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Integration findet in der Kommune statt – aber unter prekären Bedingungen. Ein Beitrag zum Weltflüchtlingstag von Jamil Alyou vom Train of Hope Dortmund e.V.
Ich begleite junge Geflüchtete, die Deutsch sprechen, sich engagieren, Pläne haben. Und trotzdem jeden Tag damit rechnen müssen, abgeschoben oder ausgeschlossen zu werden. Integration wird in Deutschland gefeiert – solange sie nicht zu viel kostet.
Die öffentliche Debatte um Flucht und Migration dreht sich oft um Grenzschutz, Asylpolitik oder Fachkräftezuwanderung. Dabei wird übersehen: Die eigentliche Integrationsarbeit findet lokal statt. In Beratungsstellen, Schulen, Jugendämtern, Wohnprojekten – von Menschen, die mit knappen Mitteln versuchen, Zugehörigkeit zu ermöglichen.
Trotzdem bleiben Kommunen strukturell unterfinanziert. Sie stemmen steigende Herausforderungen bei Unterbringung, Bildung, Arbeit und psychosozialer Versorgung – oft ohne ausreichende Unterstützung von Bund und Ländern.
Laut einer Umfrage des Deutschen Städtetags (2023) sehen sich 85 % der Kommunen bei der Unterbringung Geflüchteter am Limit. Gleichzeitig fehlen nachhaltige Integrationsbudgets und personelle Ressourcen in zentralen Bereichen wie Jugendhilfe oder psychosozialer Beratung.
Die Jahre ab 2015 waren geprägt von Solidarität und Engagement – ein gesellschaftlicher Aufbruch. Doch heute erleben wir eine entgegengesetzte Entwicklung: Abschiebeoffensiven, Kürzungen bei Sprachkursen, Leistungseinschränkungen nach Asylbewerberleistungsgesetz und stigmatisierende Rhetorik.
Die Zahl der Abschiebungen stieg 2023 um mehr als 25 % auf rund 16.430 Fälle. Gleichzeitig wurde das „Rückführungsverbesserungsgesetz“ beschlossen, das Grundrechte wie Unverletzlichkeit der Wohnung massiv einschränkt.
In der kommunalen Arbeit übersetzt sich das in Angst, Unsicherheit und Rückzug – gerade bei jungen Menschen, die zuvor Hoffnung geschöpft hatten. Integration braucht Sicherheit – keine Drohkulisse.
Geflüchtete werden in Deutschland zunehmend in Kategorien eingeteilt: die einen willkommen, die anderen geduldet. Menschen aus der Ukraine erhalten sofortige Rechte – Arbeit, Sozialleistungen, Wohnraum. Menschen aus Afghanistan, Syrien, Iran oder afrikanischen Ländern hingegen bleiben oft jahrelang im rechtlichen Schwebezustand.
Diese Zweiklassengesellschaft gefährdet nicht nur individuelle Lebenswege, sondern auch den sozialen Frieden in Städten und Gemeinden.
Noch immer leisten tausende Menschen ehrenamtliche Integrationsarbeit. Sie begleiten Familien, bieten Hausaufgabenhilfe, organisieren Sprachcafés oder Freizeitangebote. Viele Initiativen kämpfen mit Überlastung, mangelnder Finanzierung und fehlender Anerkennung.
Laut Bertelsmann Stiftung (2023) fühlen sich 61 % der ehrenamtlich Engagierten im Flüchtlingsbereich „allein gelassen“ – besonders von der Politik.
Was es braucht, ist eine strukturelle Stärkung zivilgesellschaftlicher Arbeit – durch Qualifizierung, verlässliche Förderung und institutionelle Anbindung.
Ein Beispiel, wie Integration nachhaltig und partizipativ gelingen kann, ist der Verein Train of Hope Dortmund e. V.. Aus der zivilgesellschaftlichen Willkommensbewegung 2015 entstanden, bietet der Verein heute professionelle Beratung, Bildungsangebote und Empowermentformate für Geflüchtete und Migrant:innen.
Der Ansatz ist besonders: Geflüchtete gestalten die Arbeit aktiv mit, viele Mitarbeitende haben selbst Migrationserfahrung.
Train of Hope arbeitet eng mit kommunalen Akteuren, Trägern und migrantischen Organisationen zusammen – ein Good-Practice-Modell dafür, wie Beteiligung, Antidiskriminierung und Integration lokal verankert werden können.
Damit Integration vor Ort gelingen kann, braucht es politische Entscheidungen, die kommunale Realität ernst nehmen:
Auf Bundesebene:
Auf Landes- und kommunaler Ebene:
Der Tag des Flüchtlings ist kein Gedenktag, sondern ein politischer Auftrag: Für gleiche Rechte, faire Verfahren und echte Teilhabe. Die Integrationsleistung wird vor Ort erbracht – aber sie darf nicht länger unter prekären Bedingungen stattfinden.
Geflüchtete brauchen keine Dankbarkeit – sondern verlässliche Strukturen, Sicherheit und Mitbestimmung. Wenn wir wollen, dass Integration gelingt, müssen wir sie nicht fordern, sondern ermöglichen.
Jamil Alyou ist Sozialarbeiter, Mitglied im Integrationsrat, ehemaliger Stipendiat der Friedrich-Ebert-Stiftung und Teil des German Refugee Advisory Board. Seit 2016 engagiert er sich ehrenamtlich bei Train of Hope Dortmund e. V. und arbeitet heute im Jugendamt der Stadt Dortmund im Bereich Familie und Jugend mit Migrations- und Fluchtgeschichte.
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