Die Bundesregierung will weiterhin Verantwortung in der Sahel-Region übernehmen. Svenja Schulze und Boris Pistorius demonstrieren gemeinsam ihr Engagement.
von Henrik Maihack, Leiter des Referats Afrika der Friedrich-Ebert-Stiftung.
Bei der Veranstaltung am 19. März 2024 in der Friedrich-Ebert-Stiftung mit dem Titel „Vernetzte Sicherheit in der Sahel-Region: Wie kann es weitergehen?“ zeigten Bundesministerin Svenja Schulze und Bundesminister Boris Pistorius auf, wie sie mit einem vernetzten Ansatz in der Region engagiert bleiben wollen. Expert_innen begrüßten das Engagement und betonten die Bedeutung von politischen Transitionen.
Entwicklungsministerin Svenja Schulze, die auch die internationale Sahel-Allianz als deren Präsidentin anführt, ging in ihrer Rede auf die Ursachen der Sicherheitskrise und die daher weiterhin wichtige Rolle der Entwicklungspolitik in der Region ein: „Natürlich sorgt Entwicklungspolitik nicht allein für Sicherheit. Aber: Es geht nicht ohne sie. Die Menschen brauchen ein Einkommen, sie brauchen eine Perspektive. Menschliche und militärische Sicherheit gehören zusammen (…) Entwicklungspolitik ist nachhaltige Sicherheitspolitik.“
Sie unterstrich zudem die geopolitische Bedeutung der Sahel-Region: „Wir in Deutschland haben ein Interesse daran, relevante Player im internationalen Gefüge zu bleiben. Nur wenn wir geopolitische Bedeutung behalten, können wir uns für unsere Werte und Interessen einsetzen und antidemokratischen Tendenzen etwas entgegensetzen. Insbesondere im Sahel dürfen wir Russland aus strategischen Gründen nicht das Feld überlassen.“
Daran schloss Verteidigungsminister Boris Pistorius in seiner Rede an: „Wir haben ein vitales Interesse an einem stabilen, wirtschaftlich prosperierenden Sahel.“ Er fragte: „Was bleibt, wenn wir gehen?“ Der Minister sieht Deutschland zwar „nicht in Konkurrenz zu Russland“ befürchtet aber, „dass wir durch reflexartige Suspendierung unserer Zusammenarbeit als Reaktion auf nicht-verfassungsgemäße Regierungswechsel die betroffenen Staaten mutwillig in die Arme Russlands treiben.“
„Mir geht es um einen ebenso strategischen wie ganzheitlichen Ansatz für die Region – ein Ansatz, der von den Betroffenen vor Ort nicht nur mitgetragen, sondern mitgestaltet wird.“ Weiter sagte er: „Deutschland hat im Sahel in den vergangenen Jahrzehnten eng mit der EU und den Vereinten Nationen zusammengearbeitet. Wenn dieser multilaterale Rahmen nicht mehr gegeben ist, dann muss Deutschland sich auch bilateral engagieren und eine Brücke in eine Zeit bauen, in der internationale Organisationen wieder Fuß fassen könnten.“
Die drei Expert_innen Dr. Comfort Ero, Präsidentin der International Crisis Group, die Analystin Ornella Moderan und Idris Mounir Lallali, Leiter der Krisenpräventions-Abteilung der Afrikanischen Union, begrüßten die vorgeschlagene strategische Ausrichtung und ein noch stärkeres Engagement Deutschlands in der Region. Sie wiesen aber auch auf die bestehende Notwendigkeit politischer Transitionen hin, trotz notwendigem Pragmatismus gegenüber den Militärregierungen. Ero betonte, dass die internationale Zusammenarbeit in der Sahel-Region in den letzten Jahren militärische Ansätze zu stark priorisiert habe, wichtig sei nun ein ausbalancierter Ansatz. Lallali sagte, dass Menschen in der Region frustriert mit der mangelhaften Bilanz formaldemokratischer Systeme seien, dass aber unter militärischen Regierungen eine noch schlechtere Bilanz zu erwarten sei. Schon jetzt würde die Sicherheitssituation schlechter in der Region sein. Moderan sieht die vernetzte Strategie Deutschlands im Sahel als hilfreichen Beitrag an, betonte aber auch die andauernde Bedeutung von Demokratie und Menschenrechten, die Mehrheiten in der Sahel-Region wollen und für die man sich auch aus Europa im Sahel weiterhin politisch sensibel einsetzen solle.
Der FES-Vorsitzende Martin Schulz versicherte, dass die Friedrich-Ebert-Stiftung ihre langjährige Arbeit in der Region weiterführen wird. Die FES arbeitet in mehreren Ländern der Region mit ihren Partnern aus Politik, Zivilgesellschaft, Gewerkschaften und Wissenschaft zusammen, u.a. in Mali und mit dem Kompetenzzentrum Frieden und Sicherheit in Dakar, aber auch in einigen der Sahel-Anrainerstaaten wie Benin, Ghana, Côte d'Ivoire und dem Senegal mit denen Deutschland in Zukunft unter der Sahel-Plus-Initiative ebenfalls enger zusammenarbeiten will, um einem Übergreifen der jihadistischen Gewalt auf die westafrikanischen Küstenländern entgegenzuwirken.
Die Reden der Minister_innen, die am 19. März 2024 bei der Friedrich-Ebert-Stiftung in Berlin gehalten wurden:
Rede von Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze
Rede von Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius