Diese Webseite verwendet Cookies
Diese Cookies sind notwendig
Daten zur Verbesserung der Webseite durch Tracking (Matomo).
Das sind Cookies die von externen Seiten und Diensten kommen z.B. von Youtube oder Vimeo.
Geben Sie hier Ihren Nutzernamen oder Ihre E-Mail-Adresse sowie Ihr Passwort ein, um sich auf der Website anzumelden.
Regierungsbildung im Schatten von Krisen und starkem rechten Rand
Bei der Bundestagswahl wurden alle Ampelparteien hart abgestraft, doch die anderen Parteien der Mitte konnten von dieser Schwäche nicht profitieren. Stattdessen legten die Parteien an den politischen Rändern stark zu – mit einem deutlichen Übergewicht am rechten Rand. Zusammen vereinen nun die Parteien am rechten und linken Rand des Spektrums mehr als 17 Millionen und über 34 Prozent der Zweitstimmen – das sind mit großem Abstand so hohe Anteile wie nie zuvor bei einer Bundestagswahl. Angesichts der geschrumpften Mitte standen bereits in den ersten Tagen nach der Wahl die Zeichen auf Sondierungsgesprächen für ein Bündnis aus CDU/CSU und SPD.
Anlässlich dieser besonderen Ausgangssituation für die neue Regierung aus Union und SPD wollen wir von den Bürger:innen nach der vorgezogenen Neuwahl wissen, wie sie auf die neue „Verantwortungskoalition“ blicken. Startet sie trotz der holprigen Kanzlerwahl und eines aufgeheizten Wahlkampfs mit Vertrauen in die neue Legislatur? Welche politischen Ziele sollte die Koalition verfolgen und in welchen Politikbereichen wünschen sich die Bürger:innen zentrale Verbesserungen? Wie steht es um die gesellschaftliche Stimmung angesichts polarisierter medialer Debatten? Und welche Sorgen treiben die Bevölkerung um und woraus schöpft sie Zuversicht? Mit diesen und weiteren Fragen setzen wir uns in der vorliegenden Studie auseinander, denn mit dem Bruch der Ampelregierung am 6.11.2024 und dem für die demokratischen Parteien der Mitte enttäuschend ausgefallenen Ergebnis der Bundestagswahl am 23.2.2025 scheint sich in unserer Gesellschaft ein tiefgreifender Wandel zu vollziehen.
Umfrage zu Erwartungen an die Koalition aus Union und SPD / Jan Niklas Engels, Nicole Loew, Vivien Reining, Nico A. Siegel ; Herausgebende Abteilung: Abteilung Analyse, Planung und Beratung. - Bonn : Friedrich-Ebert-Stiftung, 2025. - 24 Seiten = 1 MB, PDF-File. - (Analyse)Electronic ed.: Bonn : FES, 2025https://library.fes.de/pdf-files/a-p-b/22192.pdf
Zum Download (PDF) (1 MB, PDF-File)
Zum Download (EPUB)
[Das Factsheet basiert auf Informationen aus der Publikation: Guter Start für die neue Bundesregierung? Jan Niklas Engels, Nicole Loew, Vivien Reining, Nico A. Siegel, Bonn, 2025] / Friedrich-Ebert-Stiftung - Abteilung Analyse, Planung und Beratung. - [Bonn] : Friedrich-Ebert-Stiftung e.V., Juni 2025. - [2] Seiten = 100 KB, PDF-File. - (Factsheet)Electronic ed.: Berlin : FES, 2025
Zum Download (PDF) (100 KB, PDF-File)
Alles in allem wird der Koalitionsvertrag in der deutschen Bevölkerung verhalten positiv aufgenommen. Auf die Frage „Ist der von CDU/CSU und SPD ausgehandelte Koalitionsvertrag aus Ihrer Sicht alles in allem eher gut oder eher schlecht für Deutschland?“ antworten 44 Prozent mit „eher gut“, dagegen kommen 37 Prozent zum Urteil „eher schlecht“. Immerhin knapp jede:r Fünfte traut sich nicht zu, ein Urteil abzugeben.
