Viele Länder Afrikas befinden sich in einer Staatsschuldenkrise, die durch den weltweiten Anstieg von Preisen auf Energie oder Nahrungsmittel noch verschärft wird. Ein neues Instrument der AU könnte Hilfestellungen bei Umschuldungen oder Verhandlungen mit Gläubigern bieten.
Private Gläubiger (das sind z.B. kommerzielle Banken oder Hedgefonds) halten inzwischen knapp 40% der Schulden auf dem afrikanischen Kontinent – und das zu i.d.R. höheren Zinskonditionen als die Darlehen der traditionellen Gläubiger. Dies hat zur Folge, dass der jährliche Schuldendienst zu weit mehr als 50% an private Gläubiger fließt. Und mit Blick auf Umschuldungs- oder Erlassinitiativen gilt bislang: private Gläubiger zeigen kein Interesse, sich hier an internationalen Runden mit anderen Gläubigern zu beteiligen. Dies alles bedeutet, dass die erhebliche Belastung der öffentlichen Haushalte afrikanischer Länder durch die Verschuldung und mögliche Lösungswege aus der Krise erheblich komplexer geworden sind.
„African Debt Observatory“ der Afrikanischen Union
Die AU versucht die Verschuldungsprobleme seiner Mitgliedsländer zu thematisieren, der zuständige Kommissar Albert Muchanga hat wiederholt betont, dass er dies als eines der prioritären Themen ansieht. Aber die AU kann derzeit nicht viel mehr erreichen als Foren und Debattenplattformen anzubieten, in denen sich die Mitgliedstaaten austauschen und – so die Hoffnung – dann evtl. auch stärker untereinander abstimmen und koordinieren. Beim jährlichen Treffen der Fachminister_innen für Wirtschaft und Finanzen (das sogenannte STC-Meeting) in Lusaka, Sambia, im Juli, brachte die AU-Kommission, auf Grundlage einer Ausarbeitung durch die FES, zudem den Vorschlag der Etablierung eines „African Debt Observatory“ (ADO) ein. Die Idee hinter diesem ADO ist, dass dort v.a. Schuldenstatistiken aus den afrikanischen Ländern zusammengetragen und aufbereitet werden. Viele Daten finden sich zwar auch in den speziellen Schuldenstatistiken von Weltbank und IWF, aber zum einen hängen diese Statistiken zeitlich hinterher, zum anderen beinhalten sie keine Daten zu inländischer Verschuldung. Das ADO könnte also in engem Austausch mit den jeweils zuständigen Behörden in den Mitgliedstaaten sowohl aktuelle Daten zusammentragen als auch ein vollständigeres Bild der Verschuldungsstände zeichnen, um auf dieser Grundlage Vorschläge zu Umschuldungen bzw. Restrukturierungen zu erarbeiten. Bei entsprechender Ausstattung könnte ein ADO auch konkrete Hilfestellungen geben bei Schulden(neu)verhandlungen afrikanischer Länder mit Gläubigern. Damit würde auch dem Kapazitätsproblem entgegengewirkt, das viele, insbesondere kleine Länder haben, wenn sie sich in solch komplexen Verhandlungssituationen wiederfinden.
Der Vorschlag der AU-Kommission wurde in Lusaka allerdings noch als unvollständig von den Mitgliedstaaten bewertet und zur Überarbeitung zurückgegeben. Zum einen soll geprüft werden, inwiefern bereits bestehende Institutionen wie das STATAFRIC in Tunesien oder das ISSEA in Yaoundé solch eine Aufgabe evtl. übernehmen könnte. Zudem soll der genaue Auftrag für ein solches Observatory noch einmal geschärft werden. Neben dem Bewusstsein, dass dringend Wege zur Lösung der Verschuldungsproblematik gefunden werden müssen, steht das Bemühen, mit den vorhandenen finanziellen Ressourcen effizient umzugehen und bestehende Strukturen so gut es geht zu nutzen. Einig sind sich Mitgliedstaaten und AU-Kommission aber in jedem Fall in dem Anliegen, die Debatte über Entschuldungsansätze nicht den Gläubigern zu überlassen, sondern selbst eine aktivere Rolle in den internationalen Diskussionen einzunehmen.
Alexander Geiger leitet das FES-Büro zur Kooperation mit der Afrikanischen Union (AU) mit Sitz in Addis Abeba, Äthiopien.
Website: african-union.fes.de
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