Klimawandel, Energie und Umwelt

Is COP25 feminist?

Gender sollte bei der COP25 auf höchster Ebene verhandelt werden. Doch was ist bislang passiert und welches Signal sendet die COP aus?

Eine Analyse zu den Folgen der Klimakrise, die besonders Frauen treffen, ist in den Berichten, den Pressekonferenzen und den Aktivitäten dieser COP25 kaum zu finden.

Das Pariser Abkommen, das den Klimaschutz ab 2020 regeln wird, teilt die Welt in Industrie- und Entwicklungsländer. Diesen großen Gruppen kommen „unterschiedliche Verantwortlichkeiten“ zu, beispielsweise im Hinblick auf die Finanzierung. So wurde in Paris zum Beispiel beschlossen, dass die Industrienationen den Entwicklungsländern Geld zur Verfügung stellen werden, damit diese ihre Emissionen senken und dem Klimawandel wirksamer begegnen können.

Dies jedoch funktionierte, sagen wir mal, nicht so gut in der ersten Woche. Genau wie bei den Problemen von Loss and damage (dt. Verluste und Schäden) besteht in den Diskussionen um die Finanzierung ein Interesse an der Genderfrage und daran, ob die Genderperspektive in die viel diskutierten Themen dieses COP eingebunden werden kann.

Verluste und Schäden in einer ungleichen Welt

In den kommenden Jahren wird die Weltbevölkerung sich dem Klimawandel anpassen müssen, laut einem aktuellen Bericht der Weltorganisation für Meteorologie (World Meteorological Organization, WMO) werden Naturkatastrophen viel häufiger auftreten und ihre Auswirkungen werden viel stärker sein. Wie können die schlimmsten Schäden verhindert werden? Wie lassen sich die Folgen von Hurrikans oder Überschwemmungen abschwächen?

Die Klimaschutzfinanzierung wird eine der größten Herausforderungen dieses Gipfels sein. Noch bevor der letzte Tag kommt und die Delegationen Madrid verlassen, wird für Probleme wie die sogenannten Verluste und Schäden eine Lösung vorliegen müssen. Diese Frage ist für die Entwicklungsländer grundlegend, da von der endgültigen Entscheidung auch die Höhe der Zuwendungen abhängt, die sie brauchen, um diese Schäden zu verhindern und mit Hungersnöten, Überschwemmungen, Dürreperioden und Wirbelstürmen umgehen zu können.

Die Folgen des Klimawandels betreffen Frauen und Männer in unterschiedlicher Weise laut der Women & Gender Constituency (WGC). „Strukturelle Geschlechterungleichheiten werden durch die Auswirkungen von Dürren, Überschwemmungen sowie anderen Naturkatastrophen und Umweltzerstörungen verschärft.“ Laut der WGC müsste daraus folgen, dass die Emissionen drastisch gesenkt werden und zugleich ein transformatives und genderspezifisches Entwicklungsmodell erarbeitet werden würde.

Es ist wichtig, die feministische Perspektive in die Diskussionen um Verluste und Schäden einfließen zu lassen, denn Frauen bringen ihre Familien normalerweise voran und oft sind mehrere Familienmitglieder von ihnen abhängig. Dazu kommt, dass häufig sie es sind, die das Land bestellen, Nahrungsmittel sammeln und Wasser suchen. Durch die Veränderungen von Regenfällen und Temperaturen wird es schwieriger werden, Wasser zu finden und Landwirtschaft zu betreiben. Welche Art von Unterstützung, besseren Zugang zu Ressourcen und Hilfe für Frauen braucht es hierbei? Wie soll den Folgen des Klimawandels begegnet werden, ohne zu den Genderrollen zurückzukehren und diese zu vertiefen?

Klimawandel häufigster Migrationsgrund

Klimawandel ist heutzutage weltweit der häufigste Migrationsgrund. Naturkatastrophen und Wetterextreme zwingen laut einem aktuellen UN-Bericht jährlich 40 Millionen Menschen, ihre Heimat zu verlassen. Diese Zahl wird bis 2050 auf 200 Millionen steigen, wenn die Länder nicht ausreichend Maßnahmen ergreifen zur Minderung der Folgen der Klimaerwärmung. Etwa die Hälfte der Geflüchteten, Binnengeflüchtete oder Staatenlosen sind, so schätzt das UNHCR, Frauen und Mädchen.

In vielen Fällen bringen Naturkatastrophen Frauen und Mädchen dazu, sich für eine Flucht in andere Länder oder andere Regionen des Heimatstaates zu entscheiden. Laut einem Bericht der ECODES (dt. Stiftung Ökologie und Entwicklung, spanische NGO) sind sie auf der Flucht verschiedenen Formen sexualisierter Gewalt ausgesetzt.

