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Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz: Stimmen aus vier Ländern Asiens

Jeder Mensch verdient es, nach der Arbeit sicher und gesund nach Hause zu kommen. Dass dies oft nicht der Fall ist und wie man das ändern kann, daran erinnert am 28. April der Welttag für Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz. Vier Berichte aus der Mongolei, Thailand, Pakistan und Indien zeigen, wie Gewerkschaften sich für Ausbildung, Zusammenarbeit und gemeinsame Maßnahmen einsetzen. Damit gewährleisten sie, dass jeder Arbeitsplatz sicher ist, jede Stimme gehört und jedes Recht geschützt wird. Gestalten wir gemeinsam eine Zukunft, in der menschenwürdige Arbeit und Wohlbefinden keine Privilegien sind, sondern Garantien für alle.

 

Mongolei

B. Odgerel, Ingenieurin in der Kontrollabteilung von Kraftwerk 3, beginnt ihren Arbeitstag vor Sonnenaufgang. Sie beaufsichtigt komplexe Anlagen, die Ulaanbaatar, die Hauptstadt der Mongolei, mit Strom versorgen. Für Odgerel ist Sicherheit mehr als eine Checkliste – sie ist gelebte Realität. Dank der von der Gewerkschaft angebotenen Schulungen verfügt sie über die nötigen Kenntnisse, um Gefahren zu erkennen und auf Notfälle zu reagieren und so sicherzustellen, dass ihr Team jeden Abend nach getaner Arbeit sicher nach Hause zurückkehrt. Ingenieur_innen wie sie werden ermuntert, Risiken anzusprechen, und dank eines offenen Dialogs befasst sich die Geschäftsleitung mit ihren Bedenken, anstatt sie zu ignorieren. Ein solcher Dialog zwischen Beschäftigten, der Geschäftsführung und den Gewerkschaftsvertreter_innen hat eine Kultur gefördert, in der Prävention die Aufgabe jeder und jedes Einzelnen ist.
 

E. Buyandelger, Prüfingenieurin in einem Umweltlabor, ist in einem Sektor tätig, in dem eine Vernachlässigung der Sicherheit katastrophale Folgen haben kann. Die Gewerkschaften arbeiten hier mit der Geschäftsführung bei der Implementierung rigoroser Sicherheitsprüfungen und der Förderung transparenter Meldesysteme zusammen. In den Sicherheitsausschüssen sitzen sowohl Arbeiter_innen als auch Vorgesetzte. So ist gewährleistet, dass alle Perspektiven berücksichtigt werden. Dieser inklusive Ansatz ist ein Beispiel für die Macht des sozialen Dialogs bei der Gestaltung einer effektiven Politik und der Schaffung von Vertrauen.

 



Thailand

Für Nachtarbeiter_innen in Thailand ist der Welttag für Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz ein Arbeitstag wie jeder andere, der bis tief in die Nacht andauert.

Der Arbeitsalltag der Musiker_innen in Thailands Nachtleben zeigt die Dringlichkeit von Arbeitsschutzmaßnahmen als auch die Macht des kollektiven Handelns. Hinter den von grellem Neonlicht beleuchteten Bühnen in Bangkoks Unterhaltungsviertel navigieren die Arbeiter_innen durch schlaflose Nächte und unbeständige Engagements und spüren die körperlichen Folgen des ständigen Hetzens zwischen Auftrittsorten am eigenen Leibe – insbesondere der Schlaf wird oft geopfert, um sich noch etwas mehr Einkommen zu sichern. „Wir schlafen an der roten Ampel ein oder proben bis 2 Uhr morgens, aber wer garantiert unsere Sicherheit, wenn wir in der Dunkelheit zu Fuß nach Hause gehen?“ fragt Nattapong Phukaew, Besitzer einer Bar und Musiker und spricht die verborgenen Risiken eines Berufes an, in dem Überstunden, Schlafentzug und unsichere Arbeitswege zu psychischen und körperlichen Belastungen führen.