Die verhalten positiven Werte der Zustimmung zum Koalitionsvertrag und die pragmatische Sicht auf Erfolgskriterien der Regierungsarbeit deuten auf einen eher nüchternen, abwartenden, aber durchaus wohlwollenden Blick auf den Start der neuen Bundesregierung hin. Während sich in Umfragen aus den letzten Jahren zeigte, dass eine Mehrheit der Befragten nicht mehr glaubt, die Politik sei in der Lage, die Herausforderungen der Zukunft zu bewältigen, deutet die aktuelle Umfrage hier in Richtung einer Wende. Aufgrund unterschiedlicher Grundgesamtheiten ist ein direkter Vergleich der Zahlen nicht möglich, doch auch für sich genommen sind die Ergebnisse der aktuellen Umfrage aufhorchenswert: 61 Prozent der Befragten sind der Überzeugung, dass die Politik in der Lage ist, die Zukunftsherausforderungen zu bewältigen, während 39 Prozent dies verneinen. Frauen sind in der Tendenz noch etwas zuversichtlicher als Männer (63 Prozent zu 57 Prozent).
Die größten Sorgen machen sich die Bürger:innen in Deutschland über die Politik Trumps (65 Prozent). Auf Platz 2 folgt das Erstarken rechter Kräfte oder Parteien (56 Prozent), gefolgt von den steigenden Kosten in Deutschland. Im Sorgenranking im Mittelfeld rangieren die Kriminalität (40 Prozent) und die wirtschaftlichen Probleme in Deutschland (38 Prozent). Mit etwas Abstand liegen auf den letzten drei Plätzen die Migration nach Deutschland (34 Prozent), militärische Aufrüstung in Europa (31 Prozent) und schließlich das Erstarken linker Kräfte oder Parteien (22 Prozent). Die Reihenfolge der Sorgenliste hat Bestand über sämtliche soziodemografische Gruppen hinweg – nur bei Menschen mit niedriger Bildung führen die Lebenshaltungskosten die Sorgenliste an, bei den 18- bis 24-Jährigen rangiert die Sorge um Lebenshaltungskosten (58 Prozent) fast gleichauf mit der Sorge über die Politik des US-Präsidenten (59 Prozent). Wenn auch mit unterschiedlicher Stärke, so bleibt die Sorgenliste bei CDU-, SPD-, Grünen- und auch Linken-Wähler:innen stabil. Insgesamt ist das Sorgenprofil dieser Wähler:innengruppen recht ähnlich – mit einigen erwartbaren kleinen Unterschieden. So wird die militärische Aufrüstung bei Wahlabsicht Die Linke, SPD und Grüne sorgenvoller betrachtet, während potenzielle Unionswähler:innen sich mehr Sorgen über die Migration nach Deutschland machen. Ein ganz anderes Profil zeigen dagegen die Befragten mit Wahlabsicht AfD.
Politikbereiche: Wo werden die meisten Verbesserungen gewünscht?
Fragt man danach, wie wichtig Verbesserungen in verschiedenen Politikfeldern sind, erhält man ein ziemlich eindeutiges Bild. Betrachtet man nur die Antworten „äußerst wichtig“, so steht auf Platz 1 mit 63 Prozent die Bildung. Danach folgen mit ebenfalls hohen Werten das Gesundheitswesen (57 Prozent) sowie die innere Sicherheit (51 Prozent). Die Politikbereiche Arbeit und Soziales sowie Wirtschaft kommen beide auf 43 Prozent. Dann folgen Umwelt- und Klimaschutz (36 Prozent), Außen- und Verteidigungspolitik (35 Prozent) sowie Digitalisierung (34 Prozent). Entgegen der medialen Dominanz des Themas Migration während des Wahlkampfs stufen nur 33 Prozent der Befragten das Thema als äußerst wichtig ein, es bildet somit das Schlusslicht. Die relativ geringe Bedeutung des Themas Migration unterscheidet sich auch nicht auffällig nach Alter, Ost/West, Mann/Frau oder nach Bildung. Die höchsten Werte finden sich mit 38 Prozent noch bei Befragten aus Städten mit einer Größe zwischen 50.000 und 100.000 Einwohner:innen sowie mit 39 Prozent bei denjenigen mit geringen finanziellen Ressourcen. Auffällig ist dagegen, dass 50 Prozent derjenigen, die sich selbst als „rechts“ einstufen, das Thema Migration als „äußerst wichtig“ einstufen.
