#Angekommen | 6. und 7. März 2017 in der FES Berlin

Fünf Fragen an Annelie Buntenbach zu Arbeit und Integration

Wir sprachen mit Annelie Buntenbach, sie ist Mitglied des DGB-Bundesvorstandes.

1. Was sind aktuell die wichtigsten Aufgaben und Herausforderungen für die Integrationspolitik?

Gleiche gesellschaftliche und ökonomische Teilhabechancen für alle Menschen sind eine wesentliche Voraussetzung für den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Alle Menschen, das schließt genauso diejenigen ein, die bereits lange in Deutschland leben, wie Eingewanderte und Flüchtlinge, die in Deutschland Schutz vor Krieg oder Bürgerkrieg suchen. Programme und Förderung sind dafür wichtig. Aber wir müssen auch die Betriebe und Institutionen mit ihren teilweise diskriminierenden Einstellungspraktiken und die dort bereits Beschäftigten in den Blick nehmen. Es gilt Vielfalt zu fördern, Akzeptanz für Unterschiede zu schaffen und Rassismus zu bekämpfen. 

2. Wie kann die Integration von Geflüchteten in den Arbeitsmarkt gelingen?

Flüchtlinge kommen mit Kompetenzen, Förderbedarfen und Fluchterfahrungen. Sie müssen als Individuum wahrgenommen werden. Sie brauchen neben individueller sprachlicher und beruflicher Förderung vor allem Beratung und Begleitung beim Integrationsprozess. 

3. Welchen Veränderungsbedarf sehen Sie in der Arbeitsvermittlung von Geflüchteten? Wie kann der Unsicherheit vieler Betriebe und Unternehmen entgegengewirkt werden?

Nur rund 1/3 der syrischen Flüchtlinge erhält aktuell einen internationalen Flüchtlingsstatus; rund 60 Prozent nur einen subsidiären Schutzstatus für ein Jahr. Der unsichere Status behindert die Aufnahme einer Berufsausbildung genauso wie die Aufnahme einer qualifizierten Beschäftigung. Wer die Teilnahme an Sprachkursen fordert und Integration in den Arbeitsmarkt erreichen will, der muss auch einen sicheren und dauerhaften Aufenthalt für Flüchtlinge aus allen Herkunftsländern schaffen. 

4. Welche Fördermöglichkeiten gibt es für die Ausbildung und (Nach-)Qualifizierung von Geflüchteten? 

Es gibt eine Vielzahl von Fördermöglichkeiten und Zugangskriterien. Matthias Knuth hat für die FES anlässlich einer gemeinsamen Tagung von FES und DGB den "Förder- und Programmdschungel" untersucht. Aus seiner Sicht sind viele der Maßnahmen nicht miteinander verbunden und je nach Aufenthaltsstatus unterschiedlich gestaltet. Ich bin davon überzeugt, dass wir eine aufeinander aufbauende Sprachförderung auch für Flüchtlinge ohne langfristige Bleibeperspektive brauchen. Und wir brauchen Maßnahmen für die berufliche Eingliederung, die die Erfahrungen und Lebenslagen der Geflüchteten aufgreifen. Mit dem neuen Förderprogramm der Bundesagentur, dem sogenannten Kooperationsmodell, besteht die Möglichkeit eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung mit der Vorbereitung einer Berufsausbildung bzw. mit einer beruflichen Qualifizierung zu verbinden. Diesen Weg der begleitenden Qualifizierung sollten wir weiter ausweiten. Im Übrigen: Das Programm zielt auch auf jüngere Arbeitslose ohne Flüchtlingserfahrungen. 

5. Der Integrationskongress der Friedrich-Ebert-Stiftung steht unter dem Titel "angekommen". Was verbinden Sie damit? 

Meiner Ansicht nach darf Deutschland sein Flüchtlingsrecht nicht weiter einschränken. Es gilt das Ankommen und das Bleiben so zu gestalten, dass gesellschaftliche Spaltung nicht weiter befördert wird. Deshalb ist es wichtig, gute Arbeit ohne Ausbeutung und Diskriminierung auch für Geflüchtete einzufordern.