Junge Gewerkschafter_innen wie Lalita Pechpuang schöpfen Hoffnung aus der Solidarität: Wenn sie sich organisieren, können Musiker_innen faire Verträge aushandeln, verlangen, dass sie spät nachts nach Hause gefahren werden, und Arbeitsplätze fordern, bei denen ihr Wohlbefinden wichtiger ist als ihre Ausbeutung. Wie die Friedrich-Ebert-Stiftung Asien jedoch betont, erfordert wahre Sicherheit mehr als individuelle Resilienz – sie erfordert einen systemischen Wandel. Durch sozialen Dialog befähigen die Gewerkschaften Arbeiter_innen, Standards im Hinblick auf Ruhezeiten, Gefahrenmeldungen und psychologische Unterstützung auszuhandeln und so aus prekären Engagements menschenwürdige Arbeit zu machen. Nehmen wir ihren Kampf an diesem 28. April zum Anlass, uns daran zu erinnern, dass eine Präventionskultur dann beginnt, wenn jede_r Arbeiter_in – auf oder hinter der Bühne – die Macht hat, sich frei zu äußern, sicher nach Hause zu kommen und ohne Angst erfolgreich zu sein.  

 



Pakistan

Die Arbeiter_innen der Straßenreinigung und Müllbeseitigung sind die heimlichen Held_innen von Islamabad. Ganz im Stillen bewahren sie die Schönheit und Sauberkeit der Stadt, während sie tägliche Risiken und systemische Herausforderungen meistern müssen. An diesem Welttag für Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz fordern sie, gehört zu werden – nicht nur damit man sich an sie erinnert, sondern sie wollen auch zum Handeln aufrufen. Umweltarbeiterin Irshad Begum, inzwischen im Ruhestand, denkt an ihr Leben im Dienst der Gesellschaft zurück, das gleichzeitig von Würde und von Mühsal geprägt war. Sie möchte keine Anerkennung, sondern wünscht sich für die nachfolgende junge Generation eine faire Behandlung und Arbeitsschutz, und dass sie wirklich glücklich sein kann. Trotz geringer Löhne, verspäteter Zahlungen und eines unzureichenden Gesundheitsschutzes halten diese Arbeitskräfte weiter durch. Unterstützt werden sie dabei von Gewerkschaften wie der CDA Mazdoor Union, die sich unermüdlich für sicherere Arbeitsplätze und elementare Angebote wie sanitäre Einrichtungen besonders für Frauen einsetzen. Wenn die Welt am 28. April zusammenkommt, um eine Kultur der Prävention und Sicherheit zu fördern, unterstreicht die Geschichte der Straßenreinigungsarbeiter_innen und Müllwerker_innen aus Islamabad eine universelle Wahrheit: Arbeitsschutz ist ein Grundrecht, kein Privileg. Durch sozialen Dialog und Tarifverhandlungen müssen wir gewährleisten, dass alle Arbeitskräfte – egal welche Arbeit sie verrichten und welchen Status sie innehaben – die Macht besitzen, ihre Stimme zu erheben, ohne dadurch Nachteile zu erleiden, und am Ende des Arbeitstages sicher nach Hause zurückkehren. Nur dann können wir ihren unentbehrlichen Beitrag wirklich würdigen und eine Zukunft gestalten, in der jeder Arbeitsplatz für jede_n Arbeiter_in sicher und menschenwürdig ist.

 

Sehen Sie hier die Dokumentation über die stillen Held_innen Pakistans


 

Indien

In letzter Zeit ist die Plattformarbeit eine bedeutende Beschäftigungsmöglichkeit für die wachsende Bevölkerung in Indien geworden. Mit Anreizen wie flexiblen Arbeitszeiten und geringen Einstiegsbarrieren ist sie vor allem für Frauen als Einkommensquelle attraktiv. Geschlechtsspezifische Diskriminierung, fehlende soziale Sicherung und strukturelle Barrieren schränken jedoch die vollständige Teilhabe der Frauen in diesem Bereich ein und begrenzen diese auf traditionell von Frauen besetzte Sektoren innerhalb der Plattformwirtschaft wie Beauty-Dienstleistungen, Kinderbetreuung, Arbeit als Haushaltshilfen und von zu Hause durchgeführte Einzelhandelstätigkeiten.

 


 

Über die Autorin

Phatsurang Dechabuddharungsi (Candy) ist Produzentin und Regisseurin von Dokumentar- und Kurzfilmen. Für diese Kampagne anlässlich des Welttages für Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz führte sie Regie bei einem Kurzfilm über Musikerinnen und Musiker in Thailands Nachtleben und einem Dokumentarfilm über Pakistans stille Held_innen. Als Regional Communications Coordinator für die FES im Büro in Bangkok, Thailand, bringt sie ihre Erfahrung und Kreativität ein, um positive Veränderungen für eine nachhaltige Zukunft in Asien zu bewirken.

 

Dieser Beitrag erschien am 28.04. im Original in englischer Sprache auf asia.fes.de


Ansprechpartnerin

Anja Bodenmüller-Raeder
030 26935-7508

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