Kurt Beck: Das Konjunkturpaket ist ein Schritt in die richtige Richtung

Unser Vorsitzender Kurt Beck kommentiert das Corona-Konjunkturpaket der Bundesregierung:

Zu Beginn wurde die Corona-Krise von vielen Kommentator_innen noch als große Gleichmacherin beschrieben. Das Virus treffe jeden, egal ob arm oder reich. Das ist richtig. Richtig ist aber auch, dass die letzten Wochen die enormen Ungleichheiten in diesem Land noch deutlicher offengelegt haben. Denn besonders hart getroffen hat es diejenigen Menschen, die ohnehin schon Tag für Tag zusehen müssen, wie sie ihr Auskommen finden: Insbesondere Menschen mit geringem Einkommen, Familien, Alte und Kranke. Die ungleiche Verteilung von Lasten ist aber bis weit in die Mitte unserer Gesellschaft hinein deutlich geworden. Viele dieser Probleme haben sich sogar verschärft.

Das Konjunkturpaket der Bundesregierung geht daher in die richtige Richtung. Denn die geplanten Maßnahmen zur Belebung der Wirtschaft erschöpfen sich nicht einfach in Finanzspritzen für große Konzerne. Zu Recht ist die kurzsichtige Abwrackprämie, die lediglich veraltete Technologien künstlich am Leben halten würde, nicht Teil des Pakets. Gleiches gilt für die von der CDU/CSU geforderte vollständige Abschaffung des Solidaritätszuschlags, die nur ein Steuergeschenk an die Reichsten im Lande geworden wäre.

Die vergangenen Wochen haben ja vielmehr gezeigt, dass die Menschen in Deutschland bereit sind für Solidarität gegenüber Ihren Mitbürger_innen. Das Konjunkturpaket trägt dem Rechnung. Es setzt nämlich bei denen an, die unser Land tagtäglich am Laufen halten. Das fängt an bei der Senkung der Mehrwertsteuer. Die gilt zwar für alle, auch für Wohlhabende. Aber sie hilft vor allem Menschen mit mittlerem und geringem Einkommen. Sie verschafft ihnen eine gewisse Atempause, wenn es um den täglichen Bedarf geht.

Das betrifft ganz besonders Menschen mit Kindern. In der Corona-Krise ist besonders deutlich geworden, wie prekär die Lage für Familien ist. Drei Milliarden zum Ausbau von Kitas und Ganztagsschulen können helfen, Ungleichheiten abzubauen. Solche Maßnahmen gehen dabei weit über eine Förderung der Konjunktur hinaus. Eine gute Daseinsvorsorge vor Ort macht es für die Bürger_innen wieder erlebbar, dass der Staat für sie da ist. In Zeiten, in denen Rechtsradikale und Verschwörungsideologen die Krise für ihre autoritären Umsturzgedanken nutzen wollen, kann solch ein präsenter Sozialstaat verlorenes Vertrauen in die Demokratie wieder stärken, wie eine unserer Studien zeigt.

Um unsere gesellschaftliche Infrastruktur zu erhalten, müssen wir aber größer denken und da ansetzen, wo Politik konkret und erfahrbar wird: in den Kommunen. In den vergangenen Jahren hat sich die Ungleichheit zwischen den Kommunen in Deutschland weiter verfestigt: Während einzelne Städte boomen, drohen ganze Regionen langfristig abgehängt zu werden. Eindrucksvoll nachgewiesen wurde dies in unserer Studie "Ungleiches Deutschland".

Wirtschaftlich schwächere Städte und Gemeinden kämpfen seit langem vergeblich darum, sich aus der Spirale aus Schulden und geringen Einnahmen zu befreien. Wenn jetzt in den betroffenen Kommunen noch die Steuereinnahmen des lokalen Gewerbes wegbrechen, droht sich die Abwärtsspirale weiter zu verschärfen. In der Krise dürfen Kommunen nicht zum Sparen gezwungen werden. Im Gegenteil: jetzt ist die Zeit, sie endlich mit den Möglichkeiten auszustatten, in die Zukunft zu investieren.

Leider sind die Vorschläge von Olaf Scholz nach einem Schuldenschnitt an der CDU/CSU gescheitert. Das Konjunkturpaket beinhaltet dennoch vieles, was die Sozialdemokratie seit Jahren fordert. Es ist eine Chance, ein erster großer Schritt, um unser Land aus einer historischen Krisensituation herauszuführen und unsere Wirtschaft in Zukunft gerechter, innovativer und nachhaltiger zu gestalten. Dabei gilt es, die strategische Investitionen, wie zum Beispiel die Wasserstoff- und Quantentechnologien, voranzutreiben.

Wenn wir diese Chancen nutzen, legen wir nicht nur die Grundlagen dafür, unseren Wohlstand zu erhalten. Eine gerechte Wirtschaftsordnung, die allen Menschen dient, fördert den gesellschaftlichen Zusammenhalt und stärkt das Vertrauen in unsere Demokratie.

Kurt Beck, Vorsitzender der Friedrich-Ebert-Stiftung und Ministerpräsident a.D. 

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