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Neues Impulspapier | Private Plattformen bilden heute zentrale Schnittstellen der Daseinsvorsorge. Ihre wachsende Präsenz führt zu einer schleichenden Privatisierung des Zugangs zu grundlegenden Leistungen und schwächt die staatliche Steuerungsfähigkeit. Doch auch in der Plattformökonomie lässt sich eine Daseinsvorsorge gestalten, die qualitativ hochwertig, digital souverän und demokratisch verankert ist.
Ob Gesundheit, Mobilität oder Bildung – der Zugang zu vielen Leistungen der Daseinsvorsorge führt heute über Plattformen wie Google Maps, Doctolib oder Microsoft Teams. Ein neues Impulspapier analysiert, was das für die Daseinsvorsorge bedeutet – und wie der Staat die Daseinsvorsorge in der Plattformökonomie gemeinwohlorientiert und souverän gestalten kann.
Ob beim Vereinbaren eines Arzttermins, der Organisation von digitalem Unterricht oder dem Suchen nach einer Busverbindung in den nächsten Ort: Digitale Plattformen organisieren zunehmend den Zugang zu Leistungen der Daseinsvorsorge. Plattformunternehmen schieben sich zwischen Leistungserbringer und Bürger_innen und übernehmen so die zentrale „Kundenschnittstelle“. Was einerseits nutzerfreundlich und effizient erscheint, bringt andererseits auch erhebliche Risiken mit sich. Denn diese Entwicklung bedeutet eine faktische Privatisierung zentraler Zugangswege der Daseinsvorsorge – mit weitreichenden Folgen für Teilhabe, Transparenz und demokratische Kontrolle.
Private Plattformen sind keine neutralen Vermittler, sie richten den „Code“ ihrer Plattformen an ihrem ökonomischen Eigeninteresse aus. Gleichzeitig geht dem Staat durch die Plattformisierung eine wichtige Schnittstelle zu den Bürger_innen verloren und damit auch der Zugang zu Daten, die für Regulierung und Planung der Daseinsvorsorge essenziell sind. Und nicht zuletzt drohen digitale Abhängigkeiten: Wer sich auf proprietäre Plattformen einlässt, läuft Gefahr, in sogenannte „vendor lock-ins“ zu geraten – das macht die Daseinsvorsorge tendenziell teurer und untergräbt die digitale Souveränität des demokratischen Gemeinwesens in wichtigen Lebensbereichen.
Die Abhängigkeit von Techunternehmen ist jedoch keineswegs alternativlos. Wenn Staat und Politik entschlossen und strategisch handeln, ist eine gemeinwohlorientierte und resiliente Gestaltung der Daseinsvorsorge auch in der Plattformökonomie möglich. Grundlage hierfür ist – so die zentrale These von Christoph Busch, Sarah Fischer und Stefanie Moser – ein smarter Mix aus regulativer Steuerung und souveräner digitaler Architektur.
Der Staat muss keine Alternativplattformen bauen, sondern den gesamten Tech-Stack der digitalen Daseinsvorsorge betrachten und die Architektur dieses Stacks durch technische und rechtliche Vorgaben gezielt gestalten. Dies umfasst zum Beispiel die Bereitstellung von IT-Basiskomponenten als digitale öffentliche Infrastruktur. Aber auch verbindliche Vorgaben mit Blick auf Interoperabilität, Modularität und Standards. Darüber hinaus braucht es einen angemessenen Regulierungsrahmen für digitale Daseinsvorsorge, der insbesondere auch private Plattformen umfasst und ihre Tätigkeit klaren Regeln unterwirft, wie etwa die Übernahme gewisser Verpflichtungen als Universaldienst oder die Sicherstellung der Dienstequalität mit Blick auf Cybersicherheit, Barrierefreiheit oder Datenschutz.
Die neue Bundesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, die digitale Souveränität und die eigene digitale Leistungsfähigkeit durch den Aufbau eines Deutschland-Stacks zu stärken. Die Gestaltung der Daseinsvorsorge in der Plattformökonomie bietet die Chance, beide Agenden zusammenzuführen und zu konkretisieren – zu einer zukunftsorientierten Digitalpolitik, die das Gemeinwohl ins Zentrum rückt.
Prof. Dr. Christoph Busch ist Direktor des European Legal Studies Institute an der Universität Osnabrück sowie Affiliated Fellow am Information Society Project der Yale Law School. Seit 2024 ist er Vorsitzender des Sachverständigenrats für Verbraucherfragen des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV).
Sarah Fischer leitet die politische Initiative GovStack bei der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ). Sie setzt sich für den Auf- und Ausbau digitaler öffentlicher Infrastrukturen ein und berät Regierungen zu Innovationen im öffentlichen Sektor. Zuvor unterstützte sie als digitalpolitische Beraterin Bundes- und Landesministerien bei der Umsetzung ihrer Digitalstrategien.
Stefanie Moser ist Referentin für Digitalpolitik in der Abteilung Analyse, Planung und Beratung der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES). Zuvor war sie in der internationalen Arbeit der Stiftung tätig, u. a. als Landesvertreterin der FES in Rumänien und der Republik Moldawien.
Busch, Christoph; Fischer, Sarah; Moser, Stefanie M.
Für einen smarten Mix aus Regulierung und souveräner digitaler Architektur / Christoph Busch, Sarah Fischer, Stefanie M. Moser ; Herausgebende Abteilung: Abteilung Analyse, Planung und Beratung. - Bonn : Friedrich-Ebert-Stiftung e.V., Juli 2025. - 11 Seiten = 300 KB, PDF-File. - (Impuls)Electronic ed.: Bonn : FES, 2025ISBN 978-3-98628-745-0
Zum Download (PDF) (300 KB, PDF-File)
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