Entgegen zahlreicher Forderungen und Vorschläge aus der europäischen Politik und Think Tank Community, wird die EU in absehbarer Zeit nicht in der Lage sein, als starker und geeinter sicherheitspolitischer Akteur zu agieren – vor allem im Hinblick auf einen großflächigen Einsatz militärischer Kapazitäten zur Krisenintervention oder gar zur Landesverteidigung. Hierfür ursächlich sind vor allem Souveränitätsvorbehalte sowie unterschiedliche Bedrohungsperzeptionen und strategische Kulturen (u.a. unterschiedliche historische Erfahrungen) bei den Mitgliedsstaaten – aber auch grundlegende Probleme von demokratischer Kontrolle. Besonders bei den mittelosteuropäischen EU-Mitgliedstaaten stoßen Forderungen nach einer „strategischen Autonomie“ der EU bisher auf Ablehnung. Die USA und die NATO werden kurz-, mittel- und langfristig der Garant „transatlantisch-europäischer Sicherheit“ bleiben. Gleichwohl werden die EU-Mitgliedstaaten und die EU aufgrund US-amerikanischer Prioritätenverschiebungen zunehmend alleine für die Stabilisierung und Entwicklung ihrer unmittelbaren Nachbarschaft (Nordafrika, Naher/Mittlerer Osten, Südost-/Ost-/Zentraleuropa) zuständig sein und entsprechende Handlungssouveränität herstellen müssen. In den vergangenen zehn Jahren haben Gewaltkonflikte in Europas Nachbarschaft massiv zugenommen.
Das Souveräne Europa wird auf absehbare Zeit nur über begrenzte militärische Fähigkeiten und Handlungsspielräume verfügen. Dennoch ist die EU nicht zur Untätigkeit verdammt: Bei Diplomatie, Demokratieförderung, Handels- und Investitionspolitik, Entwicklungszusammenarbeit oder auch Klimapolitik hat die EU schon heute das Potenzial, als souveräner, weltpolitischer Akteur zu agieren.
Das Souveräne Europa braucht eine Strategie, um die diversen Instrumente im Sinne einer Sicherheits- und Friedenspolitik zusammenzuführen. Die Marktmacht der EU ist Dreh- und Angelpunkt für globale Einflussnahme.
Das Souveräne Europa darf sich nicht abschotten. Kooperation und Integration haben in Europa Frieden und Stabilität geschaffen. Abschottung kann daher nicht die alleinige Antwort der EU auf Krisen und Gewaltkonflikte sein. Hier bedarf es einer klugen politischen Balance aus globaler Zusammenarbeit einerseits und Verteidigung demokratischer Politik und europäischer Gesellschaftsentwürfe andererseits.