Mexiko setzt nach wie vor auf fossile Brennstoffe – die gesteckten Ziele für den nationalen Klimabeitrag wurden seit 2015 nicht nennenswert weiterentwickelt. Die Begründung: Für mehr sei das Land zu arm.
Von Yanine Quiroz Pérez
Bei den bevorstehenden Klimaverhandlungen in Glasgow wird es unter anderem um die immer ambitionierteren Klimaschutzziele der Länder gehen, die das Pariser Abkommen ratifiziert haben. Ebenso im Fokus stehen jedoch die Länder mit den höchsten Treibhausgasemissionen.
Dazu gehört auch Mexiko. 2019 rangierte es laut Energieatlas der Internationalen Energieagentur (IEA) auf Platz 13 der Länder mit den höchsten CO2-Emissionen und produzierte damit mehr als 4% des CO2-Ausstoßes, den China als Top-Emittent verursacht. Der Grund: Die Energieversorgung des Landes hängt zu 87 Prozent noch immer von fossilen Brennstoffen ab. Denn die Regierung von Andrés Manuel López Obrador betreibt eine Energiepolitik, die bevorzugt auf Erdölförderung und -raffination sowie Erdgasgewinnung setzt.
Mexiko ist nicht nur maßgeblich am Klimawandel beteiligt, sondern auch durch dessen Folgen stark gefährdet: Hitzewellen im Nordosten, Wirbelstürme und Überschwemmungen in der Karibik und im Pazifik.
Trotzdem reist Mexiko zur Klimakonferenz der Vereinten Nationen (COP26) in Glasgow mit einem gegenüber 2015 im Wesentlichen unveränderten Nationalen Klimabeitrag (NDC) im Gepäck, der lediglich auf den Stand von 2020 aktualisiert wurde. Demzufolge will Mexiko bis 2030 seine Treibhausgasemissionen um 22 Prozent und seine Rußemissionen um 51 Prozent senken.
Als „höchst unzureichend“ werden Mexikos Klimaschutzziele vom Climate Action Tracker bewertet, der die Klimaschutzzusagen der einzelnen Regierungen bündelt, in Klimamodellen wissenschaftlich analysiert und von Climate Analytics und dem NewClimate Institute gefördert wird.
„Mexiko trägt eine große Mitverantwortung für den Klimawandel, und unser NDC wird dieser Verantwortung nicht gerecht. Er bringt uns in eine kritische Lage und führt dazu, dass unser Land die regionale Vorreiterrolle in Sachen CO2-Reduzierung verloren hat“, so Anaid Velasco, Forschungsleiterin des Mexikanischen Zentrums für Umweltrecht (CEMDA).
Somit ist der mexikanische NDC nicht mit dem im Pariser Abkommen verankerten Grundsatz der gemeinsamen, aber differenzierten Verantwortung vereinbar. Alle Länder sind für den Klimawandel verantwortlich, sollen aber unterschiedliche Verpflichtungen zur Emissionsreduzierung eingehen, die ihre eigene Verantwortlichkeit und Geschichte, ihre jeweiligen sozioökonomischen Probleme und ihre Möglichkeiten berücksichtigen.
„Dieses Grundprinzip wird eher als Rechtfertigung bemüht, warum wir unsere Klimaziele nicht höher ansetzen. Die Regierung argumentiert: ‚Mexiko ist ein großer Emittent, aber wir sind ein armes Land und können uns deshalb keine höheren Ziele setzen.‘ Aber gerade als großer Emittent müssen wir Verantwortung übernehmen“, erklärte Anaid Velasco auf einer Veranstaltung der „Climate Finance Group for Latin America and the Caribbean“ (GFLAC) im Vorfeld der COP26.
Laut Climate Action Tracker bewegen sich Mexiko und andere Länder der Region wie Kolumbien, Brasilien und Argentinien nicht auf das von der Wissenschaft gesteckte Ziel zu, den Temperaturanstieg auf 1,5 Prozent zu begrenzen, sondern befinden sich genau auf dem entgegengesetzten Weg.
Anaid Velasco geht davon aus, dass sich die Diplomat_innen bei bei den Klimaverhandlungen für die Anliegen der Zivilgesellschaft offen zeigen. Die eigentliche Herausforderung beginne erst dann, wenn die COP26 vorbei sei, denn einige politische Veränderungen im Energiesektor führen aktuell zu Frontalkollisionen mit der Zivilgesellschaft. Aber „auch wenn es schwieriger geworden ist“, so Valesco, „werden wir versuchen, die Ziele zusammen mit der Zivilgesellschaft zu erreichen.“
Aus dem Englischen von Christine Hardung