JET-Ps sind Partnerschaften zwischen Industrieländern und ausgewählten Ländern im Globalen Süden, um diese finanziell bei der Dekarbonisierung zu unterstützen. Damit beschäftigen sich Thomas Hirsch und Yvonne Blos in einer neuen Publikation. In diesem Interview fragen wir nach worum es in der Publikation genau geht und warum das Thema wichtig ist.
Yvonne Blos ist Referentin für internationale Klima- und Energiepolitik bei der Friedrich-Ebert-Stiftung. Gemeinsam mit Thomas Hirsch, Direktor von Climate and Development Advice, hat sie sich in einer Publikation mit den Just Energy Transition Partnerships beschäftigt. In diesem Interview fragen wir nach worum es in der Publikation genau geht und warum das Thema wichtig ist.
Ihr habt eine neue Publikation zu den sogenannten Just Energy Transition Partnerships (JET-Ps) veröffentlicht. Kannst du kurz erklären was das eigentlich ist?
Just Energy Transition Partnerships sind Partnerschaften zwischen Industrieländern (G7, Dänemark, Norwegen und Niederlande) und vier ausgewählten Partnerländern im Globalen Süden: Südafrika, Indonesien, Vietnam und Senegal. Sie sollen dazu dienen, emissionsreiche Länder bei ihren Dekarbonisierungsplänen vor allem finanziell zu unterstützen – mit aktuell insgesamt ca. 52 Millionen US-Dollar. Der Hintergrund ist vor allem, dass es in Entwicklungs- und Schwellenländern oft sehr viel kostspieliger ist auf erneuerbare Energien umzusteigen als z.B. in Deutschland, wo zudem das nötige Kapital vorhanden ist. Die erste JET-P mit Südafrika wurde auf der internationalen Klimakonferenz COP26 in Glasgow als neues und innovatives Instrument begrüßt, da verschiedene Geber gemeinsam versuchen eine größere Wirkung zu erreichen und mehr Gelder mobilisieren. Gleichzeitig beinhalten diese Partnerschaften auch eine Gerechtigkeitskomponente, da sie – zumindest dem Namen nach – auf eine sozial gerechte Energiewende setzen.
Warum habt ihr dazu eine Publikation veröffentlicht? Ist das für die Arbeit der Friedrich-Ebert-Stiftung ein wichtiges Thema?
Hier kann ich an den letzten Punkt anschließen. Wir sind vor allem auf das Thema aufmerksam geworden, weil wir uns in unserer klimapolitischen Arbeit auf internationaler Ebene schon seit vielen Jahren schwerpunktmäßig mit dem Thema Just Transition beschäftigen. Ziel unserer Arbeit ist es hierbei, Partnerschaften und Allianzen mit unseren Partnern weltweit zu schaffen, um sich unter anderem für eine sozial gerechte Energiewende einzusetzen. Genau das haben laut ihrem eigenen Anspruch auch die JET-Ps zum Ziel. Zu einer sozial gerechten Energiewende gehört für uns auch, dass zivilgesellschaftliche und gewerkschaftliche Gruppen beteiligt werden, um eine breite gesellschaftliche Akzeptanz für den notwendigen Transformationsprozess zu erreichen. Daher haben wir angefangen uns näher mit den JET-Ps zu beschäftigen um zu schauen, was es mit dem Thema soziale Gerechtigkeit hierbei auf sich hat.
Und zu welchem Ergebnis seid ihr dabei gekommen?
Wie bereits erwähnt sind die JET-Ps ein innovatives, neues Instrument der Finanzierung. Daher haben sie auf jeden Fall dazu beigetragen, das Thema einer sozial gerechten Energiewende auf der internationalen politischen Agenda zu platzieren. Durch den plurilateralen Ansatz ist auch die anzunehmende Wirkung sowie der finanzielle Beitrag viel größer als bei einzelnen bilateralen Projekten. Gleichzeitig wird durch die ersten Erfahrungen in den Partnerländern deutlich, dass deren Umsetzung auch mit Herausforderungen verbunden ist. Diese betreffen zum einen die mangelnde Einbindung der verschiedenen Stakeholder aus Zivilgesellschaft und Gewerkschaften, die unserer Meinung nach zentral für das Gelingen ist. Zudem scheinen die JET-Ps recht intransparent zu sein, v.a. mit Blick auf die Finanzierungszusagen. Es gibt auch Bedenken, dass die JET-Ps sich nicht wirklich an der Umsetzung von Just Transition-Maßnahmen wie z.B. den Just Transition-Richtlinien der International Labour Organization orientieren. Es werden z.B. kaum Gelder für die Umsetzung der Gerechtigkeitskomponente durch sozial- und beschäftigungspolitische Maßnahmen bereitgestellt. Die Maßnahmen sind eher technischer Natur und beziehen sich überwiegend auf den Um- und Ausbau des Stromnetzes. Zudem sind die bereitgestellten Mittel insgesamt zu gering und bestehen v.a. aus Krediten, die die Länder später wieder zurückzahlen müssen. Das könnt zur Verschlimmerung der Schuldenkrise in den betroffenen Ländern beitragen.
Welche Empfehlungen lassen sich aus eurer Analyse ziehen?
Auch wenn es einige Kritikpunkte gibt, so begrüßen wir insgesamt die JET-Ps. Sie sind neben der internationalen Klimafinanzierung, zu denen die Industrieländer sich im Rahmen der UN-Klimarahmenkonvention verpflichtet haben, ein weiteres wichtiges und zusätzliches Instrument zur Bekämpfung der Klimakrise. Denn die Länder im Globalen Süden, die bisher am wenigsten zur Klimakrise beigetragen haben, brauchen dringend mehr Unterstützung bei der Energiewende. Daher legen wir den Schwerpunkt unseres Papiers auf konkrete politische Empfehlungen für zukünftige Klima- und Energiepartnerschaften. Hierzu zählen u.a. die breite politische Einbindung und Beteiligung von allen Stakeholdern, die z.B. über ein ständiges Komitee erreicht werden könnte. Voraussetzung für eine erfolgreiche Beteiligung ist außerdem der transparente und angemessene Zugang zu Informationen, z.B. über eine Open Access Plattform. Mit Blick auf die Gerechtigkeitskomponente ist zudem die Erarbeitung eines Just Transition-Regelwerks zentral, das auf den ILO-Richtlinien und einem Beschäftigungsfahrplan basiert. Zudem müssen die Kapazitäten der Gewerkschaften gestärkt werden, damit diese sich aktiv in den Prozess einbringen können. Mit Blick auf die Finanzierungszusagen ist festzuhalten, dass die Länder mehr Zuschüsse und weniger Kredite für den Umbau ihrer Energiesysteme benötigen. Zudem wäre es mit Blick auf die Finanzierungspläne der JET-Ps wichtig einen Teil der vorgesehenen Gelder im Budgetplan für bestimmte Aktivitäten vorzumerken um die Gerechtigkeitskomponente zu stärken. Hierzu zählen sozial- und beschäftigungspolitische Maßnahmen oder der Ausbau von Kapazitäten und Dialog mit zivilgesellschaftlichen und gewerkschaftlichen Stakeholdern. Abschließend lässt sich sagen, dass es wichtig ist anzuerkennen, dass es sich bei der Energiewende keinesfalls nur um einen technischen Prozess handelt, der mit dem Übergang von fossilen zu erneuerbaren Energieträgern erledigt ist. Vielmehr geht es um einen zutiefst politischen und sozialen Prozess, der einen ganzheitlichen Ansatz im Sinne einer Just Transition benötigt.