Prioritäten politischer Zielsetzungen
Danach gefragt, auf welche (maximal zwei) politischen Ziele sich die neue Bundesregierung konzentrieren soll, steht klar an erster Stelle ein gerechter Sozialstaat (46 Prozent). Ebenfalls oft genannt wird eine innovative Wirtschaft (41 Prozent). Gleichauf auf dem dritten Platz liegen Bildungschancen (32 Prozent) und Begrenzung der Zuwanderung (32 Prozent). Eine Vorreiterrolle bei Klima- und Umweltschutz ist lediglich für 21 Prozent der Befragten besonders wichtig, ein modernes Einwanderungsland für 15 Prozent, ein zuverlässiger internationaler Partner zu sein bildet das Schlusslicht mit 13 Prozent. Bei den Parteianhänger:innenschaften treten ebenfalls erwartbare Unterschiede hervor: Eher wirtschaftsliberal orientierten Parteianhänger:innen von Union und AfD ist die innovative Wirtschaft wichtiger als denen von progressiveren Parteien wie SPD und der Linken, für die ein gerechter Sozialstaat Priorität hat. Die Grünen-Wähler:innen bleiben sich treu und halten eine Vorreiterrolle beim Klimaschutz für prioritär (58 Prozent). Für potenzielle AfD-Wähler:innen scheint es ebenfalls eine klare Priorität zu geben: die Begrenzung der Zuwanderung (81 Prozent). Ein modernes Einwanderungsland halten dagegen nur 4 Prozent von ihnen für erstrebenswert. Trotz der unterschiedlichen Profile der Parteien der Mitte und ihrer Wähler:innenschaft zeigt sich doch ein recht eindeutiges Bild, wenn es um die Wahrnehmung von politischen Herausforderungen und der Notwendigkeit von Konzentration auf politische Ziele geht.
Schaut man etwas genauer auf diejenigen, die mit ihrem gegenwärtigen Leben unzufrieden sind, so zeigen sich Unterschiede in Abhängigkeit der Parteianhänger:innenschaften. Der Anteil derjenigen, die angeben, unzufrieden mit dem gegenwärtigen Leben zu sein, ist mit 25 Prozent am höchsten bei den Anhänger:innen der AfD, gefolgt von den Anhänger:innen des BSW mit 24 Prozent. Ähnlich hoch ist die Lebensunzufriedenheit unter den Nichtwähler:innen. Im Gegensatz dazu bewegt sich der Anteil der Unzufriedenen unter den Anhänger:innen von SPD, Grünen und CDU auf ähnlich niedrigem Niveau mit 8 Prozent beziehungsweise 6 Prozent. Im mittleren Bereich bewegen sich die Anhänger:innen der Linken, hier geben nur 11 Prozent an, unzufrieden mit ihrem Leben zu sein.
Eine häufig beschriebene Diskrepanz findet sich zwischen der Einschätzung der persönlichen Zukunftsaussicht und der des Landes. Während eine deutliche Mehrheit der Unions-, SPD- und Grünen-Sympathisant:innen zuversichtlich in die eigene Zukunft schaut, findet sich in keiner der Gruppen eine Mehrheit mit positiver Aussicht auf die Zukunft des Landes. Bei der persönlichen Zukunftsaussicht sticht die AfD- und BSW-Anhänger:innenschaft noch deutlich mit ihrem pessimistischen Blick heraus. Diese große Kluft verkleinert sich deutlich bei der Einschätzung der Zukunft Deutschlands.
Lassen sich trotz weitverbreiteter und unterschiedlicher Sorgen in der Bevölkerung gemeinsame Fundamente identifizieren, die Anlass geben, zuversichtlich in die Zukunft zu blicken? Auch wenn unterschiedliche Sorgen und Unzufriedenheit spürbar sind, gibt es dennoch Aspekte, die den Bürger:innen in Deutschland Hoffnung machen. Fragt man sie nach den Gründen, die ihnen Zuversicht für die Zukunft geben, werden vor allem zwei genannt: an erster Stelle die Demokratie und der Rechtsstaat (64 Prozent „trifft voll und ganz zu“/„trifft eher zu“), dicht gefolgt vom Engagement der Mehrheit der Menschen im Land (60 Prozent). Unter den Anhänger:innen von Unionsparteien und SPD sind die Werte für Demokratie und Rechtsstaat als Gründe für einen optimistischen Blick in die Zukunft mit 81 Prozent identisch. Die klassischen Volksparteien eint eine Anhänger:innenschaft, die die freiheitliche Demokratie in hohem Maße wertschätzt und offensichtlich als besonders schützenswert betrachtet. Eine Mehrheit der Befragten ist zudem der Auffassung, dass sie die Verhältnisse in Deutschland besser einschätzen, als sie in den Medien oder der öffentlichen Debatte oft dargestellt werden (57 Prozent). Etwas weniger häufig werden die wirtschaftliche Lage (53 Prozent) oder der Regierungswechsel (47 Prozent) als Grund für Hoffnung genannt.
Referat Analyse und Planung Nicole.Loew(at)fes.de und Jan.Engels(at)fes.de
Presseanfragen: Johannes Damian, 030 26935-7038, Presse(at)fes.de
AnalyseBundestagswahl 2025
AnalyseBundestagswahlkampf auf TikTok
ÜbersichtWahlanalysen auf einen Blick