Mehr als Investitionen und Migrationsbekämpfung

Eine Neuaufstellung der Beziehungen zur EU wird auch in Afrika begrüßt. Wie dies gleichberechtigt gelingen kann, wurde in diversen Dialogformaten diskutiert.

In den vergangenen Jahren lagen für die EU in Bezug auf Afrika vor allem die Themen Investitionen und Migrationsbekämpfung im Vordergrund. Doch gerade die aktuelle Pandemie könnte eine Chance bieten, die Partnerschaft stärker wertebasiert zu gestalten und soziale Themen in den Vordergrund zu rücken.

Der afrikanische Nachbarkontinent sollte dieses Jahr ganz oben auf der außenpolitischen Agenda der neuen EU-Kommission stehen. Angesichts seiner geographischen Nähe, zahlreicher gemeinsamer Herausforderungen, enger Handelsbeziehungen und dem zunehmenden Einfluss anderer Akteure in Afrika eine notwendige Entscheidung. Ihre erste Auslandsreise führte von der Leyen dann bereits unmittelbar nach Amtsantritt nach Addis Abeba zur Afrikanischen Union.

Von einer umfassenden Strategie bis zur Neuauflage der Handeslbeziehungen

Auch wenn sich die Umstände seitdem auf vollkommen ungeahnte Weise verändert haben und ein Virus die Welt auf Trab hält, hat das Thema in keiner Weise an Relevanz verloren. Überdeckt von Corona-Soforthilfen und wirtschaftlichem Wiederaufbau laufen im Rahmen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft eine Reihe wichtiger Prozesse, die die Beziehungen zwischen den beiden Kontinenten erneuern sollen. Schon seit einer Weile diskutiert man über die Nachfolge des im Jahr 2000 beschlossenen Cotonou-Abkommens, welches die bisherigen Handelsbeziehungen zwischen den beiden Kontinenten regelte. In diesem Jahr läuft der Vertrag aus und die Verhandlungen sollen abgeschlossen werden. Außerdem stellten die Kommissarin für internationale Partnerschaften, Jutta Urpilainen, und der EU-Außenbeauftragte Josep Borell im März 2020 einen ersten Aufschlag einer neuen "Comprehensive Strategy with Africa" vor, welche auf dem für Oktober geplanten und inzwischen auf 2021 verschobenen EU-AU-Gipfel verabschiedet werden und somit den Weg für eine neue Partnerschaft ebnen soll.

"What's the offer, EU and Africa?"

Das FES-Europabüro und das FES-Afrika-Referat begleiten diese Prozesse und Verhandlungen mit einer Reihe von Maßnahmen. Unter dem Titel "What's the offer? Together towards justainability" wurden in einer ersten Web-Seminar-Reihe im Frühjahr verschiedene Aspekte der EU-Afrika-Beziehungen analysiert. Hierbei gelang es, das breite Partnerspektrum der FES auf dem afrikanischen Kontinent mit Politiker_innen aus Deutschland, Frankreich und Brüssel zusammenzubringen und afrikanische und europäische Prioritäten dieser Partnerschaft gemeinsam zu diskutieren. Verschiedene Policy Briefs und Publikationen unterstützen den Dialog. Darüber hinaus wurden in einem breit angelegten Online-Beteiligungsprozess Meinungen unserer afrikanischen Partner_innen zur neuen Strategie und den Beziehungen eingeholt, welche wiederum in die Politikberatung in Brüssel und Berlin einfließen.

Weg vom Geber-Nehmer-Verhältnis

Deutlich wurde im Rahmen dieser Maßnahmen, dass auch auf dem afrikanischen Kontinent eine Neuaufstellung der Beziehungen begrüßt wird. Das Gefühl, dass die Themen nach wie vor hauptsächlich von der EU gesetzt werden und weiterhin eher ein Geber-Nehmer-Verhältnis denn eine gleichberechtigte Partnerschaft besteht, ist allerdings vorherrschend. Vielfach wird die Forderung nach einem stärkeren Dialog mit einer breiteren Einbindung relevanter Akteure auf allen Ebenen und einer Themensetzung, die sich an Prioritäten und Realitäten beider Seiten gleichermaßen orientiert, geäußert. Doch auch Forderungen nach einem koordinierten europäischen Vorgehen, insbesondere in der Sicherheitspolitik, wurden artikuliert. So wurde im Rahmen eines französisch-deutschen Afrikadialogs konstatiert, dass es dem unzureichend abgestimmten Vorgehen im Sahel an mittel- und langfristiger Perspektive fehle und man sich dieser Verantwortung in jedem Falle annehmen müsse.

Dass durch das zunehmende Engagement und vor allem Investitionen anderer Akteure auf dem afrikanischen Kontinent, Themen wie Systemwettbewerb und Multilateralismus an Bedeutung gewinnen, ist auch der EU nicht entgangen. Darin liegen sowohl ihr neuer geopolitische Anspruch als auch ihre Suche nach einem neuen Narrativ für ihre Beziehungen zu Afrika begründet. In der Tat muss Europa dringend attraktive Angebote an die afrikanischen Partner machen, um neben anderen internationalen Akteuren bestehen zu können. Beide Seiten bekennen sich klar zu Demokratie und Menschenrechten - diese sollten als Fundament einer wertebasierten Partnerschaft dienen.

Wie weiter in den EU-Afrika-Beziehungen?

Auch in der zweiten Jahreshälfte werden wir uns unter anderem in weiteren Web-Seminaren mit dem EU-Afrika-Jahr beschäftigen. Hier geht es um die AKP und das Post Cotonou-Abkommen, europäisch-afrikanische Klimapolitik und um die Aussichten für eine gemeinsame, progressive Afrikapolitik der EU-Mitgliedsstaaten.

Weiterführende Informationen, Hintergrundartikel, Publikationen und die Aufzeichnungen der Web-Seminare lassen sich unter www.fes.de/en/together-towards-justainability finden.


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Anne Felmet
Anne Felmet
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