Zahlreiche Berichte von Amnesty International und Women’s Link Worldwide warnen vor Vergewaltigungen und sexuellen Übergriffen, denen die Frauen auf der Flucht ausgesetzt sind, wenn sie beispielsweise von Mittelamerika aus die USA erreichen wollen oder aus Subsahara-Afrika nach Spanien flüchten wollen. Der Missbrauch findet so systematisch statt, dass die Schlepper die Frauen zwingen, sich zur Empfängnisverhütung eine Spritze geben zu lassen, bevor sie die Flucht zum nächsten Ort antreten. Gewaltübergriffe dieser Art geschehen auch in Flüchtlingslagern.

Ein weiteres Problem stellt der Menschenhandel dar. So sind beispielswiese in Südostasien Fälle bekannt geworden, in denen Frauen, die aufgrund des Klimawandels von Bangladesch nach Indien geflohen sind, als Ehefrauen oder zum Zwecke sexueller Ausbeutung verkauft wurden.

Gelingt es den Frauen, ein Zielland zu erreichen und einen Rechtsstatus als Geflüchtete zu erhalten, sind die Arbeitsplätze, die sie finden können, in der Regel schlecht bezahlt und sie arbeiten unter schlechten Bedingungen. Daraus resultieren häufiger Gesundheits- und Sicherheitsprobleme.

Viele Frauen entscheiden sich auch zu bleiben, nicht zu fliehen oder sie bleiben in ihrem Heimatort und nur ihre Ehemänner gehen weg. In einigen Regionen ist es ein Stigma, einen Haushalt zu führen, ohne dass ein Mann der Familie anwesend ist. Hinzu kommt, dass die Frauen für gewöhnlich sehr viel Mehrarbeit und Betreuungsarbeiten leisten, wenn die Männer abwandern.

Klimagerechtigkeit ohne soziale Gerechtigkeit?

Die neuesten Berichte des Weltklimarates (Intergovernmental Panel on Climate Change, IPCC) und der WMO legen nahe, dass wir dabei sind, die Durchschnittstemperatur auf der Erde um mehr als 3 Grad zu erhöhen, außer die Länder, allen voran jene, die am stärksten zur Verschmutzung beitragen, reduzieren ihre Emissionen drastisch.

Laut der Women & Gender Constituency wäre es hierbei sehr nützlich, wenn alle Arbeiten, die von Frauen ausgeübt werden, mit in Betracht gezogen würden. Häufig sind es die Frauen, die traditionelles Wissen bewahren, Kooperativen zu erneuerbarer Energie gründen, die Landwirtschaft unabhängig machen, die Biodiversität erhalten sowie den Bodenertrag erhöhen und die Rodung von Wäldern verhindern. Frauen vom Land und indigene Frauen stehen im Kampf gegen große Unternehmen in vorderster Front, sind Drohungen und Gewalt ausgeliefert, um die Umwelt zu schützen.

All diese Beispiele für Handlungsweisen könnten als Wegweiser für neue und ehrgeizigere Projekte zur Reduzierung von Emissionen dienen. „Gendergleichheit und der Schutz der Menschenrechte von Frauen sind notwendig, damit wir Klimaschutzprobleme wirksam angehen können.“

Es dauert noch ein paar Tage, bis wir feststellen können, inwieweit die feministische Agenda in der Abschlusserklärung aufgegriffen wird. Werden Frauenrechte weiterhin lediglich als schmückendes Beiwerk in der freiwilligen Präambel des Pariser Abkommens auftauchen oder wird ein Weg gesucht werden, um das Thema Gender nicht nur in der Entscheidungsfindung stärker zu berücksichtigen, sondern vor allem in einer der wichtigsten Fragen dieses Gipfels: der Finanzierung. Wird es Gelder geben, um einige dieser Probleme zu verringern? Werden sie Lebensmodelle unterstützen, die unseren Planeten bewahren?

Kurzum, kann Klimagerechtigkeit entstehen, ohne zugleich soziale Gerechtigkeit anzusprechen?

 

Dieser Artikel wurde von Andrea A. Gálvez geschrieben.

Aus dem Englischen übersetzt von Meiken Endruweit.

Um den Klima-Journalismus weltweit zu stärken, kooperiert die FES Media Fellowship mit Climate Tracker und unterstützt vier junge Journalistinnen und Journalisten, Andrea A. Gálvez aus Spanien, Kartik Chandramouli aus Indien, Petr Vodsedalek aus der Tschechischen Republik und Leopold Obi aus Kenia, die an diesem Programm teilnehmen. Sie nehmen an einem Medientraining teil, berichten von der COP25 und sind auch an anderen FES Veranstaltungen beteiligt.

Mehr über FES@COP25: www.fes.de/cop25

 

 

 

 

 


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