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Im letzten Beitrag zum Projekt zur Provenienzforschung in der Bibliothek im Archiv der sozialen Demokratie vor einem Monat lag der Schwerpunkt auf der Zerschlagung der Arbeiterbibliotheken im Nationalsozialismus und der historischen SPD-Parteibibliothek. In diesem Blog-Beitrag geht es nun um Provenienzforschung mit dem breiteren Fokus darauf, aus welchen Beständen die Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung (wieder-)aufgebaut wurde.
Im Mittelpunkt des Forschungsprojekts stand zunächst die systematische Prüfung des sogenannten Gründungsbestands der Bibliothek im Archiv der sozialen Demokratie der Friedrich-Ebert-Stiftung. Dieser Teilbestand besteht aus Büchern, die der Bibliothek 1969 zur Gründung vom SPD-Parteivorstand übergeben wurden, sowie aus parallel bis 1977 zur Bestandserweiterung eingekauften Exemplaren. Als Nachfolgeeinrichtung und Verwahrungsort ihrer neuaufgebauten Bestände steht die Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung in direkter Tradition zu der historischen SPD-Parteibibliothek. Diese wurde 1933 durch das NS-Regime zerschlagen, ihre Bestände wurden zerstört, beschlagnahmt und gelten bis heute größtenteils als vermisst. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs konnte der SPD-Parteivorstand die Bibliothek mithilfe von Bücherspenden und -schenkungen neu aufbauen. Nach seiner Übernahme in die Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung wurde dieser Bestand durch zahlreiche antiquarische Einkäufe ergänzt; die Provenienzen dieser Bücher wurden jedoch nicht dokumentiert. Bis zu Projektbeginn im Juli 2020 war unklar, welche und wie viele verschiedene Provenienzhinweise sich im "Gründungsbestand" feststellen lassen.
Bereits im Vorlauf des Projekts konnten bei einer ersten exemplarischen Inspektion Verdachtsfälle ermittelt werden. Im Laufe der systematischen Bestandsüberprüfung wurden weitere Provenienzen entdeckt, deren Herkunft dringend weiter erforscht werden muss. Bisher wurden fünf Fälle von NS-Raubgut eindeutig identifiziert. Erste Restitutionen im Sinne der Washingtoner Prinzipien und der Gemeinsamen Erklärung befinden sich in Vorbereitung.
Neben Funden von NS-Raubgut gab es eine Reihe weiterer auffälliger Provenienzen, welche überprüft wurden. An dieser Stelle soll eine Auswahl derer vorgestellt werden, bei denen es sich nicht um Raubgut handelt und welche sich rechtmäßig in der Bibliothek im Archiv der sozialen Demokratie befinden:
Zunächst konnte die Provenienz der Auer-Bibliothek (Hamburg) und des „Hamburger Echo“ festgestellt werden. Die Bibliothek war Teil der in Hamburg ansässigen Buchdruckerei und Verlagsanstalt Auer & Co., die die sozialdemokratische Tageszeitung „Hamburger Echo“ publizierte. Im Mai 1933 wurde die Bibliothek beschlagnahmt.
Des Weiteren wurden zahlreiche Hinweise auf die Bergneustädter Heimvolkshochschule dokumentiert. Die Heimvolkshochschule in Bergneustadt wurde 1966 gegründet und war die erste Bildungsstätte der Friedrich-Ebert-Stiftung; nach 48 Jahren politischer Bildungsarbeit wurde der Betrieb Ende Juni 2004 aus Kostengründen eingestellt.
Darüber hinaus gibt es Hinweise auf drei Personen, welche sich im sozialdemokratischen Umfeld engagierten und teilweise auch im Rahmen des Wiederaufbaus der SPD-Bibliothek tätig waren. Zum einen handelt es sich hier um den Publizisten Arno Scholz. Der Herausgeber der zwischen 1946 und 1972 erschienenen einflussreichen sozialdemokratischen Tageszeitung „Telegraf“ wurde während der NS-Diktatur politisch verfolgt. Teile von Scholz‘ Nachlass wurden ins Archiv der sozialen Demokratie übernommen.
