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Kunststoffdilemma im Wasserrecht

Kunststoffe sind schwer wegzudenken, belasten jedoch zunehmend Gewässer und Trinkwasser. Welche Reformen sind nötig, um Umwelt und Gesundheit langfristig zu sichern? Ein Impulspapier von Michael Quandt.

Kunststoffe sind aus der modernen Gesellschaft nicht mehr wegzudenken. Sie haben durch ihre Vielseitigkeit, Leichtigkeit und niedrigen Kosten enorme Fortschritte in Medizin, Technik und Wirtschaft ermöglicht. Gleichzeitig hat ihre Beständigkeit schwerwiegende Folgen. Vor allem Mikro- und Nanoplastik sind mittlerweile allgegenwärtig und belasten in besonderem Maße den Wasserhaushalt – die zentrale Grundlage für Ökosysteme und die Trinkwasserversorgung.

Nahezu alle deutschen Fließgewässer enthalten Kunststoffpartikel, überwiegend Polyethylen und Polypropylen. Quellen sind vor allem Reifen- und Textilabrieb, Bauabfälle oder unsachgemäße Entsorgung. Über Abwasser und Niederschlagswasser gelangen sie auch in den menschlichen Körper. Trotz wissenschaftlich belegter Risiken für Mensch und Natur bleibt die Regulierung unzureichend: Nationale wie europäische Gesetze erfassen Kunststoffe bislang nur lückenhaft, wodurch wirksame Schutzmechanismen fehlen.

Vor diesem Hintergrund untersucht der Impuls „Kunststoffdilemma im Wasserrecht: Regulatorische Herausforderungen für eine zukunftsfähige Wasserwirtschaft“ von Dr. Michael Quandt die rechtlichen Rahmenbedingungen in Deutschland und Europa.

Das deutsche Wasserrecht ist durch föderale Zersplitterung geprägt. Zwar gibt es wichtige Regelungen wie das Wasserhaushaltsgesetz, die Trinkwasser- und Abwasserverordnung oder das Abwasserabgabengesetz, doch fehlen verbindliche Grenzwerte für Kunststoffe. Besonders kritisch ist, dass rund 96 Prozent der Mikroplastikemissionen über Niederschlagswasser unkontrolliert in die Umwelt gelangen. Auch das EU-Recht greift zu kurz: Weder REACH noch die Wasserrahmenrichtlinie stufen Kunststoffe als gefährlich ein und selbst die neue EU-Abwasserrichtlinie adressiert sie nur indirekt.

Gefordert sind klare Zuständigkeiten zwischen Bund und Ländern sowie verbindliche Grenzwerte für Kunststoffe in Trink- und Abwasser, orientiert am „Stand der Technik“. Kommunale Kosten müssten durch Fördermechanismen abgefedert werden. Ergänzend sind Produktregulierungen wie Filterpflichten und strengere Additivkontrollen sinnvoll. Auf EU-Ebene sollte REACH auf Polymere ausgeweitet und Kunststoffe im Wasserrecht als gefährliche Stoffe eingestuft werden. Nur so lassen sich die Belastungen wirksam begrenzen und die Resilienz von Umwelt und Gesundheit sichern.
 

Quandt, Michael

Kunststoffdilemma im Wasserrecht

regulatorische Herausforderungen für eine zukunftsfähige Wasserwirtschaft

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Über den Autor

Michael Quandt forschte von 2019 bis 2024 an der Universität Bielefeld (Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Prof. Dr. Michael Kotulla) sowie an der RWTH Aachen (Lehr- und Forschungsgebiet für Berg-, Umwelt- und Europarecht, Prof. Dr. Walter Frenz) zur Regulierung von Kunststoffen im deutschen, europäischen und internationalen Umweltrecht. Seine Dissertation wurde am 29.10.2024 an der Universität Bielefeld mit summa cum laude ausgezeichnet und ist beim Nomos Verlag unter dem Titel „Kunststoffdilemma: Vom Wunderwerkstoff zur umweltrechtlichen Herausforderung“ erschienen.

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