Svenja Lemke

Europäische Streitmächte - Mit vereinten Kräften?

Die Debatte ist älter als die Europäische Union selbst, auch die nationalen Vorbehalten aus den 50er Jahren bestehen jedoch bis heute fort – kommt die EU-Armee dennoch?

Bild: von skeeze lizenziert unter Pixabay License

Noch im November vergangenen Jahres forderte Bundeskanzlerin Angela Merkel bei ihrer Rede vor dem Straßburger Europaparlament „an der Vision [zu] arbeiten, eine echte europäische Armee zu schaffen“. Merkel selbst versteht das Anliegen dabei offenbar vor allem als ein weiteres, zentrales Element im europäischen Friedensprozess.

Eine echte Vergemeinschaftung der Verteidigungspolitik wäre jedoch weit mehr als reine Symbolik. Vielmehr berührt das Vorhaben den Kernbestand nationaler Souveränität – und ist vor allem deshalb unter den Mitgliedsstaaten so umstritten. Mittelfristig sind die Herausforderungen ohnehin sehr viel praktischerer Natur: Sowohl die internen Strukturen der nationalen Armeen als auch die jeweils genutzten Waffensysteme erweisen sich in der Praxis als wenig kompatibel. Auch von einer geteilten Interessenlage kann nur in Ausnahmefällen die Regel sein. Allzu häufig dominieren nach wie vor eher deutsche, französische, lettische oder luxemburgische als genuin europäische Erwägungen die außen- und sicherheitspolitische Debatte.

Denn selbst innerhalb der Lager der Befürworter respektive Gegner der EU-Armee ist die Motivlage keinesfalls eindeutig. Während man sich in Ungarn und Tschechien vor allem einen verbesserten Schutz der territorialen Integrität erhofft, fürchtet man andernorts in Osteuropa um die zukünftige Rolle der NATO. In Portugal unterstützt man den Vorschlag vor allem unter Effizienzgesichtspunkten, während Deutschland seine langwierige Unterstützung weiterhin von der verfassungsmäßigen Parlamentskontrolle abhängig macht.

Vereinte Streitkräfte unter einer zentralen europäischen Kommandostruktur sind demnach bestenfalls militärische Zukunftsmusik. Das Kommando lautet deshalb: Politik der kleinen Schritte, Marsch! Welche Initiativen gesamteuropäisch mehrheitsfähig sind, verrät die neue Studie "The Relaunch of Europe: Mapping Member States‘ Reform Interests“ des Referats Internationale Politikanalyse der Friedrich-Ebert-Stiftung, durchgeführt vom Institut für Europäische Politik

Relaunch of Europe

Die Studie „The Relaunch of Europe: Mapping Member States‘ Reform Interests“ erfasst den Spielraum für Reformen in den EU-27. Anhand zwölf konkreter Vorhaben identifizieren die Autor_innen mögliche Koalitionen für einen Neustart der europäischen Integration.

Ansprechpartner in der Stiftung

Arne Schildberg

The Relaunch of Europe

Mapping member states' reform interests : A comparative analysis
Berlin, 2018

Publikation herunterladen (4 MB, PDF-File)


Friedens- und Sicherheitspolitik in Europa

Die neuen außenpolitischen Herausforderungen überfordern nationalstaatliche Reaktionsmöglichkeiten: Europa muss einen gemeinsamen Weg finden. Bei der konkreten Ausgestaltung jedoch dominiert oft nationalstaatliches Denken. Eine europäische Zusammenarbeit ist hier besonders schwer, da nationale Sicherheit naturgemäß ein sensibles Thema ist. Trotzdem wollen wir mit verschiedenen Formaten Vertrauen schaffen und Möglichkeiten aufzeigen, an welchen Stellen eine bessere Kooperation sinnvoll wäre.

Ansprechpartnerin

Marie Meier

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Marie.Meier(at)fes.de

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