Gewerkschaften international | Weltwirtschaft und Unternehmensverantwortung Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz: Stimmen aus vier Ländern Asiens 28.04.2025 FES Asia Jeder Mensch verdient es, nach der Arbeit sicher und gesund nach Hause zu kommen. Dass dies oft nicht der Fall ist und wie man das ändern kann, daran erinnert am 28. April der Welttag für Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz. Vier Berichte aus der Mongolei, Thailand, Pakistan und Indien zeigen, wie Gewerkschaften sich für Ausbildung, Zusammenarbeit und gemeinsame Maßnahmen einsetzen. Damit gewährleisten sie, dass jeder Arbeitsplatz sicher ist, jede Stimme gehört und jedes Recht geschützt wird. Gestalten wir gemeinsam eine Zukunft, in der menschenwürdige Arbeit und Wohlbefinden keine Privilegien sind, sondern Garantien für alle. Bild: Urheber: istockphoto / Liuser Dienstag, 09.03.2021 Interview Auswirkungen der Automatisierung für Arbeiter_innen in Vietnam Was ein Handschuh mit Überwachung zu tun hat und warum es wichtig ist, bei der Weiterqualifikation von Mitarbeiter_innen in die Zukunft zu schauen. Ansprechpartnerin Anja Bodenmüller-Raeder 030 26935-7519 Franziska.Richter(at)fes.de Bild: Urheber: FES Mongolei B. Odgerel, Ingenieurin in der Kontrollabteilung von Kraftwerk 3, beginnt ihren Arbeitstag vor Sonnenaufgang. Sie beaufsichtigt komplexe Anlagen, die Ulaanbaatar, die Hauptstadt der Mongolei, mit Strom versorgen. Für Odgerel ist Sicherheit mehr als eine Checkliste – sie ist gelebte Realität. Dank der von der Gewerkschaft angebotenen Schulungen verfügt sie über die nötigen Kenntnisse, um Gefahren zu erkennen und auf Notfälle zu reagieren und so sicherzustellen, dass ihr Team jeden Abend nach getaner Arbeit sicher nach Hause zurückkehrt. Ingenieur_innen wie sie werden ermuntert, Risiken anzusprechen, und dank eines offenen Dialogs befasst sich die Geschäftsleitung mit ihren Bedenken, anstatt sie zu ignorieren. Ein solcher Dialog zwischen Beschäftigten, der Geschäftsführung und den Gewerkschaftsvertreter_innen hat eine Kultur gefördert, in der Prävention die Aufgabe jeder und jedes Einzelnen ist. „B. Tuvshinzaya, Produktentwicklerin bei Atar-Urguu JSC, arbeitet in der Lebensmittelproduktion – einer Branche, in der sich die Sicherheitsstandards ständig und schnell ändern. In Workshops der Gewerkschaft lernen Tuvshinzaya und ihre Kolleginnen und Kollegen die neuen Sicherheitsprotokolle in vielfältigen Bereichen kennen – von der Bedienung der Maschinen bis hin zur Evakuierung in Notfällen. Die Gewerkschaft stellt sicher, dass die Schulungen keine einmaligen Veranstaltungen bleiben, sondern Teil eines kontinuierlichen Prozesses sind. Diese permanente Fortbildung befähigt die Beschäftigten, sich an neue Risiken und Technologien anzupassen – eine Notwendigkeit angesichts der von der mongolischen Regierung vorangetriebenen Digitalisierung des Arbeitsplatzes.“ Bild: Urheber: FES N. Javzandulam, Technikerin im Schichtbetrieb im Umspannwerk Mandal, ist jeden Tag den Elementen ausgesetzt. Ob sie Stromleitungen repariert oder kritische Infrastruktur instand hält, ihre Arbeit birgt stets große Risiken. Der Einsatz der Gewerkschaft hat eine Verbesserung der Pausenzeiten und der zur Verfügung gestellten Schutzausrüstung und so eine Reduzierung von Unfällen und Ermüdungserscheinungen ermöglicht. Beschäftigte wie N. Javzandulam kennen ihre Rechte und können ohne Angst vor Repressalien auf unsichere Arbeitsbedingungen hinweisen. Diese kollektive Stimme – verstärkt durch die Unterstützung der Gewerkschaften – gewährleistet, dass Sicherheit nicht zugunsten von Schnelligkeit oder Kostenreduzierungen aufs Spiel gesetzt wird. Bild: Urheber: FES Bild: Urheber: FES E. Buyandelger, Prüfingenieurin in einem Umweltlabor, ist in einem Sektor tätig, in dem eine Vernachlässigung der Sicherheit katastrophale Folgen haben kann. Die