Mit Rohstoffpartnerschaften will sich die EU ihren Zugang zu kritischen Rohstoffen sichern. Warum das so ist und wie sie auch für rohstoffreiche Länder attraktiv gestaltet werden können, erfahren Sie in unserer Analyse.
Weltweit nimmt der Bedarf an Rohstoffen zu. Auch in Deutschland und der EU ist die Nachfrage drastisch gestiegen. Die Gründe dafür sind vielfältig. Fest steht, dass die notwendige sozial-ökologische Transformation und die voranschreitende Digitalisierung in der EU und weltweit ohne verlässliche Rohstoffimporte nicht umsetzbar sind. Allerdings haben sich im vergangenen Jahrzehnt enorme Abhängigkeiten von einzelnen Ländern, insbesondere von China, entwickelt. Aktuell bezieht Deutschland etwa über 90 % der raffinierten kritischen Rohstoffe, wie zum Beispiel Seltene Erden, Nickel oder Kupfer, aus China.
Eine Antwort auf bestehende Abhängigkeiten und globale Krisen
Wie problematisch diese Abhängigkeiten sind, zeigte sich besonders deutlich während der Finanzkrise 2008, der Coronakrise und der anhaltenden Energiekrise, ausgelöst durch den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine. Nicht zuletzt aufgrund dieser zahlreichen Krisen und geopolitischen Verschiebungen haben sich Deutschland und die EU auf die Suche nach neuen Partnern gemacht. Mit Angeboten, die die lokale wirtschaftliche Entwicklung stärken – gepaart mit der Einhaltung von Menschen- und Umweltrechten –, versucht die EU, attraktiv für rohstoffreiche Länder zu sein und sich gleichzeitig von Ländern wie China abzugrenzen.
Interessen der rohstoffreichen Länder in den Mittelpunkt stellen
Im Jahr 2023 führte die Friedrich-Ebert-Stiftung eine Fachgesprächsreihe zum Thema „Rohstoff-Wertepartnerschaften: Chancen für Versorgungssicherheit und Nachhaltigkeit“durch. Im Mittelpunkt der Diskussionen stand die Frage, wie bi- und multilaterale Partnerschaften gestaltet werden müssen, um sowohl eine Diversifizierungsstrategie Deutschlands und der EU als auch Wertepartnerschaften im Sinne von Menschenrechten und Umweltschutz vorantreiben zu können. Die Analyse Rohstoffpartnerschaften: Spannungsfeld zwischen Menschenrechten, Transformation und wirtschaftlicher Souveränität baut auf den Diskussionen der sechsteiligen Fachgesprächsreihe auf. Die Teilnehmer_innen setzten sich aus Vertreter_innen aus Politik, Wirtschaft, Gewerkschaften und Zivilgesellschaften zusammen. Es wurde insbesondere regionalspezifische Expertise aus Lateinamerika, Afrika und der EU einbezogen.
Empfehlungen zur Ausgestaltung von Rohstoffpartnerschaften
Die Analyse formuliert zehn Empfehlungen, wie Rohstoffpartnerschaften ausgestaltet sein müssen, damit sie sowohl dem Ziel der Versorgungssicherheit europäischer Staaten gerecht werden, als auch den Interessen von rohstoffreichen Ländern. Denn für echte, strategische Partnerschaften braucht es dringend sozialdemokratische Ideen. Partnerschaften müssen der wirtschaftlichen, sozialen und umweltrechtlichen Entwicklung rohstoffreicher Drittstaaten dienen, während sie europäischen Unternehmen mit einer gezielten Industriepolitik Anreize dafür setzt. Dazu müssen sich Deutschland und die EU Diskrepanzen und Zielkonflikte zwischen den Zielen und Erwartungen europäischer Länder und denen rohstoffreicher Drittländer stellen und gemeinsam mit Akteuren aus Politik, Wirtschaft, Gewerkschaften und Zivilgesellschaft Lösungen entwickeln:
- Kontextanalyse und gemeinsames Aushandeln
- Technologie- und Wissenstransfer
- Arbeitsmärkte zukunftsfähig gestalten
- Rechte der informell arbeitenden Bevölkerung stärken
- Unterstützung beim Industrieaufbau und lokaler Wertschöpfung
- Gesicherte Finanzierung von Rohstoffpartnerschaften und -projekten
- Ressourceneffizienz und Kreislaufwirtschaft
- Einhaltung von Menschenrechten und Umweltschutz
- Rechte indigener Menschen schützen
- Umsetzung einer politischen Gesamtstrategie und Kohärenz
Fest steht, um attraktive Angebote für rohstoffreiche Drittstaaten zu schaffen, bedarf es einer kohärenten deutschen und europäischen Gesamtstrategie. Denn das Potenzial von Rohstoffpartnerschaften liegt in der klugen Verknüpfung von Industriepolitik und internationaler Zusammenarbeit unter Berücksichtigung sicherheitspolitischer Aspekte.