Zum 80. Geburtstag – Heidemarie Wieczorek-Zeul

Heidemarie Wieczorek-Zeul ist eine Humanistin, die mit konsequenter Haltung Politik für eine gerechtere Gesellschaft verfolgt. In ihrem politischen Engagement setzt sie in ihrer Amtszeit, aber auch darüber hinaus, nachhaltige Akzente in der Entwicklungspolitik und tritt stets für internationale Armutsbekämpfung und Friedenssicherung ein. Sie leistet zudem, auch gegen Widerstand aus den eigenen Reihen, ihren Beitrag zur Aufarbeitung der kolonialen Vergangenheit Deutschlands. Weitere Schwerpunkte der Arbeit Wieczorek-Zeuls sind die Stärkung der Rechte von Frauen und Mädchen und der Kampf gegen Epidemien, insbesondere HIV/Aids.

Bereits 1965 tritt Heidemarie Wieczorek-Zeul in die SPD ein, auf ihre politische Berufslaufbahn konzentriert sich die studierte Lehrerin spätestens 1974 als Bundesvorsitzende der Jusos – sie ist die erste Frau, die in das Amt gewählt wird. Von 1979 bis 1987 ist sie Mitglied des Europäischen Parlaments. Anschließend wird Wieczorek-Zeul 1987 Mitglied des Deutschen Bundestages und Europapolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, im Jahr darauf Bezirksvorsitzende der südhessischen SPD und von 1993 bis 2005 stellvertretende Vorsitzende der Bundes-SPD. Von 1998 bis 2009 ist sie Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Bundestagsabgeordnete bleibt sie bis 2013, als sie nicht mehr kandidiert.

Heidemarie Wieczorek-Zeul engagiert sich ehrenamtlich als Vizepräsidentin der Freunde des Globalen Fonds Europa. Sie war Schirmherrin von Work for Peace, dem Schüleraktionstag für Länder des globalen Südens, der von 2005 bis 2019 vom Weltfriedensdienst e.V. durchgeführt wurde, und der africa action / Deutschland, die sich seit 1983 für Hilfe zur Selbsthilfe, insbesondere für Menschen mit Behinderung, in mittlerweile zwölf Ländern in Afrika einsetzt. Des Weiteren engagiert sie sich als Kuratoriumsmitglied der Hilfsorganisation CARE Deutschland. Sie ist beratendes Mitglied der SPD-Grundwertekommission. Seit 2016 ist sie Vorsitzende des Willy-Brandt-Kreises.


Gruppenaufnahme mit der Juso-Bundesvorsitzenden und Juso-Sekretären (11.11.1975); Rechte: J.H. Darchinger/Friedrich-Ebert-Stiftung [6/FJHD021107].

Pressekonferenz der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen (AsF) im Erich-Ollenhauer-Haus in Bonn (8.11.1988); Rechte: nicht ermittelbar [6/FOTA138606].

Besuch von Heidemarie Wieczorek-Zeul 2000 in New York; Vortrag im Carnegie Coucil on Ethics and International Affairs; Rechte: nicht ermittelbar [6/FOTA139144].

Bundestagswahlkampf 1994; Rechte: nicht ermittelbar [6/FOTA135717].

SPD-Parteitag in Hamburg (15.11.1977); Rechte: J.H. Darchinger/Friedrich-Ebert-Stiftung [6/FOTA140758].

Sitzung SPD-Präsidium (2.11.1998); Rechte: Frank und Marc Darchinger [6/FOTA150178].

SPD-Parteitag in Bremen (28.05.1991); Rechte: AdsD [6/FOTA024116].

Veranstaltung der Friedrich-Ebert-Stiftung "Vier Jahre rot-grüne Entwicklungspoltik - Bilanz und Perspektiven" in Berlin (30.10.2002); Rechte: AdsD [6/FOTA138435].