Gewerkschaften arbeiten hier mit der Geschäftsführung bei der Implementierung rigoroser Sicherheitsprüfungen und der Förderung transparenter Meldesysteme zusammen. In den Sicherheitsausschüssen sitzen sowohl Arbeiter_innen als auch Vorgesetzte. So ist gewährleistet, dass alle Perspektiven berücksichtigt werden. Dieser inklusive Ansatz ist ein Beispiel für die Macht des sozialen Dialogs bei der Gestaltung einer effektiven Politik und der Schaffung von Vertrauen. D. Ariunbold, Mechaniker in der Sektion Tolgoit und G. Gantulga, Anlagenelektriker im Bahnhof von Ulaanbaatar, sind Beschäftigte der Eisenbahngesellschaft von Ulaanbaatar und können aus erster Hand bezeugen, wie viel eine starke Gewerkschaftspräsenz bewegen kann. Nach einem Beinahe-Unfall führte Ariunbolds Bericht zu einer Überprüfung der Instandhaltungsprotokolle und zur Einführung neuer Sicherheitsmaßnahmen. Bild: Urheber: FES Die Angestellten sind nicht mehr nur Nummern auf der Gehaltsliste, sondern Sicherheitspartner. Der Einsatz der Gewerkschaften für kontinuierliche Verbesserungen und eine transparente Kommunikation hat den Arbeitsplatz für alle sicherer gemacht. Bild: Urheber: FES Thailand Für Nachtarbeiter_innen in Thailand ist der Welttag für Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz ein Arbeitstag wie jeder andere, der bis tief in die Nacht andauert. Der Arbeitsalltag der Musiker_innen in Thailands Nachtleben zeigt die Dringlichkeit von Arbeitsschutzmaßnahmen als auch die Macht des kollektiven Handelns. Hinter den von grellem Neonlicht beleuchteten Bühnen in Bangkoks Unterhaltungsviertel navigieren die Arbeiter_innen durch schlaflose Nächte und unbeständige Engagements und spüren die körperlichen Folgen des ständigen Hetzens zwischen Auftrittsorten am eigenen Leibe – insbesondere der Schlaf wird oft geopfert, um sich noch etwas mehr Einkommen zu sichern. „Wir schlafen an der roten Ampel ein oder proben bis 2 Uhr morgens, aber wer garantiert unsere Sicherheit, wenn wir in der Dunkelheit zu Fuß nach Hause gehen?“ fragt Nattapong Phukaew, Besitzer einer Bar und Musiker und spricht die verborgenen Risiken eines Berufes an, in dem Überstunden, Schlafentzug und unsichere Arbeitswege zu psychischen und körperlichen Belastungen führen. Junge Gewerkschafter_innen wie Lalita Pechpuang schöpfen Hoffnung aus der Solidarität: Wenn sie sich organisieren, können Musiker_innen faire Verträge aushandeln, verlangen, dass sie spät nachts nach Hause gefahren werden, und Arbeitsplätze fordern, bei denen ihr Wohlbefinden wichtiger ist als ihre Ausbeutung. Wie die Friedrich-Ebert-Stiftung Asien jedoch betont, erfordert wahre Sicherheit mehr als individuelle Resilienz – sie erfordert einen systemischen Wandel. Durch sozialen Dialog befähigen die Gewerkschaften Arbeiter_innen, Standards im Hinblick auf Ruhezeiten, Gefahrenmeldungen und psychologische Unterstützung auszuhandeln und so aus prekären Engagements menschenwürdige Arbeit zu machen. Nehmen wir ihren Kampf an diesem 28. April zum Anlass, uns daran zu erinnern, dass eine Präventionskultur dann beginnt, wenn jede_r Arbeiter_in – auf oder hinter der Bühne – die Macht hat, sich frei zu äußern, sicher nach Hause zu kommen und ohne Angst erfolgreich zu sein. World Day for Safety and Health at Work: Into the Night of Thai Musicians Länge: 3:59 Minuten Dieses Video wird über Youtube zur Verfügung gestellt. Um es anzusehen, müssen Sie unseren Marketing-Cookies zustimmen. Weitere Hinweise finden Sie in den ausführlichen Datenschutzhinweisen. Marketing-Cookies akzeptieren und Video laden Barbesitzer und Musiker Nattapong Phukaew bekräftigt: „An diesem Punkt stimme ich zu, dass es notwendig ist, unsere Gruppen in Gewerkschaften zu organisieren, aber ich bin mir nicht sicher, wohin die aktuellen Bemühungen oder die Gruppenbildung letztendlich führen wird. Was wir jedoch sehen, ist, dass unsere Verhandlungsmacht und die Unterstützung von Seiten des Staates minimal sind. Es ist nicht so ganz klar, ob der Staat uns nicht achtet oder ob wir einfach nicht fähig sind, effektiv zu verhandeln.