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Vier Jahre nach der Rana-Plaza-Tragödie: FES eröffnet "Akademie der Arbeit" in Bangladesch

Am 24. April 2013 ereignete sich in Bangladesch die Rana-Plaza-Tragödie: Beim Einsturz einer Textilfabrik starben mehr als 1.100 Arbeiter_innen, viele weitere wurden verletzt. Wenige Tage vor dem vierten Jahrestag des Fabrikeinsturzes eröffnet die Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) in der Hauptstadt Dhaka die Akademie der Arbeit.

Michael Sommer war bei der Eröffnung vor Ort. Wir sprachen mit dem stellvertretenden FES-Vorsitzenden und langjährigen DGB-Chef über die Ziele der Akademie und den Stand der Arbeitnehmer_innenrechte.

Was ist die Akademie der Arbeit und was sind ihre Ziele?

Bei der Akademie der Arbeit  handelt es sich um ein bislang einzigartiges Nachwuchskräfteprogramm für Gewerkschafter in Bangladesch. Drei Monate lang werden Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter der mittleren Führungsebene fortgebildet. Wir sind stolz darauf, dass wir eine renommierte bangladeschische Universität als Kooperationspartner für die Akademie gewinnen konnten, die das Programm akademisch zertifiziert hat. Eine weitere Besonderheit ist, dass in der Landessprache  Bangla unterrichtet wird, vor allem durch lokale Trainer.

Der Unterrichtsstoff wurde über ein halbes Jahr hinweg entwickelt. Dies geschah in enger Zusammenarbeit mit dem  Bangladesh Institute of Labour Studies sowie dem Brac Institute of Governance and Development der Brac University.

Dabei herausgekommen sind sechs spannende Module, u.a. zur Geschichte der Gewerkschaften, zu Arbeitnehmerrechten und zu Handel und Globalisierung. Alle Module verbinden nicht nur Theorie und Praxis, sondern auch den lokalen mit dem globalen Kontext. Langfristig soll die Akademie auch zu einem sozialen Dialog zwischen Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden beitragen und insgesamt die Gewerkschaften stärken.

Was ist der aktuelle Stand der Arbeitnehmer_innenrechte in Bangladesch?

Nach der Katastrophe 2013 kam es in Bangladesch vor allem bei Gesundheits- und Sicherheitsschutz zu deutlichen Verbesserungen.

Dazu beigetragen haben Initiativen wie der ACCORD, ein rechtlich bindendes Abkommen zwischen Unternehmen, Gewerkschaften und NGOs für mehr Arbeitsschutz in den Textilfabriken. Die damit erzielten Verbesserungen beschränken sich allerdings auf den exportorientierten Textilmarkt, haben sich also bisher nicht im gleichen Maße in der Textilproduktion für den einheimischen Markt durchgesetzt.

Gleiches gilt auch für die anderen Industriezweige, wie etwa die Lederherstellung. Darüber hinaus gibt es in Bangladesch noch einiges zu tun, beispielsweise was das Recht auf Vereinigungsfreiheit und Kollektivverhandlungen angeht. Auch beim sozialen Dialog sowie beim tripartiten Dialog, der neben den Gewerkschaften und den Arbeitgebern auch die Regierung miteinbezieht, gibt es noch Verbesserungsbedarf.

Häufig kommt es erst in Krisensituationen zur spontanen Gründung von Gremien. Um Arbeitnehmerrechte langfristig zu stärken, braucht es einen demokratisch strukturierten und kontinuierlichen Dialog zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite.

Wie kann die Akademie der Arbeit konkret den sozialen Dialog stärken?

Für eine funktionierende Sozialpartnerschaft braucht es starke Gewerkschaften. Starke Gewerkschaften kann es nur geben, wenn Gewerkschaften nach innen und außen gut aufgestellt sind. Die Akademie setzt genau hier an und vermittelt neben Fachwissen und praktischen Fähigkeiten auch Kenntnisse im Bereich Management und Organisation.

Darüber hinaus zielt das Training darauf ab, einen intensiveren Austausch zwischen Gewerkschaften herzustellen. Damit soll zu mehr Geschlossenheit und Einheit in der Gewerkschaftsbewegung  beigetragen werden. Die Akademie bezieht aber auch die Expertise der Arbeitgeber- und Regierungsseite mit ein und will damit demonstrieren, wie ein Dialog zwischen allen gesellschaftlichen Kräften aufgebaut werden kann.

Warum ist die globale Perspektive so wichtig?

Die Diskussionen über Arbeitnehmerrechte kann und darf nicht nur in Bangladesch beziehungsweise in den herstellenden Ländern stattfinden. Bangladesch ist nach China der zweitgrößte Exporteur von Textilien weltweit. 60 Prozent der Textilexporte gehen in die EU und Bangladesch exportiert Textilien im Wert von circa 4 Milliarden Euro nach Deutschland. Auch zahlreiche deutsche Firmen lassen ihre Waren in Bangladesch herstellen.

Deutschland und Europa sind daher mit den über vier Millionen Textilarbeiterinnen verbunden und tragen Verantwortung für die Einhaltung der Kernarbeitsnormen. Das Beispiel Bangladesch zeigt auch, dass wir bei internationalen Standards ambitionierter sein sollten und langfristige Verpflichtungen bei Themen wie beispielsweise bei den Themen Arbeitssicherheit und existenzsichernde Löhne benötigen. Auch hierfür setzt sich die Friedrich-Ebert-Stiftung ein.

In Bangladesch sind in letzter Zeit wichtige Initiativen und Instrumente auf den Weg gebracht worden. Sie verankern die Verantwortung entlang der sogenannten globalen Wertschöpfungskette und nehmen damit auch Unternehmen, Marken und Regierungen in Europa stärker in die Pflicht. Die OECD-Richtlinien sowie das französische Gesetz zur Einhaltung von menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten von multinationalen Unternehmen sind nur einige Beispiele.

Die Akademie der Arbeit unterstützt Gewerkschafterinnen und Gewerkschaft in Bangladesch dabei, diese Instrumente kennenzulernen und sie in ihrer Arbeit in den Betrieben vor Ort konkret anzuwenden.

Wie geht es mit der Akademie der Arbeit weiter?

Jedes Jahr soll mindestens ein dreimonatiges Programm stattfinden. Von Beginn an wird es auch ein Alumni-Programm geben, das die Absolventen dabei unterstützt, ihr Wissen anzuwenden und als Multiplikatoren weiter zu tragen.

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