SPD-Parteitag in Nürnberg (25.08.1986); Rechte: J.H. Darchinger/Friedrich-Ebert-Stiftung [6/FJHD018462].

SPD-Parteitag in Nürnberg (19.11.2001); Rechte: Frank und Marc Darchinger [6/FOTA149010].

Symposium zum 100. Geburtstag von Egon Bahr, Friedrich-Ebert-Stiftung 2022.

Ausgewählte Publikationen

  • Heidemarie Wieczorek-Zeul: "Ohne sein Wirken wäre die deutsche und europäische Teilung nicht überwunden worden", in: Peter Brandt, Hans-Joachim Gießmann, Götz Neuneck (Hrsg.): "... aber eine Chance haben wir", Bonn 2022.
  • Heidemarie Wieczorek-Zeul: Wir waren schon einmal weiter! Sicherheitszusammenarbeit und Rüstungskontrolle nach der Blockkonfrontation, in: Neue Gesellschaft, Frankfurter Hefte, 1/2, 2019. Volltext
  • Heidemarie Wieczorek-Zeul: Gerechtigkeit und Frieden sind Geschwister. Politisches Engagement in Zeiten der Globalisierung, Marburg 2018.
  • Reinhart Kößler/Henning Melber: Völkermord - und was dann? Die Politik deutsch-namibischer Vergangenheitsbewältigung, Vorwort von Heidemarie Wieczorek-Zeul, Frankfurt a.M.  2017.
  • Heidemarie Wieczorek-Zeul: Globale Probleme erfordern globale Lösungen. Wie die Umsetzung der Nachhaltigkeitsentwicklungsziele gelingen kann, in: Neue Gesellschaft, Frankfurter Hefte, 12, 2016. Volltext


Bild: "Wortmeldung" (27.01.1974); Rechte: J.H. Darchinger/Friedrich-Ebert-Stiftung [6/FJHD011597].

Politikfelder

Geschlechtergerechtigkeit

Die Stärkung der Stellung der Frau in Wirtschaft und Gesellschaft gehörte zu Heidemarie Wieczorek-Zeuls wichtigsten Arbeitsbereichen. Als Schirmfrau des Gender-Aktionsplans der Weltbank setzte sie sich während ihrer Amtszeit für die Gleichstellung der Geschlechter und für ein insgesamt frauenfreundlicheres Weltbankprogramm ein.

Als Ministerin machte sie die Frauenförderung auch zu einem Schwerpunkt der deutschen Entwicklungspolitik. In den Jahren 2000 und 2008 ging die Hälfte der BMZ-Mittel an Projekte, die sich positiv auf die Gleichstellung der Geschlechter auswirkten.

Während ihrer Amtszeit zwischen 1998 und 2009 erhöhte sich die Zahl der Frauen in Führungspositionen im BMZ erheblich. Sie schuf die Grundlage dafür, dass heute im BMZ mehr Frauen in Führungspositionen beschäftigt sind als je zuvor.

Kampf gegen Infektionskrankheiten

AIDS, Tuberkulose und Malaria, die häufigsten drei Infektionskrankheiten der Welt, standen in den 2000er Jahren weit oben auf der Tagesordnung des Ministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, dem Heidemarie Wieczorek-Zeul vorstand. Zur Bekämpfung dieser Krankheiten brachte sie finanzielles Engagement ein und organisierte den notwendigen politischen Willen. Die Einrichtung des Globalen Fonds im Jahr 2002 hat sich als sehr wirksam erwiesen und konnte vor allem in den Entwicklungsländern bedeutsame Erfolge erzielen. Dank des Globalen Fonds ist die Zahl der Menschen, die an AIDS, Tuberkulose oder Malaria sterben, zurückgegangen. Heidemarie Wieczorek-Zeul ist als Vizepräsidentin der „Freunde des Globalen Fonds Europa“ für Deutschland weiterhin in diesem Themenbereich aktiv.