“ Bild: Urheber: FE / Phatsurang Dechabuddharungsi Gewerkschafterin Lalita Pechpuang sagte der Autorin, dass Wohlbefinden mit einem positiven Arbeitsumfeld beginne, einschließlich materieller Voraussetzungen wie Beleuchtung, Umkleideräumen und anderen konkreten, greifbaren Aspekten. Ebenfalls dazu gehören günstige Beschäftigungsbedingungen wie eine harmonische Interaktion zwischen den Beschäftigten und eine ausgewogene Machtdynamik zwischen Arbeitnehmer_innen und Arbeitgeber_innen, die eine offene Kommunikation ermöglicht. Wenn es Probleme gibt, sollten die Beschäftigten ihre Bedenken äußern und mit den Arbeitgeber_innen zusammenarbeiten können, um Verbesserungen am Arbeitsplatz zu schaffen. Bild: Urheber: FE / Phatsurang Dechabuddharungsi Pakistan Die Arbeiter_innen der Straßenreinigung und Müllbeseitigung sind die heimlichen Held_innen von Islamabad. Ganz im Stillen bewahren sie die Schönheit und Sauberkeit der Stadt, während sie tägliche Risiken und systemische Herausforderungen meistern müssen. An diesem Welttag für Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz fordern sie, gehört zu werden – nicht nur damit man sich an sie erinnert, sondern sie wollen auch zum Handeln aufrufen. Umweltarbeiterin Irshad Begum, inzwischen im Ruhestand, denkt an ihr Leben im Dienst der Gesellschaft zurück, das gleichzeitig von Würde und von Mühsal geprägt war. Sie möchte keine Anerkennung, sondern wünscht sich für die nachfolgende junge Generation eine faire Behandlung und Arbeitsschutz, und dass sie wirklich glücklich sein kann. Trotz geringer Löhne, verspäteter Zahlungen und eines unzureichenden Gesundheitsschutzes halten diese Arbeitskräfte weiter durch. Unterstützt werden sie dabei von Gewerkschaften wie der CDA Mazdoor Union, die sich unermüdlich für sicherere Arbeitsplätze und elementare Angebote wie sanitäre Einrichtungen besonders für Frauen einsetzen. Wenn die Welt am 28. April zusammenkommt, um eine Kultur der Prävention und Sicherheit zu fördern, unterstreicht die Geschichte der Straßenreinigungsarbeiter_innen und Müllwerker_innen aus Islamabad eine universelle Wahrheit: Arbeitsschutz ist ein Grundrecht, kein Privileg. Durch sozialen Dialog und Tarifverhandlungen müssen wir gewährleisten, dass alle Arbeitskräfte – egal welche Arbeit sie verrichten und welchen Status sie innehaben – die Macht besitzen, ihre Stimme zu erheben, ohne dadurch Nachteile zu erleiden, und am Ende des Arbeitstages sicher nach Hause zurückkehren. Nur dann können wir ihren unentbehrlichen Beitrag wirklich würdigen und eine Zukunft gestalten, in der jeder Arbeitsplatz für jede_n Arbeiter_in sicher und menschenwürdig ist. Sehen Sie hier die Dokumentation über die stillen Held_innen Pakistans World Day for Safety and Health at Work: Unsung Heroes of Pakistan Länge: 2:16 Minuten Dieses Video wird über Youtube zur Verfügung gestellt. Um es anzusehen, müssen Sie unseren Marketing-Cookies zustimmen. Weitere Hinweise finden Sie in den ausführlichen Datenschutzhinweisen. Marketing-Cookies akzeptieren und Video laden Im Gespräch mit der Regisseurin sagt Reinigungsarbeiterin Irshad Begum: „Das Leben als öffentliche Reinigungsarbeiterin ist voller Spannungen. Wir mussten immer wieder Kompromisse eingehen.“ Bild: Urheber: FES „Reinigungsarbeiterinnen und Reinigungsarbeiter haben keine Büros, aber wir haben in unserer Absichtserklärung festgelegt, dass wir Toiletten für sie einrichten werden, und es laufen bereits Gespräche darüber, 500 Tagelöhnerinnen und Tagelöhnern in der öffentlichen Reinigung feste Stellen zu beschaffen. Wenn Reinigungsarbeiterinnen und Reinigungsarbeiter eine feste Stelle haben, erhalten sie volle Sozialleistungen. Alle fest Angestellten erhalten vollständige Leistungen wie Rente, Gesundheitsversorgung usw.