikt wissenschaftlichen Grundlegung. Der Sozialismus sei kein abstraktes Sollen, das in die Arbeiterschaft hineingetragen werden muss, sondern ein der »wirklichen« Arbeiterbewegung und dem geschichtlichen Prozess innewohnendes Ziel. Darüber will der »wissenschaftliche« Sozialismus aufklären und auf diese Weise für die Praxis orientierende Bedeutung gewinnen. In einer Zeit des enormen Aufschwungs der Natur- und Gesellschaftswissenschaften glaubte Marx, für die Entwicklung der Menschheitsgeschichte etwas Vergleichbares erarbeiten zu können. Der wissenschaftliche Erklärungsanspruch galt dabei vor allem für die Wirtschaftskrisen, sozialen Widersprüche und Klassenkämpfe seiner Zeit. Die praktischen Antworten erwartete Marx aus dem Verlauf und den Erfahrungen der tatsächlich stattfindenden Klassenkämpfe.
Der materialistischen Geschichtsauffassung zufolge sind es die Widersprüche zwischen der unaufhaltsam vorantreibenden Entwicklung der Produktivkräfte und den in jeder historischen Epoche besonderen, durch die jeweiligen partikulären Klasseninteressen bedingten und begrenzten Produktionsverhältnissen, die das Grundgesetz der menschlichen Geschichte ausmachen:
»In großen Umrissen können asiatische, antike und moderne bürgerliche Produktionsweisen als progressive Epochen der ökonomischen Gesellschaftsformation bezeichnet werden. Die bürgerlichen Produktionsverhältnisse sind die letzte antagonistische Form des gesellschaftlichen Produktionsprozesses.« (MEW 13: 9)
Dann beginnt mit Sozialismus und Kommunismus die eigentliche Geschichte, indem sich die Menschheit ein für alle Mal aus der Beherrschung durch die von ihr selbst erschaffenen Verhältnisse bestimmter Eigentumsordnungen befreit und selbstbestimmt den Stoffwechsel mit der Natur und die menschlichen Beziehungen regelt. Knappheit, Herrschaft, Entfremdung und der von der Gesellschaft getrennte Staat werden überwunden, das Reich der Freiheit beginnt.
Marx Wirkung auf die sozialistischen Parteien und ihre Programmatik beschränkte sich im Wesentlichen auf seine politökonomischen und politischen Ideen. Das ökonomische Grundgesetz der Geschichte bestimmt die Entwicklung als eine ununterbrochene Abfolge von Klassenkämpfen. Die Vertreter der jeweils fortschrittlicheren Produktivkräfte setzen sich am Ende immer gegen die Vertreter der historisch überholten Produktionsverhältnisse durch. Das Proletariat wird als Vertreter der historisch fortschrittlichsten, sozialistischen und kommunistischen Produktionsweise am Ende einer langen Folge sich verschärfender Wirtschaftskrisen den Kapitalismus und die politische Herrschaft seiner Eigentümerklasse überwinden. Die Erkämpfung der Demokratie als die Form »der Herrschaft der ungeheuren Mehrzahl der Gesellschaft im Interesse der ungeheuren Mehrzahl« schafft die Voraussetzungen, durch eine Politik der Vergesellschaftung des dominanten Produktionsmitteleigentums und die rationale Leitung und Lenkung der Produktion die Widersprüche der alten Gesellschaft zu überwinden. Mit dem Ende des anarchistischen Marktes und den die Gesellschaft spaltenden kapitalistischen Eigentumsverhältnissen ist die Voraussetzung für eine von Krisen, Entfremdung und Ausbeutung freie Gesellschaft geschaffen. Die Menschen bestimmen von nun an als Gleiche und Freie, wie sie zusammen arbeiten und leben wollen, zunächst im Sozialismus, in dem noch der demokratische Staat herrscht, und dann im Kommunismus, in dem jede Form von Herrschaft und Beschränkung überwunden ist.
Die einzelnen Schritte auf diesem Wege der »Vergesellschaftung« der Produktionsweise und die konkrete Gestalt der sozialistischen Gesellschaft ließ Marx offen. Er hat aber klargestellt, dass die politische Form, in der sich diese Transformation allein vollziehen kann, die politische Demokratie sein muss. Auch deren genaue Gestalt hat er nicht bestimmt, aber auf die Pariser Kommune von 1871 mit ihrer direkten Demokratie, dem imperativen Mandat und ihrem Pluralismus aus sozialistischen und demokratischen Kräften als Modell hingewiesen.
