Beantwortung offen verbliebener Fragen aus der Veranstaltung
In den Diskussionen offen verbliebene Fragen, wurden im Nachgang der Fachtagung von den Referent_innen beantwortet. Im Folgenden stellen wir Ihnen die Antworten zur Verfügung:
Frage an das Bundesfinanzministerium: Ist angedacht, die FKS des Zolls zukünftig kriminalpolizeilicher aufzustellen, um MiLo-Missbrauch risikoreicher zu machen?
Antwort des Bundesfinanzministeriums: Auf der Grundlage des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes haben die Beschäftigten der Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) der Zollverwaltung umfangreiche Prüf- und Ermittlungsbefugnisse. Sie führen Personenbefragungen durch und ...
... prüfen Geschäftsunterlagen. Die FKS geht bei ihren Prüfungen risikoorientiert vor, das heißt es erfolgt eine risikoorientierte Auswahl der zu prüfenden Sachverhalte, bei der einzelne oder mehrere Risikokriterien ausschlaggebend sein können. Bei der Verfolgung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten haben sie nach der Strafprozessordnung und dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten die gleichen Befugnisse wie die Polizeivollzugsbehörden. Die FKS ist für die wirksame Bekämpfung von Schwarzarbeit und illegaler Beschäftigung, wozu auch die Kontrolle und Ahndung von Verstößen im Hinblick auf die Einhaltung des gesetzlichen Mindestlohns gehört, fachlich sowie personell gut aufgestellt und auch für die Zukunft gerüstet.
Frage an den DGB: Gibt es außer der Tariftreue in der öffentlichen Auftragsvergabe weitere konkrete Vorschläge zur Steigerung der Tarifbindung?
Antwort des DGB: Zusätzlich zum Bundestariftreuegesetz fordert der DGB eine Reform der Allgemeinverbindlicherklärung von geltenden Tarifverträgen. Wenn ein Tarifvertrag für allgemeinverbindlich erklärt wird, müssen sich aller Arbeitgeber einer Branche daranhalten – ganz gleich, ob sie den Tarifvertrag mit abgeschlossen haben. Das würde der Tarifflucht vieler Arbeitgeber einen Riegel vorschieben.
Weitere Maßnahmen, die für mehr Tarifbindung sorgen würden: die verbindliche Fortgeltung von Tarifverträgen in ausgegliederten Unternehmenseinheiten und bei Betriebsübergängen, die Abschaffung von sogenannten „Ohne-Tarif“-Mitgliedschaften (OT-Mitgliedschaften) in Arbeitgeberverbänden, mit denen die Tarifflucht von Arbeitgebern gefördert wird. Zudem muss ein digitales Zugangsrecht zu den Beschäftigten eines Betriebes für Gewerkschaften geschaffen werden. Alle DGB-Forderungen finden sich hier.
Frage an den DGB: Wie wollen Sie in der Landwirtschaft die Arbeitszeiten kontrollieren und die Auszahlung des Mindestlohns?
Antwort des DGB: Bezüglich der Arbeitszeiterfassung gibt es ein neues Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) in Erfurt. Alle Unternehmen, also auch landwirtschaftliche Betriebe, sind laut dem BAG-Beschluss vom 13. September 2022 verpflichtet, die geleistete Arbeitszeit zukünftig zu erfassen. Eine Kontrolle der Arbeitszeit im gegenseitigen Vertrauen reicht künftig nicht mehr aus.
Die neue Ampel-Regierung hatte im Januar in einem ersten Referentenentwurf zum Mindestlohn-Erhöhungsgesetz vorgesehen, eine elektronische Zeiterfassung vorzuschreiben. Dieser Passus wurde jedoch gestrichen. Nach dem Erfurter Urteil ist der Gesetzgeber jedoch zum raschen Handeln gezwungen. Die Frage nach der Umsetzung bleibt noch offen und wird sicherlich nicht einfach, aber es ist ein erster Schritt in die richtige Richtung.
Zusätzlich müssen die Kontrollen zu Mindestlohnverstößen durch die Finanzkontrolle Schwarzarbeit deutlich ausgeweitet werden. Noch haben Betriebe gute Chancen, niemals eine staatliche Kontrolle zu erleben.
Zudem unterstützt das Projekt „Faire Mobilität" dabei, gerechte Löhne und faire Arbeitsbedingungen für Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen aus dem mittel- und osteuropäischen EU-Staaten über Ländergrenzen hinweg durchzusetzen. Faire Mobilität ist zudem Teil der Initiative Faire Landarbeit. Im Bündnis mit der IG BAU, den Beratungsstellen von EVW und Arbeit und Leben sowie weiteren Organisationen werden bundesweit Feldaktionen durchgeführt, um einen Erstkontakt zu Saisonbeschäftigten herzustellen und sie über ihre Arbeitsrechte zu informieren.
Frage an Faire Mobilität: Gibt es schon Erkenntnisse, ob die digitale Arbeitszeiterfassung in der Fleischwirtschaft im Sinne des Gesetzes auch funktioniert?
Antwort von Faire Mobilität: Gesicherte Daten gibt es dazu bisher nicht. Nach unserer Beratungserfahrung funktioniert die Arbeitszeiterfassung mittlerweile aber recht gut. Ein wesentlicher Grund dafür ist, ...
... dass die Personalabteilungen der großen Unternehmen, die ja auch Zugang zu den elektronischen Anwesenheitsdaten (Chipkarte) haben, die Stunden nicht so manipulieren können wie die Subunternehmen in irgendeinem Außenbüro, denn das würden ja unzählige Mitarbeitende der Verwaltungen mitbekommen.
Andere Gründe dafür sind auch der öffentliche Druck, die vielen Kontrollen und das Risiko, erwischt zu werden, aber auch die Tatsache, dass die Unternehmen aufgrund des Arbeitskräftemangels ohnehin höhere Löhne zahlen müssen.