“ - erklärt Chaudhary Muhammad Yasin, Generalsekretär der Gewerkschaft CDA Mazdoor Union. Bild: Urheber: FES „Manchmal können aufgrund von bürokratischen oder politischen Problemen mit alten Regeln und Regulierungen die Veränderungen, Forderungen oder Anträge verzögert werden. Aber durch den Regimewechsel und mit unserem neuen Leiter arbeiten wir sehr eng mit den Reinigungsarbeiterinnen und Reinigungsarbeitern zusammen. Und wir berücksichtigen die typischen Herausforderungen, die diese Dienstleistung mit sich bringt, und kümmern uns darum“, sagt Maleeha Jamal, stellvertretende Leiterin der Entwicklungsbehörde für die pakistanische Hauptstadt. Bild: Urheber: FES Indien In letzter Zeit ist die Plattformarbeit eine bedeutende Beschäftigungsmöglichkeit für die wachsende Bevölkerung in Indien geworden. Mit Anreizen wie flexiblen Arbeitszeiten und geringen Einstiegsbarrieren ist sie vor allem für Frauen als Einkommensquelle attraktiv. Geschlechtsspezifische Diskriminierung, fehlende soziale Sicherung und strukturelle Barrieren schränken jedoch die vollständige Teilhabe der Frauen in diesem Bereich ein und begrenzen diese auf traditionell von Frauen besetzte Sektoren innerhalb der Plattformwirtschaft wie Beauty-Dienstleistungen, Kinderbetreuung, Arbeit als Haushaltshilfen und von zu Hause durchgeführte Einzelhandelstätigkeiten. Die Beteiligung der Frauen an auf Plattformen angebotenen Personenbeförderungsdiensten ist vergleichsweise gering, auch wenn diese Art der Beschäftigung einer gewissen Zahl von Frauen beim Eintritt ins Erwerbsleben geholfen hat. Einschränkungen sind hier jedoch fehlende Sicherheitsvorkehrungen während der Arbeitszeiten und ein begrenzter oder fehlender Zugang zu medizinischen Einrichtungen. Die vier interviewten Fahrerinnen (von App-basierten Taxis und öffentlichen Bussen) müssen ständig versuchen, einen Ausgleich zu schaffen zwischen ihrer prekären Beschäftigungslage und der Notwendigkeit eines gesicherten Einkommens. Bild: Urheber: FES Ein wesentliches Problem des körperlichen Wohlbefindens von Fahrerinnen ist der fehlende Zugang zu sicheren und sauberen Toiletten. Das Foto zeigt Kirti Sharma, eine der interviewten Fahrerinnen. Bild: Urheber: FES Oft fahren sie längere Routen oder lehnen Fahrten ab, um saubere und zugängliche Toiletten aufsuchen zu können. Infolge ihrer Arbeitsbedingungen treten bei Fahrerinnen immer häufiger Erkrankungen wie erhöhter Blutdruck, Diabetes und Harnwegsinfektionen auf. Auf diesem Foto fährt Nitu Sharma gerade los, um den ersten Fahrgast des Tages abzuholen. Bild: Urheber: FES Aus den genannten Gründen ist der Bau öffentlicher Toiletten und die Instandhaltung und Reinigung der bestehenden Toiletten eine Notwendigkeit, um Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz zu verbessen. Auf diesem Foto abgebildet: Sheetal. Bild: Urheber: FES Die per Plattform abgewickelten Fahrdienste bieten zwar ein immenses wirtschaftliches Potenzial, vernünftige Sicherheits- und Gesundheitsleistungen könnten sie aber für weibliche Arbeitskräfte attraktiver machen. Dieses Foto zeigt Sheetal in ihrem Element. Bild: Urheber: FES Über die Autorin Phatsurang Dechabuddharungsi (Candy) ist Produzentin und Regisseurin von Dokumentar- und Kurzfilmen. Für diese Kampagne anlässlich des Welttages für Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz führte sie Regie bei einem Kurzfilm über Musikerinnen und Musiker in Thailands Nachtleben und einem Dokumentarfilm über Pakistans stille Held_innen. Als Regional Communications Coordinator für die FES im Büro in Bangkok, Thailand, bringt sie ihre Erfahrung und Kreativität ein, um positive Veränderungen für eine nachhaltige Zukunft in Asien zu bewirken. Dieser Beitrag erschien am 28.04. im Original in englischer Sprache auf asia.fes.de