Daneben wurden Besitzmerkmale von „R. Rothe“ gefunden. Anhand von Dokumenten unseres Archivs konnte ermittelt werden, dass es sich um Rudolf Rothe handelt. Rothe wurde 1946 zum Leiter des Parteiarchives der SPD. Als einzigartiger Kenner sozialistischer Literatur begann er nach Kriegsende eifrig – trotz stark beschränkter Finanzen – Sozialistika zu sammeln. Dazu veröffentlichte er Suchaufrufe in sozialdemokratischen Zeitungen, was zu solidarischen Bücherspenden aus aller Welt führte. Einer, der diesen Suchaufrufen folgte, war Walter Wenderich. Wenderich sendete eine große Sammlung aus den USA an den SPD-Parteivorstand in Hannover und trug damit einen Teil zur neuaufgebauten Bibliothek bei.
Die neuaufgebaute SPD-Bibliothek wurde dem Archiv der sozialen Demokratie zu seiner Gründung 1969 übergeben und befindet sich seitdem in der Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung. Der Aufbau der beiden Bibliotheken konnte nicht immer nach den heute üblichen bibliothekswissenschaftlichen Standards erfolgen. Nachweise über Provenienzen liegen daher mitunter nur bruchstückhaft vor.
Bei der „populären Provenienzforschung“ stehen die Identifikation von Raubgut und Restitutionen oft im Vordergrund. Dabei besteht ein nicht unerheblicher Teil der Arbeit aus Provenienzhinweisen, welche nach wissenschaftlicher Tiefenrecherche eben in keinem verfolgungsbedingten Kontext stehen. In der Friedrich-Ebert-Stiftung wurden zahlreiche Besitzmerkmale von Institutionen, Bibliotheken und Einzelpersonen dokumentiert, die zum (Wieder-)Aufbau der SPD-Bibliothek beziehungsweise der Bibliothek in der Friedrich-Ebert-Stiftung beigetragen haben. Für die Fälle von NS-Raubgut strebt die Friedrich-Ebert-Stiftung im Sinne der Washingtoner Prinzipien nach „Wiedergutmachung“. Ein erfolgreiches Ergebnis der Provenienzforschung ist jedoch nicht zwangsweise eine Restitution, sondern die Transparenz der dokumentierten Provenienzen und ihrer Herkunftsgeschichten.
Hannah Schneider
Im Rahmen seines bibliothekarischen Provenienzforschungsprojekts veranstaltete das Archiv der sozialen Demokratie am 15. und 16. Oktober 2025 eine Fachtagung zum Thema „Provenienzforschung und Arbeiterbewegungsgeschichte“. Genese und Zielsetzung der Tagung werden an dieser Stelle reflektiert.
Ein Exemplar des seltenen Katalogs der SPD-Parteibibliothek – ein brauner Halblederband im Quartformat mit 412 Seiten – erhielt sich im Besitz des Instituts für Sozialforschung (IfS) in Frankfurt a. M. und wurde im Jahr 1992 an die Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung übergeben. Ein Versuch, seine Besitz- und Herkunftsgeschichte nachzuzeichnen.
Die Universitätsbibliothek Frankfurt übergibt 44 Bücher aus sozialdemokratischen und gewerkschaftlichen Einrichtungen an unsere Bibliothek.
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Im Rahmen der Ausbildung zur Fachangestellten für Medien und Informationsdienste, Fachrichtung Archiv (FaMI), empfiehlt es sich, auch in andere Fachrichtungen hineinzuschauen. Unsere Auszubildende Nike Pfaue absolvierte ein Auslandspraktikum beim Internationalen Institut für Sozialgeschichte (IISG) in Amsterdam.
Der Sozialdemokrat Otto Hörsing gründete 1924 das Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold, das sich binnen kurzer Zeit zur größten der SPD nahestehenden Massenorganisation entwickelte. Dennoch ist Hörsing heute weitgehend vergessen – warum?
Dieser Beitrag ist die Fortsetzung einer Artikelserie über die ukrainische Revolution 1917-1921 („Das fortschrittliche Erbe der Ukrainischen Volksrepublik”) und befasst sich mit der Entwicklung in der Westukraine.