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Just Transition im Mittelpunkt – Die FES auf der COP30

Warum soziale Gerechtigkeit der Schlüssel zu erfolgreicher Klimapolitik ist. Interview mit Yvonne Blos, Referentin für internationale Klimapolitik bei der Friedrich-Ebert-Stiftung.

Die Friedrich-Ebert-Stiftung auf der internationalen Klimakonferenz

 

Auf der COP30 in Belém diskutieren Regierungen und Zivilgesellschaft über die Umsetzung des Pariser Klimaabkommens. Yvonne Blos, Referentin für internationale Klimapolitik bei der FES, erklärt in einem Interview, welche Themen im Fokus stehen und welche Rolle die Stiftung spielt.

 

Welche Rolle spielen die COPs für die Bekämpfung der Klimakrise?

Yvonne Blos: Die Rolle der Klimakonferenzen hat sich in den letzten Jahren gewandelt. Auf der COP21 in Paris wurde 2015 das Pariser Klimaabkommen beschlossen – ein Meilenstein nach Jahren des Stillstands. Die Weltgemeinschaft einigte sich, die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad Celsius zu begrenzen.

Hierzu wurde ein Verfahren freiwilliger Klimaschutzbemühungen auf nationaler Ebene – der sogenannten nationalen Klimaschutzpläne – beschlossen. In den Jahren danach blieben folgerichtig noch viele Fragen offen; inzwischen sind zahlreiche Punkte geklärt. Damit rückt die Umsetzung der Beschlüsse auf nationaler Ebene immer stärker in den Mittelpunkt – und sie hinkt in den meisten Ländern deutlich hinterher. Vor allem Industrieländer erfüllen ihre Verpflichtungen nicht, obwohl sie eigentlich mit gutem Beispiel vorangehen müssten. Das untergräbt das Vertrauen in den Prozess. Nichtsdestotrotz bleiben die Klimakonferenzen gerade in Zeiten globaler Verunsicherung von großer Bedeutung. Sie zeigen, dass der Multilateralismus weiterhin funktioniert. Gleichzeitig muss das System der Klimakonferenzen – ebenso wie die Vereinten Nationen insgesamt – reformiert werden, um künftig wirksamer handeln zu können.

Welche Themen stehen bei der COP30 im Vordergrund?

Drei Themen sind zentral. Erstens der anstehende Abschluss des Arbeitsprogramms zu Just Transition an, das auf der COP27 in Ägypten ins Leben gerufen wurde. Es ist entscheidend, damit ein sozial gerechter Übergang in der Transformation auf internationaler Ebene verankert wird. Zweitens die Klimafinanzierung: Ab 2025 sollen jährlich 300 Milliarden Euro vorrangig durch Industrieländer wie Deutschland sowie bis zu 1,3 Billionen US Dollar durch weitere Initiativen mobilisiert werden, um ärmere Länder beim Klimaschutz zu unterstützen. Nach harten Verhandlungen in Baku (COP29) steht Europa hier insbesondere nach dem Rückzug der USA aus den internationalen Bemühungen zum Klimaschutz besonders in der Verantwortung.
Es ist daher umso wichtiger, dass die anderen reichen Industrieländer an ihren Zusagen festhalten. Denn nur dann können ärmere Länder, die bislang kaum oder gar nicht zum Klimawandel beigetragen haben, wichtige Maßnahmen zur Minderung des Klimawandels umsetzen – und sind auch nur dann bereit dazu. Drittens geht es um ein globales Ziel für Klimaanpassung mit maximal 100 Indikatoren. Während es für Emissionsminderung klare Zielwerte gibt, fehlt dies im Bereich Klimaanpassung – obwohl dieser angesichts der voranschreitenden Klimakrise immer wichtiger wird.

Weniger im Fokus der Verhandlungen steht die Frage, wie eine weitere Ambitionssteigerung zur Begrenzung der Erderwärmung auf unter zwei Grad noch gelingen kann – dem Kernziel des Pariser KlimaabkommensOb die COP03 den dafür notwendigen Ausstieg aus fossilen Energieträgern voranbringt, ist angesichts der aktuellen politischen Weltlage leider fraglich. Die bisher eingereichten nationalen Klimaschutzpläne reichen dafür nicht aus; zudem ist die Einreichungsfrist bereits abgelaufen und wurde von zwei Dritteln der Vertragsstaaten ignoriert. Auch die EU hat erst am 5. Novembe ein abgeschwächtes Klimaziel für 2040 verabschiedet.

Wofür engagiert sich die FES auf der Klimakonferenz ein?

Seit rund 15 Jahren setzt sich die Friedrich-Ebert-Stiftung gemeinsam mit Partnerorganisationen weltweit für eine sozial gerechte Klimapolitik ein. Dabei ermöglichen wir zivilgesellschaftlichen und gewerkschaftlichen Partnerorganisationen, an diesen Klimakonferenzen teilzunehmen und ihre Forderungen zu Klimagerechtigkeit und Just Transition aktiv einzubringen. Dieses Engagement unterstützen wir durch die Arbeit unserer Auslandsbüros, Veranstaltungen, Lobbygespräche und Austauschformate. So schaffen wir Plattformen, auf denen unsere Partner_innen – etwa gegenüber deutschen Regierungsvertreter_innen – für ausreichende Klimafinanzierung und eine sozial gerechten Energiewende im Rahmen von Partnerschaften wie den Just Energy Transition Partnerships eintreten können.

Was wäre aus Sicht der FES ein Erfolg der COP 30?

In diesem Jahr hat die COP für uns eine besondere Bedeutung, weil das Just Transition Work Program (JTWP) abgeschlossen werden soll. Gemeinsam mit der globalen Gewerkschaftsbewegung begleiten wir das Thema seit Langem. Inzwischen haben sich auch viele andere zivilgesellschaftliche Gruppen angeschlossen.

Wir setzen uns dafür ein, dass im Rahmen der COP30 ein internationaler Mechanismus für Just Transition beschlossen wird, der soziale Gerechtigkeit für Arbeitnehmende und betroffene Gemeinden ins Zentrum stellt. Bei der Klima-Zwischenkonferenz in Bonn im Juni 2025 konnten hierfür bereits wichtige Teilerfolge erzielt werden. Darauf aufbauend setzt sich unsere Delegation in Belém gezielt ein, die Verhandlungen zum JTWPerfolgreich abzuschließen und den Mechanismus dauerhaft auf globaler Ebene zu verankern.
Das wäre ein bedeutender Fortschritt.

 

Yvonne Blos ist Expertin für internationale Klima- und Energiepolitik und koordiniert seit 2021 die internationale Delegation der Friedrich-Ebert-Stiftung auf den Weltklimakonferenzen – so auch in diesem Jahr in Brasilien.

Ihr Schwerpunkt liegt auf der Rolle von Just Transition und Klimagerechtigkeit in den Klimaverhandlungen sowie internationalen Partnerschaften. Sie berät politische Partner, bündelt regionale Expertise auf globaler Ebene und setzt sich gemeinsam mit zivilgesellschaftlichen und gewerkschaftlichen Organisationen dafür ein, dass soziale Gerechtigkeit in der internationalen Klimapolitik stärker verankert wird.

Ansprechperson

Yvonne Blos
+49 30 26935-7470
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