Die Beiträge von Marx zur Konzeption der Sozialen Demokratie sind paradoxerweise im Bereich der Zielsetzung eher normativer Art: die Überwindung von Ausbeutung und Entfremdung sowie jeder Form von Klassenherrschaft durch Schaffung einer Gesellschaft der Freien und Gleichen, nicht nur in formeller, sondern vor allem auch in materieller Hinsicht. Marx’ Zauberwort der »Vergesellschaftung der Produktionsmittel« spielt bis heute eine ambivalente Schlüsselrolle. Nicht Marx selbst, aber viele seiner Interpreten lasen diesen Begriff im Sinne von »Verstaatlichung«. Worin genau eine wirkliche »gesellschaftliche« Verfügung über die Produktionsmittel zu sehen sei, hat Marx nicht geklärt, sodass der Begriff zwar nahezu ein Jahrhundert lang zum Schlachtruf der Parteien des demokratischen Sozialismus wurde, jedoch zumeist in unklaren Bedeutungen.
Von dieser Vorstellung eines »wissenschaftlichen« Sozialismus entnahmen die Sozialisten, die ihr folgten, und die Parteien der Arbeiterbewegung, die sie zur Grundlage ihrer Programmatik erhoben, in erster Linie das Selbstbewusstsein, nicht nur einen Kampf für die Durchsetzung der Interessen einer Klasse zu führen, sondern Vollstrecker geschichtlicher Entwicklungsgesetze zu sein. Lange Zeit war diese Vorstellung eingebettet in die von Engels und Kautsky (S. 166-172) betriebene Verfestigung des Marx’schen Denkens zu einer geschlossenen Weltanschauung. In dieser verengten Form hat der Marxismus die meisten Parteien der II. Internationale vor dem Ersten Weltkrieg geprägt, mit Selbstbewusstsein erfüllt und stark motiviert.
In der gesamten marxistischen Tradition blieb das Problem der Vermittlung von Theorie und Praxis ein unauflösliches Dilemma. Die marxistischen Theoretiker des 19. Jahrhunderts in Deutschland, vor allem der führende sozialdemokratische Parteitheoretiker Kautsky mit seinem Einfluss auf die sozialistischen Parteien in ganz Europa, verfolgten eine eher am naturwissenschaftlichen Modell orientierte Interpretation und leiteten daraus Strategien des Zuwartens auf den Augenblick des Umschlags der kapitalistischen in die sozialistische Produktionsweise ab. Diese Strategie des »revolutionären Attentismus« in Verbindung mit der Erwartung, die gesamten gesellschaftlichen Verhältnisse nach dem endgültigen Scheitern des Kapitalismus durch Vergesellschaftung von Grund auf neu gestalten zu können, blieb für die deutsche Sozialdemokratie seit der Übernahme des Marxismus als offizielle Parteidoktrin in den 1880er-Jahren die maßgebliche Orientierung in der Theorie. Gleichzeitig betrieb sie eine umfassende Reformpolitik in der Praxis.
Marx’ Theorie ist bis heute eine der Quellen für das Verständnis des Kapitalismus und seiner Krisen sowie einer nie endenden Debatte über Möglichkeiten und Formen der gesellschaftlichen Kontrolle der Märkte und des Produktionsmitteleigentums. In den Grundsatzprogrammen der Sozialdemokratie wird sie als eine der Wurzeln der modernen Sozialen Demokratie genannt. Gruppierungen innerhalb der sozialen Demokratie, vor allem der Gewerkschaften, beziehen sich weiterhin auf sie. Der sozialdemokratische Mainstream ist eher der Auffassung, die radikale Kapitalismuskritik von Marx und seine Prognose einer kommenden radikalen Alternative hätten indirekt gewirkt, indem sie auf je eigene Weise die Macht der Arbeiterbewegung und die Bereitschaft der Vertreter des Kapitals gestärkt haben, den Kapitalismus durch demokratische Regulierung und sozialstaatliche Einbettung gründlich zu verändern, um eine Katastrophe zu verhindern.
Seit der Weltfinanzmarktkrise von 2008 ist eine gewisse Marx- Renaissance zu beobachten. Der Marxismus kehrt zurück in die gesellschaftswissenschaftlichen, journalistischen und politischen Debatten. Was auf alle Fälle von der Marx’schen Kapitalismuskritik bleibt, ist ihr Nutzen als heuristischer Leitfaden für die Krisenanalyse. Das gilt für die Ursachen und Wirkungen einer allein am Diktat des Privateigentums und der Märkte orientierten kapitalistischen Verwertungslogik wie für die in einer weichen Lesart durchaus aktuelle These von der durchschlagenden Prägekraft der Produktionsverhältnisse auf Politik, Gesellschaft und Kultur. Für die Suche nach politischen Handlungsstrategien bleibt die Theorie von Marx freilich weiterhin unergiebig.