Die Ergebnisse der COP27 aus Sicht der Verhandlungsführerin für die Delegation von Trinidad und Tobago Caroline Mair-Toby. Ihre größte Kritik: Warum hat das so lange gedauert.
Von: Tyrell Gittens
Für viele Länder des Globalen Südens, darunter auch kleine Inselentwicklungsländer (SIDS), ist die Einrichtung eines speziellen Fonds für klimabedingte Schäden und Verluste der entscheidende Erfolg auf der Konferenz der Vereinten Nationen über Klimaänderungen 2022 (COP27) in Ägypten und stellt einen Fortschritt bei der Erreichung von Klimagerechtigkeit dar. Obwohl die Konferenz offiziell eigentlich am Freitag, dem 18. November, zu Ende gehen sollte, verschoben die Verhandlungsführer_innen die abschließende Plenarsitzung in dem Versuch, noch eine Einigung über die Schaffung eines neuen Fonds für Schäden und Verluste zu erzielen.
Als der geschäftsführende Vizepräsident der Europäischen Kommission Frans Timmermans am 19. November im Namen der Europäischen Union einen Vorschlag zur Einrichtung eines Fonds für Schäden und Verluste vorlegte, überschlugen sich die sozialen Medien und internationalen Nachrichtendienste. Zwar ließ diese Meldung Hoffnung aufkeimen, aber die Verhandlungsführer_innen hatten zur Herbeiführung eines Konsenses über den Vorschlag einen harten Kampf geführt und konnten erst am frühen Sonntagmorgen eine Einigung über den Fonds erzielen.
Über ihre Zeit als Verhandlungsführerin für die COP27-Delegation von Trinidad und Tobago sagte Caroline Mair-Toby, dass sich der Prozess zur Durchsetzung des Fonds für Schäden und Verluste für Länder des Globalen Südens als schwierig gestaltet hatte. Selbst nach der Schaffung des Fonds, den sie als „bemerkenswerte Kehrtwende“ auf der COP27 bezeichnete, müsse man laut Mair-Toby noch darüber nachdenken, warum es so viel Zeit und Mühe gekostet habe, ihn überhaupt zuwege zu bringen. Gegenüber Climate Tracker äußerte sie: „Ich darf nichts Näheres dazu sagen, was sich während der Verhandlungen abgespielt hat, aber die wir waren strammem Gegenwind ausgesetzt“. „Man muss wirklich Hochachtung vor den Verhandlungsführer_innen haben, denn sie kämpfen nicht nur für kleine Inseln, sondern für die Zukunft der Welt, und das gegen sehr große Widerstände. Es war sehr besorgniserregend zu sehen, wie sehr die Unterstützung für klimabedingte Schäden und Verluste auf wackeligen Beinen steht“.
Mair-Toby erklärte, dass Klimagerechtigkeit ein übergreifendes Konzept sei, das für unterschiedliche Personengruppen unterschiedliche Bedeutungen hat. Für die einen kann Klimagerechtigkeit Rechtsstreitigkeiten bedeuten, für die anderen die Unterstützung indigener Bevölkerungsgruppen. Indessen sagte Mair-Toby, dass Verhandlungsgruppen, die sich aus Ländern des Globalen Südens zusammensetzen, wie die G77 und die Allianz der kleinen Inselstaaten (AOSIS), sich mit ganzer Kraft für die Schaffung eines leicht zugänglichen Fonds für klimabedingte Schäden und Verluste eingesetzt haben. Abgesehen davon, dass dadurch die Industrieländer des Globalen Nordens für ihre Rolle beim Klimawandel zur Rechenschaft gezogen werden, kann ein Sonderfonds auch zum Abbau der durch die Klimakrise verursachten Ungleichheiten beitragen. „Klimagerechtigkeit ist wie eine Brille, durch die wir sehen, wie die Menschen leiden und wie sie vom klimatischen Kollaps betroffen sind“, erklärte Mair-Toby uns gegenüber.
Sie fuhr fort: „Dieser kürzlich angekündigte Fonds ist etwas, das seit 30 Jahren im Entstehen begriffen ist dank der unablässigen Beharrlichkeit der gefährdeten Länder seit dem Umweltgipfel von Rio 1992.“ Dennoch, so Mair-Toby, habe den Ländern des Globalen Nordens der politische Wille gefehlt, einen Fonds für Schäden und Verluste zu unterstützen. Vermutlich war es deswegen bis zum jetzigen Zeitpunkt nicht einfach, einen solchen Fonds ins Leben zu rufen und das mag der Grund sein, warum die Schaffung des Fonds eine solche Herkulesaufgabe war. Da der Klimawandel mit der Industrialisierung zusammenhänge, sei das ein heikles Thema, weil einige Länder sich mit ihrer Vergangenheit auseinandersetzen müssten. „Vielen Leuten gefällt nicht, was diese Geschichte der Schäden und Verluste an Staub aufwirbelt.“
Unerwähnt bleibt oft, dass das Ganze weit in die Geschichte zurückreicht, und dass so ein Bogen zurück in die hässliche Vergangenheit des Kolonialismus und der Unterdrückung gespannt wird“. Je mehr das Thema Klimagerechtigkeit an Fahrt gewinnt, desto schwieriger werde es für Länder, die Gräueltaten der Vergangenheit zu verdrängen, prognostiziert Mair-Toby. Folglich wird Vieles aufgedeckt werden, wodurch die Misere zahlreicher Länder des Globalen Südens ans Licht kommt. So können spürbare Veränderungen herbeigeführt werden, wie beispielsweise die Einrichtung eines Fonds für Schäden und Verluste. „Es war ein fast 30-jähriger Prozess, d.h. nichts davon ist in nur zwei Wochen auf die Beine gestellt worden. Die Parteien haben sich Monate im Voraus zusammengesetzt, um über diese Fragen zu verhandeln.
Ich habe erlebt, wie die Verhandlungen wochenlang wegen Industrieländern ins Stocken geraten waren, die über einen bestimmten Absatz oder eine bestimmte Formulierung und andere Lächerlichkeiten, die keine Bedeutung für die Verhandlungen haben, 'besorgt' waren.“ Obwohl der Verhandlungsverlauf für Frust sorgte, war Mair-Toby der Ansicht, dass die COP27 beweise, dass es sich am Ende gelohnt habe, aber dass der Kampf für Klimagerechtigkeit nicht mit der Einrichtung des Fonds für Schäden und Verluste aufhöre. Mit Blick auf zukünftige COPs müssten die Verhandlungsführer_innen und andere Interessenvertreter_innen nun dafür sorgen, dass der Fonds zum Nutzen derjenigen, die ihn am dringendsten benötigen, reibungslos funktioniere.
Mit Blick auf die Zukunft sagte Mair-Toby: „Die G77 und AOSIS haben den politischen Willen und sind bereit, Verhandlungen und Gespräche zu führen und Themen auszuarbeiten. Ich bin zuversichtlich für die Zukunft der Klimagerechtigkeit, denn das Interesse der breiten Öffentlichkeit und der Medien ist größer als je zuvor. Es gibt sehr viel mehr internationalen Druck und sehr viel mehr Unterstützung für die gefährdeten Länder der Welt, und es ist wichtig, dass die Berichte dieser Länder weiter an die Öffentlichkeit gelangen, denn diese Berichte sorgen für Unterstützung.“
Auch außerhalb der Vertragsstaatenkonferenz ist Mair-Toby optimistisch, was die Arbeit von Basisorganisationen und autochthonen Gemeinschaften angeht, die den Ausschlag für mehr Klimagerechtigkeit geben werden.