100 Jahre FES! Mehr erfahren
  • Rückblick

Wie geht Gemeinschaftsschule? Veranstaltung in Schwieberdingen 20. November 2017

Gut fünf Jahre nach dem Start der neuen Schulform ziehen Friedrich-Ebert-Stiftung und GEW Zwischen-Bilanz. Nach einer Auftaktveranstaltung in Stuttgart diskutierten Pädagogen, Wissenschaftler, Eltern und Schüler an der Glemstal-Gemeinschaftsschule Schwieberdingen über die Zukunft des gemeinsamen Lernens.

Für Sandra Vöhringer ist die Glemstal-Gemeinschaftsschule weit mehr als ein nur ein Angebot für Schülerinnen und Schüler zum gemeinsamen Lernen. Die Schulleiterin sieht in der Gemeinschaftsschule auch eine Möglichkeit, der auseinanderdriftenden Gesellschaft entgegenzuwirken. „Gerade in der Schule sollten Kinder lernen, dass alle zur Gesellschaft gehören“, sagte sie. Das sei aber nur an einer Schule möglich, die Kinder nicht in Schubladen einsortiere. Gleichzeitig widersprach Vöhringer dem häufig geäußerten Vorwurf, dass Schüler an Gemeinschaftsschulen weniger gefordert oder schlechtere Leistungen bringen würden als an anderen Schulen. Das Gegenteil sei der Fall, sagte Vöhringer und verwies auf Erfolge ihrer Schule: In den Ergebnisse der Vera-Vergleichsarbeit etwa habe die Glemstalschule hervorragend abgeschnitten und könne auch mit den Ergebnisse der Gymnasien mithalten.

Trotz solch guter Bilanzen hat sich die Skepsis gegenüber der in Baden-Württemberg noch jungen Schulform auch fünf Jahre nach dem Start nicht ganz gelegt. 

Mehr als 300 Gemeinschaftsschulen gibt es mittlerweile. Zwar sind sie auf dem Weg, sich neben den traditionellen Schulformen zu etablieren. Allerdings sinken an manchen Standorten die Anmeldezahlen. Kritiker sprechen deshalb von einer Krise der Gemeinschaftsschulen. Eltern setzten lieber auf  bekannte Schulformen, anstatt auf das gemeinsame und inklusive Lernen ohne Noten, rhythmisiertem Ganztag und innerer Differenzierung.

Als entscheidenden Standortnachteil gegenüber den etablierten Gymnasien sehen viele Schulleiter von Gemeinschaftsschulen fehlende Oberstufen. Auch den Eltern sei der Weg zum Abitur sehr wichtig, sagte die Vorsitzende des Elternbeirats an der Glemstalschule, Michaela Nowraty. Bei der Schulwahl sei es für viele Eltern ganz entscheidend, ob es eine Oberstufe gebe oder nicht. Gleichzeitig klagte Nowraty, oftmals werde in der Öffentlichkeit ein negatives Bild der Gemeinschaftsschulen gezeichnet: „Das entspricht nicht der Realität.“

Die GEW-Landesvorsitzende Doro Moritz stärkte den Gemeinschaftsschulen den Rücken und betonte, dass gerade diese Schulform Schülerinnen und Schüler zur Eigenständigkeit erziehe: „Sie lernen hier, für sich Verantwortung zu übernehmen und ihre Persönlichkeit zu stärken. Wer das kann, wird auch später im Leben seinen Weg gehen.“ Das sah auch Samuel Holzhäuer so, Lehrer an der Glemstalschule: „Lernen fürs Leben – das ist genau das, was eine Gemeinschaftsschule ausmacht.“

Mit dieser Analyse war Urban Krappen, Vorstand der VR-Bank Asperg- Markgröningen, einverstanden. Er sagte, Absolventinnen und Absolventen von Gemeinschaftsschulen seien auf dem Arbeitsmarkt begehrt.  Ganz anderer Meinung war Krappen allerdings beim Thema gymnasiale Oberstufe. Es gebe schon jetzt viele Wege zum Abitur. Deshalb bräuchten nicht auch noch die Gemeinschaftsschulen eine Oberstufe.

Was Eltern bei der Wahl einer Schule wichtig ist, erläuterte der Erziehungswissenschaftler Rafael Frick von der PH Ludwigsburg.  Sein Fazit: Es sind vor allem „weiche“ Faktoren wie Erziehungskonzept Schulklima und Reputation einer Schule.

Die anschließenden Gesprächsrunden zwischen Eltern und Lehrern bei der Veranstaltung offenbarten aber noch ein weitere Motive bei der Entscheidung für eine weiterführende Schule: Mütter und Väter möchten ihre Kinder nicht nur gut aufgehoben wissen, sondern auch bestmögliche Förderung, Leistungsorientierung und gute Abschlüsse sind ihnen wichtig.

nach oben