Verbesserung der Arbeitsbedingungen

Heidemarie Wieczorek-Zeul plädiert stets für mehr soziale Gerechtigkeit weltweit und setzte sich intensiv für bessere Arbeitsbedingungen ein, die auch in den Normen der Internationalen Arbeitsorganisation ILO festgeschrieben sind: Verbot von Kinderarbeit, Zwangsarbeit und Diskriminierung sowie die Gewährleistung des Rechts auf freie Gewerkschaften.

Die Weltbank müsse ebenfalls in ihren Geschäftsbeziehungen auf die Respektierung der sozialen Kernarbeitsnormen der ILO verpflichtet werden, so ihr Plädoyer als deren Gouverneurin. Sie arbeitete gleichzeitig intensiv für die Stärkung der Gewerkschaften, die für soziale Gerechtigkeit von zentraler Bedeutung seien. Um diese Ziele langfristig zu verfolgen, hat sie die „Global Labour University“ mitgegründet, die von der ILO, der Hans-Böckler-Stiftung und der Friedrich-Ebert-Stiftung unterstützt wird. Schwerpunkte sind hier die internationale Wirtschafts- und Sozialpolitik, Global Governance, Makroökonomie und internationale Organisation von Gewerkschaftsarbeit.

Armutsbekämpfung

Als Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung betonte Heidemarie Wieczorek-Zeul die Bedeutung einer Erhöhung der Entwicklungsausgaben, um die Länder des Globalen Südens besser in die Weltwirtschaft zu integrieren und Hunger und Armut zu bekämpfen. Zum Zeitpunkt ihres Amtsantrittes als Ministerin im Jahr 1998 waren die meisten Länder des Globalen Südens mit insgesamt 2,5 Billionen Dollar bei den reichen Ländern, den internationalen Organisationen und dem IWF verschuldet.
Als einer der größten Erfolge Wieczorek-Zeuls bereits zu Beginn ihrer Amtszeit gilt ein erster umfassender Schuldenerlass für die ärmsten Entwicklungsländer, der unter Vorsitz der frisch ins Amt gewählten rot-grünen Bundesregierung unter Gerhard Schröder auf dem G8-Gipfel in Köln 1999 gelang. Die freiwerdenden Mittel sollten verpflichtend für Ausgaben im Bildungs- oder Gesundheitssektor und bei der Bekämpfung von AIDs/HIV eingesetzt werden.

Friedenspolitik

Als Anhängerin der internationalen Entwicklungspolitik von Willy Brandt liegt Heidemarie Wieczorek-Zeul der Leitgedanke „Entwicklungspolitik ist die Friedenspolitik des 21. Jahrhunderts“ am Herzen. Frieden und Entwicklung seien eng miteinander verbunden und müssen gemeinsam umgesetzt werden, damit der Ausbruch bewaffneter Auseinandersetzungen vermieden wird. Konflikte sollten möglichst präventiv gelöst werden. Als BMZ- Ministerin setzte sie sich unter anderem für den „zivilen Friedensdienst“ ein. Das Projekt, mit dessen Hilfe Konflikte etwa um Land oder Wasser durch Mediation und Verhandlungen frühzeitig entschärft werden sollen, wurde seit 1998 von der rot-grünen Bundesregierung gefördert,

Seit 2016 setzt Heidemarie Wieczorek-Zeul ihre Arbeit zu friedens- und sicherheitspolitischen Themen als Vorsitzende des Willy-Brandt-Kreises fort, der sich für Dialog und diplomatische Lösungen in sicherheitspolitischen Fragen und internationalen Konflikten einsetzt und gegen die Gefahr eines neuen atomaren Wettrüstens auftritt. Mit dem regelmäßig stattfindenden Egon Bahr - Symposium wird hier ein Forum bereitgestellt, das dessen Konzeptionen der Entspannungspolitik aufnimmt und anhand aktueller Entwicklungen diskutiert.

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