Seit seinem Beitritt hat sich Polen zu einem wichtigen Mitgliedsland der Europäischen Union (EU) entwickelt, welches wie kein anderes der östlichen Beitrittsländer die europäische Idee weitergetrieben hat. Die Parla-mentswahl im Oktober 2015 in Polen brachte einen politischen Wandel: Die innenpolitische Situation ist an-gespannt, die Idee eines vereinten Europas scheint für die Regierung an Strahlkraft verloren zu haben. Die Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) hat Gesetze verabschiedet, welche die Gewaltenteilung bedrohen und die öffentlich-rechtlichen Medien der Regierung unterstellt. Beschäftigte zahlreicher Behörden wurden ausgetauscht. Die Regierungspolitik der PiS stößt sowohl in Polen als auch in der EU auf Kritik und Widerstand. So hat die Europäische Kommission gegen die umstrittenen Reformen in Polen ein Verfahren zum Schutz der Rechtsstaatlichkeit in der EU eingeleitet. EU-Kommissar Günter Oettinger hat bei einer Veranstaltung Ende März 2017 in Stuttgart zum Thema „Europäische Werte und die Rolle der Medien“ ausdrücklich die Entwicklung in Polen kritisiert: „Hier verringert sich die Medienfreiheit täglich“ und das würde ohne eine unabhängige Medienaufsicht zur Gefährdung der Demokratie von Übermorgen führen. Das in Polen gegründete Komitee zur Verteidigung der Demokratie (KOD) sieht Polen auf dem Weg in Richtung einer autokratischen Regierungsform. Wie konnte es zu dieser Entwicklung kommen? Polen ist, verglichen mit anderen europäischen Ländern, relativ gut durch die Finanz- und Schuldenkrise gekommen und wird von der EU für sein Wirtschaftswachs-tum gelobt. Sind diese makroökonomischen Erfolge bei vielen Polen nicht angekommen? Ist die hohe Zu-stimmung für die PiS auf eine soziale Unzufriedenheit zurückzuführen? In Zeiten, in denen sich Nationalstaa-ten von Europa abwenden und europakritische Strömungen Konjunktur haben: Welche Rolle übernimmt Polen? Wie können die zivilgesellschaftlichen Anstrengungen und staatliches politisches Handeln zusam-menfinden?