Die 25-Jährige Volontärin aus Münster lernte von Volker Engels im Workshop zum Text-Interview, wie man geschickt Gespräche führt. Was läge also näher, als sie in Interview-Form zu befragen? Natürlich mit der Bitte verbunden, unseren Autor bei möglichen Fehlern gleich zu korrigieren.
Wie bringe ich mein Gegenüber am besten zum Reden?
Indem Du offene Fragen stellst.
Muss man das lernen, oder gehört das für dich als Journalistin dazu?
Es gibt ja verschiedene Arten, wie ich eine Frage stellen kann. Das lernt man als Journalist am Anfang: Ich frage nicht, ob das Wetter schön ist. Dann lautet die Antwort ja oder nein. Sondern ich frage eher: Wie gefällt es dir heute? Dann fängt jemand an, zu erzählen. Im Workshop haben wir aber gelernt, noch ganz andere Fragen zu stellen. Zum Beispiel Meinungs-, Positionierungs- oder Begriffsfragen. Ich habe vorher noch nie drüber nachgedacht, zu fragen: Was verbinden Sie mit dem Begriff Freiheit?
Was unterscheidet für dich das Text-Interview von einem anderen journalistischen Gespräch?
Schwierig. Ich würde sagen, da gibt es wenig Unterschiede. Eher unterscheidet sich ein journalistisches Gespräch für mich von einem normalen Gespräch. Deshalb würde ich eher zwischen journalistischer Arbeit und einem privaten Gespräch machen. Jedes journalistische Gespräch, das ich führe, ist automatisch ein Interview.
Du würdest also auch nicht anders mit einem Interviewpartner umgehen, weil du zum Beispiel weißt, dass du kürzere Antworten brauchst?
Ich kann ja ein Wortlaut-Interview auch kürzen. Ich muss nicht eine Antwort, die gegeben wird, in ganzer Länge abdrucken. Ich lasse es hinterher noch einmal abnehmen, das ist ein Vorteil des Textinterviews gegenüber einem Live-Interview im Fernsehen oder im Radio. Wenn mir da jemand davon galoppiert, habe ich ein großes Problem.
Was wäre denn ein typischer Fehler, abseits von geschlossenen Fragen, den man bei eine Interview begehen könnte? Fällst dir da was ein?
Zum Beispiel genau das, was du gerade gemacht hast. Nicht eine klare Frage formuliert zu haben, sondern mehrere Fragen offen zu lassen und ich hab dann die Möglichkeit, mir eine auszusuchen. Das war für mich das Lehrreichste an den ganzen zwei Tagen: Stelle eine ganz konkrete Frage. Ich habe bei dem ersten Interviewpartner eine ganz komplizierte Frage gestellt. Was ich aber machen muss, ist ganz konkret zu fragen: Was wird sich von 2015 auf 2016 ändern? Dann hat er keine Chance mehr, mir davon zu galoppieren oder mir das zu erzählen, was er gut findet und ihn gut dastehen lässt. Und wenn er ausweicht, kann ich ihm sagen: Sie weichen meiner Frage aus.
Und meine Frage nach dem typischen Fehler war dir nicht konkret genug?
Die war konkret, aber danach hast du angefangen, noch etwas hinten dranzuhängen, ob wohl du schon hättest stoppen können.
Also habt ihr auch gelernt, präziser zu fragen und euch als Interviewer etwas zurückzunehmen?
Absolut, vor allem präziser zu fragen. Sich zurückzunehmen nicht unbedingt, aber diese Unsicherheit, mit der Stille auch mal zu leben, während der andere kurz nachdenkt. Nicht direkt reinzugrätschen, nur damit es keine unangenehme Pause gibt. Also die Frage stellen und dann warten, bis der andere eine Antwort gibt.
Wie glaubst du kannst du das Gelernte anwenden?
Ich glaube, das werde ich ab dem nächsten Interviewtermin anwenden. Gestern habe ich das erste Seminar-Interview gemacht, heute das zweite, und ich habe selbst gemerkt, dass ich plötzlich viel besser war. Ich habe mich auch wohler gefühlt, konkret nachzufragen. Ich werde Montag in die Redaktion kommen und wenn ich das nächste Interview habe, werde ich nicht noch einmal so in einem Thema herumstochern, wie ich es noch am Freitag getan habe. Auch, weil das Feedback durch unseren Dozenten Volker Engels so gut war.